Gelsenkirchen. Bald sollen Bezahlkarten für Asylsuchende eingeführt werden. Warum das in Gelsenkirchen und Essen unterschiedlich bewertet wird.
Die geplante neue Bezahlkarte für Asylbewerber, auf die sich Bund und Länder beim vergangenen Flüchtlingsgipfel geeinigt haben, wird auch in den Rathäusern im Ruhrgebiet kontrovers diskutiert – wobei die Bewertung der Maßnahme sehr unterschiedlich ausfällt. Während sich Essens CDU-Sozialdezernent Peter Renzel zuletzt gegenüber der WAZ für die Bezahlkarte aussprach, ist seine Amtskollegin in Gelsenkirchen eher pessimistisch.
Peter Renzel schlug bereits vor zehn Jahren vor, Flüchtlingen kein Geld mehr auszuzahlen und dafür auf Sachleistungen umzustellen. „Um vor allem illegale Zuwanderung einzudämmen, braucht es einen ganzen Strauß an Maßnahmen. Dazu zählt auch, dass ein möglicher Missbrauch oder ein Ausnutzen unserer Systeme weiter erschwert wird. Dazu kann die Umstellung auf Sachleistungen beitragen“, sagt Renzel auch heute, der jedoch gleichzeitig betont, dass allein die Auszahlung von Sozialleistungen in Europa und besonders in Deutschland nicht der „ursprünglichste Grund“ für Migration sei.
Gelsenkirchens Sozialdezernentin: „Menschen horten kein Geld“
Auch Gelsenkirchens Sozialdezernentin Andrea Henze (SPD) glaubt nicht, dass das Ausnutzen von Sozialleistungen an sich der ausschlaggebende Anziehungsfaktor für Asylsuchende sei. Im Ergebnis kommt sie jedoch zu einer anderen Bewertung als Renzel. „Die Bezahlkarte wäre ein wahnsinniger organisatorischer Aufwand“, sagte die Stadträtin am Rande einer Pressekonferenz an der Flüchtlingsunterkunft Adenauerallee. Von ihrer Zeit als Sachbearbeiterin in Dessau habe sie das System noch in schlechter Erinnerung (das Sachleistungsprinzip gab es bereits vorübergehend in den Neunzigern). Zudem könne ein Gutscheinsystem zu einer „Diskriminierung“ der Menschen führen.
In ihrem Verantwortungsbereich beobachte man zudem nicht, dass viele Menschen den großen Teil ihrer Asylleistungen in die Heimat senden – was von Befürwortern der Bezahlkarte gerne als Argument angeführt wird. „Wir können nicht feststellen, dass viele Menschen Geld horten und das zurückschicken“, sagte Henze. Viel Geld bleibe ohnehin nicht übrig – sofern sich die Bezieher von Asylbewerberleistungen nicht nur von „Nudeln und Wasser“ ernährten. Statt ein Bezahlkartensystem aufzubauen, solle man daher „viel eher in Spracherwerb, Kitabetreuung und Qualifikation“ der Asylsuchenden investieren.
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