Gelsenkirchen.

Harsche Kritik übt Verdi-Geschäftsführerin Martina Peil am System der Ein-Euro-Jobs: Arbeitssuchende würden nur als billige Arbeitskräfte missbraucht und fänden nicht ins Berufsleben zurück. Die Arge Gelsenkirchen ist über den Vorwurf verärgert.

„Nutznießer der Ein-Euro-Jobber sind in erster Linie die Träger der Trainingsmaßnahmen“: Mit harscher Kritik eröffnet die Verdi-Geschäftsführerin Martina Peil die nächste Diskussionsrunde um Sinn und Kosten der Ein-Euro-Jobs.

„In der Regel werden qualifizierte Arbeitssuchende als billige Arbeitskräfte in sozialen Einrichtungen missbraucht. Wir wissen doch alle – und nicht erst seit dem Bericht des Bundesrechnungshofes, dass Ein-Euro-Jobs eben nicht wieder auf den ersten Arbeitsmarkt zurückführen“, wettert die Gewerkschafterin gegen das IAG-Instrument.

Auslöser ihrer Kritik ist ein WAZ-Bericht über zwei Ein-Euro-Jobber bei den Gelsenkirchener Werkstätten, die dort einen festen Arbeitsplatz fanden. Dorn im Auge ist Peil dabei das „Loblied“, das die IAG auf die Ein-Euro Jobs singe. Laut IAG liegt Gelsenkirchen mit einer Vermittlungsquote von 18 Prozent auf den ersten Arbeitsmarkt über dem Durchschnitt.

„Geld für Arbeitsgelegenheiten ohne Perspektive verschwendet“

„Viele Kollegen, die zum Beispiel im Einzelhandel ihre Arbeit verloren haben, kommen zu uns und beschweren sich über völlig unsinnige Maßnahmen.“ Sie müssten keinen Tagesrhythmus mehr erlernen und sie bräuchten auch nicht das fünfte Bewerbungstraining. „Wir können es uns nicht leisten, dass Gelder für Arbeitsgelegenheiten ohne jegliche Perspektive verschwendet werden“, so Peil weiter. Angesichts der erwarteten Kürzungen bei der Bundesagentur müssten die Mittel umverteilt werden, fordert sie zum Beispiel eine gezieltere Qualifizierung für den Arbeitsmarkt, etwa im Gesundheitswesen oder der Altenpflege.

Bis zu 500 Euro würden die Qualifizierungsträger für jeden Ein-Euro-Jobber bekommen – „ohne jeden Nachweis, ob das Geld für deren Arbeitsintegration wirksam eingesetzt wird“, rügt die Verdi-Geschäftsführerin und nimmt in Kauf, Caritas, Awo, Gafög oder auch die Stadt gegen sich aufzubringen. Ein Vorwurf zudem, der den stellvertretenden IAG-Leiter Dirk Sußmann „maßlos ärgert“.

Zwischen 35 und 500 Euro pro Kraft

Jeder einzelne Aktiv-Job werde nach seinem konkreten Aufwand für personelle Betreuung oder Sachkosten wie Material oder Arbeitskleidung abgerechnet. Das könnten pauschal 35 Euro pro Kraft sein, in Einzelfällen auch mal 500. „Da steckt sich keiner etwas in die Tasche“, unterstreicht Sußmann, der aufmerksam registriert, wie die Gewerkschaften gegen die Ein-Euro-Jobs zu Felde ziehen. „Wir wollen auch kein Geld verschwenden“, betont er. Für die rund 4000 Aktiv-Jobs im Jahr wende das IAG 12,5 Mio Euro auf, das sei ein Viertel des Jahresetats. Zwei Drittel der betreuten 22 000 Erwerbslosen hätten Vermittlungshemmnisse und müssten vorbereitet werden, um überhaupt auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Chance zu haben.

„Was wir machen, ist sinnvoll“, weist auch Stefan Lob, Geschäftsführer des Qualifizierungsträgers Gafög, die Verdi-Kritik zurück; die grundsätzliche wie die finanzielle. Jede Maßnahme werde kostenspezifisch abgerechnet, das IAG überdies ständig geprüft. Erst im vergangenen Jahr habe eine Untersuchung der Fachhochschule belegt, dass die Aktiv-Jobs für viele Erwerbslose das passende Instrument seien. „Dabei geht es nicht nur um das Sprungbrett für den ersten Arbeitsmarkt“, betont Lob. Für viele sei der tägliche Ein-Euro-Job „unverzichtbar“ für die Stabilisierung des Alltags, der soziale Kontakte wieder ermögliche und neues Selbstwertgefühl gebe.