Gelsenkirchen. Die Ampel-Regierung will Abschiebungen vereinfachen. Was das neue Gesetz bringt? „Es bringt uns nicht weiter“, heißt es aus Gelsenkirchen.
- Das neue „Rückführungsverbesserungsgesetz“ soll Abschiebungen aus der Bundesrepublik vereinfachen.
- Die Ausländerbehörde Gelsenkirchen geht jedoch davon aus, dass durch die neuen gesetzlichen Möglichkeiten lediglich 1,6 Rückführen im Jahr mehr umgesetzt werden können.
- „Was die Bundesregierung beschlossen hat, bringt uns nicht wirklich weiter“, sagte Stadtrat Simon Nowack. Die vom Kanzler angekündigten „Abschiebungen im großen Stil“ seien sicher nicht möglich.
Die „Abschiebungen im großen Stil“, die Bundeskanzler Olaf Scholz im Herbst 2023 forderte, gaben die Richtung vor, wie in den folgenden Wochen über Rückführungen als Kernthema der politischen Debatte diskutiert wurde – eine Debatte, die schließlich mündete im sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz“, mit dem die Ampel-Regierung Abschiebungen aus Deutschland erleichtern will. Mit einer ernüchternden Schätzung hat Waldemar Kinzel, Leiter der Ausländerbehörde Gelsenkirchen, aber nun im Fachausschuss für Ordnung dargelegt, wie sich das monatelang heiß diskutierte Gesetz wohl nur auswirken wird.
Demnach geht Kinzel davon aus, dass die neue Gesetzgebung lediglich zu einer Steigerung der Abschiebezahlen um 1,6 pro Jahr in Gelsenkirchen führen wird. Durch das Gesetz gebe es zwar „positive Änderungen“, der „ganz große Wurf“ sei es aber nicht, stellte Kinzel fest. Auch der verantwortliche Dezernent Simon Nowack bekräftigte im Anschluss: „Was die Bundesregierung beschlossen hat, bringt uns nicht wirklich weiter.“ Die „Abschiebungen im großen Stil“ seien sicher nicht möglich.
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Dabei machte etwa auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), nach Beschluss des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag im Januar, große Versprechungen und betonte, dass die Ordnung in seiner Heimatstadt durch das Gesetz besonders gestärkt werde. „Städte wie Gelsenkirchen, die in hohem Maße von den Auswirkungen irregulärer Migration betroffen sind, profitieren von diesen Maßnahmen besonders stark“, erklärte er Anfang des Jahres. Mit dem Gesetz wurde unter anderem die Dauer des Ausreisegewahrsams als Haftmaßnahme zur Durchführung von Abschiebungen von zehn auf 28 Tage verlängert. Auch wurden Durchsuchungen von Flüchtlingsunterkünften oder das Auslesen von Datenträgern erleichtert.
Freiwillige Ausreisen und Abschiebungen waren 2023 auf gleichem Niveau
Was Organisation wie „Pro Asyl“ als „brutale“ Veränderungen, die „Grundrechte von geflüchteten Menschen immens einschränken“ bezeichnete, wird aus der Praxis der hiesigen Ausländerbehörde als „stellenweise Verbesserung“ gewertet. Die Verlängerung des Ausreisegewahrsams sei für Gelsenkirchen „kein Game Changer“, die Befugnisse, Zimmer von Schutzsuchenden eher betreten und Datenträger auslesen zu können, seien jedoch „sehr positiv“ zu werten. Im Ergebnis kam Kinzel dennoch nur auf die genannten 1,6 Abschiebungen mehr pro Jahr, zu denen das Gesetz nach ersten Berechnungen führen werde.
Abgeschoben wurden im vergangenen Jahr insgesamt 86 Menschen, wie der Jahresbilanz der Ausländerbehörde zu entnehmen ist – eine Zahl, die sich seit drei Jahren auf einem konstanten Niveau bewegt (2022: 87 Rückführungen, 2021: 84 Rückführungen). Nur bei der Einführung des Teams „Rückkehrmanagement“ im Jahr 2017 bei der Ausländerbehörde wurde die Zahl einmalig deutlich erhöht auf 157 Rückführen im Jahr.
Im vergangenen Jahr sind fast genau so viele Menschen freiwillig wieder ausgereist wie abgeschoben wurden. Bevor eine zwangsweise Rückführung erfolgt, wird eine solche freiwillige Ausreise angestrebt. „Dabei wird ausdrücklich auf Beratungs- und Unterstützungsangebote der Sozial- und Wohlfahrtsverbände hingewiesen“, heißt es in der Jahresbilanz. 2023 verließen 83 Ausreisepflichtige das Land, 2022 waren es lediglich 54 Personen und 2021 lediglich 39 Personen. Die geringe Zahl zu dieser Zeit führt das Ausländeramt vor allem auf die Corona-Pandemie zurück.
Unter welchen Nationen es die häufigsten Abschiebungen in Gelsenkirchen gab, lesen Sie hier:Abschiebungen aus Gelsenkirchen: Diese Nationen trifft es.