Gelsenkirchen. Das Schalker Gymnasium ist das einzige Gelsenkirchens, das Inklusion bietet. Seit 2013 findet dort gemeinsames Lernen statt. Warum es gut läuft.

Es geht um Teilhabe, um Teilnahme, am echten Leben und am Schulalltag: Mit dem großen und viel benutzten Wort „Inklusion“ wird umschrieben, was zahlreiche Facetten hat und mitunter immer auch ganz individuell sein kann. Vor sieben Jahren startete das gemeinsame Lernen am Schalker Gymnasium – heute zeigen sie stolz, dass es immer noch gelingt, wie sie sagen. Ein Unterrichtsbesuch.

Inklusion in Gelsenkirchen: Am Schalker Gymnasium ist sie ein Erfolg

Es ist kurz nach neun an diesem Morgen am Schalker, die Pause ist beendet, Geschichte steht auf dem Lehrplan der 10a. Hitlers Machtergreifung, eine Annäherung. Von Aufregung, Unruhe, mangelnder Konzentration ist hier nichts zu spüren. Wer hier Förderbedarf hat, wer nicht – es ist auf den ersten, zweiten und weiteren Blicke nicht zu erkennen.

Inklusion mit Technik: Am Schalker Gymnasium in Gelsenkirchen lernen Kinder und Jugendliche mit und ohne Förderbedarf in den Jahrgangsstufen fünf bis zehn gemeinsam.
Inklusion mit Technik: Am Schalker Gymnasium in Gelsenkirchen lernen Kinder und Jugendliche mit und ohne Förderbedarf in den Jahrgangsstufen fünf bis zehn gemeinsam. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Friederike Volkmer-Tolksberg und ihr Kollege Christian Urban führen ihre Schüler heran, an die Wirren der Jahre ab 1932, eine Gruppenarbeit soll den Unterrichtsstoff vermitteln. Und wieder geht es ruhig zu, konzentriert, fokussiert.

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Seit 2013 wird die Idee des gemeinsamen Lernens nun schon am Schalker gelebt, in den Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Es ist das einzige Gymnasium in Gelsenkirchen. Im Schnitt lernen drei bis vier Förderschüler in einer Klasse mit den anderen Schülern zusammen. Klassenlehrerin und Koordinatorin für das gemeinsame Lernen am Schalker, Friederike Volkmer-Tolksberg, erinnert sich noch an die ersten Schritte, heute spricht sie von einer „Erfolgsgeschichte“, wenn es um die Inklusion geht.

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Ihr Kollege Christian Urban, Förderpädagoge, stimmt zu: „Beide Gruppen profitieren voneinander, die Schüler mit und die Schüler ohne Förderschwerpunkt gleichermaßen. Das soziale Lernen steht immer im Vordergrund.“ Jedes Kind habe Stärken, sagen die beiden auch – und die gilt es schließlich herauszuarbeiten, aufzubauen. „Fördern und fordern“, nennen sie es.

Immer im Fokus: die unterschiedlichen Lernziele der Kinder im Blick zu haben. Das erfordere, so Volkmer-Tolksberg und Urban, auch eine gewisse Sensibilität für unterschiedliche Lernausgangslagen, die Frage im Hinterkopf: „Wo kann ich meine Schüler abholen?“

An diesem Morgen im Geschichtsunterricht an der Liboriusstraße sieht das Abholen dann konkret so aus: Basis der Gruppenarbeit ist Arbeitsmaterial, das es in drei verschiedenen Versionen gibt. Drei Blätter, dreimal mal mehr, mal weniger Ausführlichkeit und Komplexität. Die Schüler können selbst wählen, welche der Arbeitsmaterialien sie nutzen möchten und können. Die Ergebnisse am Ende, die Präsentation dieser, ist allein das, was zählt.

Inklusion am Schalker in Gelsenkirchen: Soziales Miteinander ist wichtig im Lernalltag

Das soziale Miteinander nennt Christian Urban dann auch als ganz wichtigen Aspekt, aber auch als Herausforderung im Schulalltag am Schalker. Und über all diesem Miteinander steht, dass gleich mehrere Schulformen oder Bildungsgänge unter dem Dach der Schule versammelt sind: das Gymnasium, die Haupt- und die Förderschule. Dass hier eine Schere entsteht, daran glauben sie nicht. Die gebe es schließlich auch an anderen Schulformen.

Allerdings: „Die Inklusion steht und fällt mit den personellen Ressourcen“, so Christian Urban. Diese Einschätzung wird offensichtlich beim genauen Blick auf den Unterricht in den Klassen – schließlich ist mit mehr Personal auch eine bessere Betreuung der Schüler, eine bessere Beschulung möglich.

Neben dem (fehlenden) Personal haben sie an Gelsenkirchens ältestem Gymnasium eine weitere Säule, die das gemeinsame Lernen in Vielfalt ausmacht: „Klare Strukturen sind wichtig“, berichtet Friederike Volkmer-Tolksberg. Und die Kommunikation der Jahrgangsstufe anzupassen, keine Stereotypisierung zuzulassen.

Inklusionsklassen setzen auf kleinere Lerngruppen

Das ausgegebene Ziel am Schalker Gymnasium ist eine optimale Förderung aller Schülerinnen und Schüler.

In den Inklusionsklassen setzen sie demnach auch auf kleinere Lerngruppen, offene und kooperative Lernformen, so viel Gemeinsamkeit wie möglich und so viel Differenzierung wie nötig. Wichtig sei auch eine enge Kooperation der Lehrkräfte.

Weitere Informationen gibt es im Netz unter schalker-gymnasium.de

Das gemeinsame Lernen habe ihren Unterricht weiterentwickelt, sagen die beiden Pädagogen auch. Und, dass sie in den vergangenen acht Jahren „wahnsinnig viel gelernt hätten“. Wie ihre Schülerinnen und Schüler, gemeinsam, mit Teilhabe am echten Leben, am echten Schulalltag.