Gelsenkirchen. Als im Schatten des Schalker Marktes in Gelsenkirchen die Zeche Consolidation aufwuchs, begann auch die Blütezeit des Stadtteils.
Als die Gewerkschaft Consolidation als Zusammenschluss verschiedener Mutungen 1863 formal gegründet wurde, war Schalke nicht mehr als eine Ansammlung von Bauernhöfen, umgeben von Tannenwald. Die Skepsis bei der Gründung durch Friedrich Grillo war groß, hatte es doch bei der bereits 1856 gestarteten Zeche Wilhelmine Viktoria große Probleme mit Wasser gegeben. Sieben Jahre dauerte es, bis der Schacht dort in Heßler fertiggestellt werden konnte. Doch auf „Consol“ war es bereits im August 1864, nur zehn Monate nach dem Baustart, gelungen, das Steinkohlegebirge zu erreichen. Knapp 300 Menschen lebten zu der Zeit in Schalke – zu wenige, um genug Arbeitskräfte für die aufwachsende Zeche zu rekrutieren.
Sumpfige Feldwege stoppten Kumpel auf dem Weg zur Zeche
Arbeiter wurden in Buer angeworben. Doch ihr Weg zum Arbeitsplatz über sumpfige Wege war beschwerlich und so kam es wiederholt dazu, dass Schichten nicht angetreten werden konnten. Schwoll der Fluss nach Regenfällen an, gab es massive Förderausfälle. Um die Arbeiter zur Zeche zu holen, wurden Werkswohnungen gebaut. 1864 standen die ersten 16 Wohnungen für Arbeiterfamilien sowie ein Schlafhaus für 70 Mann zur Verfügung, 1866 waren es bereits 56 Wohnungen, plus Beamtenwohnungen. Der Abtransport der in immer größeren Mengen geförderten Kohle wurde bald erleichtert durch neue Bahnanbindungen und die Köln-Mindener Emschertalbahn. Deren Bahnhof Schalke direkt neben den Schächten I und II von Consolidation 1873 trieb den Ausbau kräftig voran. Und auch der Stadtteil wuchs: Bereits 1868 wurde Schalke ein eigenständiges Amt. Erst 1903 wurde das Amt Gelsenkirchen zugeschlagen, das bereits 1875 Stadtrechte zugesprochen bekam, mit den Eingemeindungen nun aber kreisfreie Stadt wurde.
Kohlen aus Schalke nach Frankreich und Belgien geliefert
1873 arbeiteten bereits mehr als 2000 Mann für Consolidation. 365.442 Tonnen Kohle wurden gefördert. Consolidation war zu dem Zeitpunkt bereits die größte Zeche im Ruhrgebiet. Um die führende Stellung zu erhalten, bemühte man sich auch, die Infrastruktur mit Straßen und Lebensmittelversorgung zu verbessern.
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1874 belieferte die Schalker Zeche bereits Kunden in Frankreich, Belgien und Holland, der Stadtteil Schalke wuchs und putzte sich nach und nach heraus. 1879 gab es bereits 624 Bergarbeiterwohnungen für die 2282 Arbeiter. 1886 forderte eine Schlagwetterexplosion 56 Todesopfer – zur Beisetzung kam mehr als die Hälfte der Gelsenkirchener Bevölkerung. 1889 dann nahm auch die Consol-Belegschaft am großen, in allen deutschen Kohlerevieren durchgeführten Bergarbeiterstreik für bessere Arbeitsbedingen teil.
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Zur Verbesserung der Infrastruktur gehörten auch Schulen. Denn je größer die Zeche wurde, desto mehr höhere Beamte kamen auch nach Gelsenkirchen, die ihren Kindern Bildung angedeihen lassen wollten. 1876 bereits wurde das Schalker Gymnasium gegründet, der erste Bau stand an der Schalker Straße 120. Am Jungen vorbehaltenen, altsprachlichen Realgymnasium wurde unterrichtet in evangelischer, katholischer und jüdischer Religion, Latein, Englisch und Deutsch und später auch Griechisch, insgesamt bis zu 36 Wochenstunden. Aufnahmebedingungen für Schüler in den 1880er Jahren war laut Schulnachrichten anno 1885 „die Kenntnis der biblischen Geschichte, Lesen und Schreiben sowie der Umgang mit ganzen Zahlen in den vier Grundrechenarten“. 1894 besuchten 119 Schüler das Gymnasium – bis zum Abitur schafften es längst nicht alle. In der Auflistung der Abiturienten war stets auch der Beruf des Vaters zu finden: in der Regel lautete dieser Zechendirektor, Arzt, Pfarrer oder Lehrer, in Ausnahmefällen Kaufmann.
Der Stadtteil Schalke wuchs dank der Consol-Schächte I/VI am späteren Schalker Markt und II/VII an der Magdeburger Straße bis zum Zweiten Weltkrieg beständig, zahlreiche Industrien siedelten sich an. Die Glückauf-Kampfbahn entstand 1927, auf ehemaligem Consol-Zechengelände. Anfangs verdienten die Knappen tatsächlich noch ihr Brot unter Tage. Ihre Kumpel waren ab 1957 auch aus Italien angeworbene Gastarbeiter, kurz darauf folgten die türkischen Kumpel.
Als die Zeche Consolidation und Schalke zusammen groß wurden
Mit den Jahrzehnten breitete sich die Zeche Consol jedoch weiter aus, nach Bismarck, Stadtmitte bis in die Feldmark, wo der Schacht Oberschuir entstand. Später liefen die Bergwerke Unser Fritz in Wanne-Eickel ebenso wie Nordstern in Horst unter Leitung von Consol, in der letzten Verbundstufe zählte auch Hugo dazu. 1996 schlug die letzte Stunde für die Consolidation, die schon bei ihrer Gründung den Zusammenschluss im Namen trug. Der Stadtteil Schalke hatte seine Blütezeit da ebenfalls bereits hinter sich. Vor allem der Schalker Norden mit seiner „Schalker Meile“ leidet heute eher unter seiner glanzvollen Vergangenheit, selbst der Fußballclub ist längst in Erle daheim.