Gelsenkirchen. Der Weg zum deutschen Pass wird jetzt einfacher. Dabei sind die Behörden schon jetzt überlastet. Worauf man in Gelsenkirchen hofft.

Mit dem kürzlich beschlossenen Einbürgerungsgesetz dürften die Aktenstapel beim Referat Bürgerservice ordentlich wachsen. Schließlich sieht die am 19. Januar vom Bundestag beschlossene Reform des Staatsbürgerrechts vor, dass Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein soll und Menschen aus dem Ausland schneller an den deutschen Pass kommen können.

„Ich könnte mir vorstellen, dass Sie jetzt mit Anträgen überhäuft werden“, gab die Integrationsratsvorsitzende Téuta Abazi in der vergangenen Sitzung des Gremiums ihre Prognose Richtung Stadt. „Wir wissen noch gar nicht, was auf uns zukommt“, musste Daniel Sulkowski, Abteilungsleiter Bürger- und Einwohnerwesen, allerdings einräumen. Fakt zumindest ist: Die Zahl der Einbürgerungen ist auch ohne neues Gesetz zuletzt bereits deutlich gestiegen.

Zahl der Einbürgerungsanträge ist bereits 2023 in die Höhe geschnellt

So wurden nach Angaben der Stadt im vergangenen Jahr in Gelsenkirchen 868 Menschen eingebürgert, darunter am meisten Syrer und Türken. Das sind deutlich mehr als im Jahr zuvor, damals erhielten 666 Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit – bereits ein sprunghafter Anstieg im Vergleich zu davor. Denn zwischen 2017 und 2021 erfolgten in Gelsenkirchen lediglich zwischen 315 und 378 Einbürgerungen. Als einen Grund für den Anstieg wurde auch in Gelsenkirchen angeführt, dass viele der Syrer, die zur Zeit der großen Fluchtbewegungen 2016/2016 nach Deutschland gekommen waren, Bedingungen für die Einbürgerung erfüllt hatten.

Der weitere zu erwartende Zuwachs infolge der neuen Gesetzgebung soll in Gelsenkirchen erst einmal ohne neues Personal gestemmt werden. Hoffnung setzt das Fachpersonal der Stadt dagegen auf den digitalen Einbürgerungsantrag, der bald bundesweit angeboten werden soll, der aber auch noch einige technische Hürden nehmen muss, wie Sulkowski mitteilte. „Wir haben bis zum Inkrafttreten des Gesetzes allerdings noch etwas Zeit“, sagte er und sprach von drei Monaten. „Wir hoffen, dass bis dahin auch der Weg zum digitalen Antrag steht.“ Derzeit müsse jeder Antrag bei einem persönlichen Gespräch angenommen werden, „das dauert mindestens eine halbe Stunde pro Person.“ Die Erwartung: Dass man sich diese Zeit künftig sparen kann.

Sehr lange Wartezeit für Termine beim Einbürgerungsbüro Gelsenkirchen

Dass irgendwie weiteres Tempo in die Arbeitsweise kommen muss, ist schon jetzt offenkundig. Denn immer wieder waren in der Presse – auch in der WAZ Gelsenkirchen – Schilderungen verärgerter ausländischer Mitbürger zu vernehmen, die ihren Unmut über die ewig langen Wartezeiten in der Einbürgerungsbehörde deutlich machten. Die Stellen gelten in vielen Kommunen als chronisch überlastet. In Gelsenkirchen werden aktuelle Termine monatsweise freigeschaltet, die Vergabe erfolgt laut Stadt ausschließlich telefonisch. Unter anderem deshalb habe man die Zahl der Bearbeitungen 2023 bereits deutlich erhöhen können, sagte Jennifer Czibor vom Team Staatsangehörigkeiten im Bürgerservice.

Auch interessant

Allerdings gibt es auch hier genug Gründe für Frust bei den Antragstellern: Das Einbürgerungsteam benötige weiterhin sechs Monate für die Bearbeitung, Ende 2023 habe die Bearbeitungszeit aufgrund der „Masse der Anträge“ gar neun Monate betragen. „Die Zeitspanne ist auf die Mitwirkungspflicht der Kundinnen und Kunden zurückführen“, sagte Czibor. „Insbesondere die Ausbürgerung aus dem bisherigen Staatsverband spielt bislang eine bedeutende Rolle und variiert von Staat zu Staat.“ Die Ausbürgerung falle durch die neuen Regelungen zwar weg – aber da sei natürlich immer noch die Frage, wie schnell man an nationale Pässe, Heirats- oder Geburtsurkunden kommt. „Das ist meist die Problematik“.

Das ist das neue Einbürgerungsgesetz

Das neue Einbürgerungsgesetz sieht eine Reihe von Änderungen vor. Ausländische Mitbürger sollen sich künftig bereits nach fünf statt acht Jahren um den deutschen Pass bewerben können. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll die Einbürgerung sogar bereits nach drei Jahren möglich sein. Kriterien dafür sind etwa gute Sprachkenntnisse, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen im Beruf oder in der Schule. Eingebürgert werden soll nur, wer der den Lebensunterhalt für sich und seine Familie eigenständig sichern kann. Dauer-Leistungsempfänger profitieren von den Regeln also nicht.

Das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, das für die Einbürgerung abgegeben werden muss, soll neu formuliert werden und legt mehr Wert auf die Ablehnung von Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten. Besondere Erleichterungen gibt es für die Gastarbeiter-Generation, die künftig keinen schriftlichen Einbürgerungs- und Deutschtest mehr machen müssen, wenn sie den deutschen Pass bekommen wollen.