Gelsenkirchen/Düsseldorf. Extrem lange warten muss Gelsenkirchen bei der Besetzung des Polizei-Chefpostens. Woanders ging es viel schneller. Nun macht die SPD Druck.
Die Vakanz währt schon lange. Und das ausgerechnet in einer sicherheitsrelevanten Spitzenposition: Seit Bekanntwerden des Wechsels der ehemaligen Polizeipräsidentin Britta Zur als Beigeordnete in die Düsseldorfer Stadtverwaltung im April 2022 ist bereits fast ein Jahr vergangen, ohne dass ihre Nachfolge geregelt werden konnte. Der Leitende Polizeidirektor Peter Both führt seither das Polizeipräsidium Gelsenkirchen stellvertretend.
Mehr Druck: Kleine Anfrage zum Auswahlverfahren für Gelsenkirchener Polizeispitze
Auf Nachfragen im Innenministerium in Düsseldorf zur Nachbesetzung des vakanten Postens, hieß es bislang immer, die Entscheidung liege bei Innenminister Herbert Reul (CDU). Als sehr unbefriedigend bewerteten die Gelsenkirchener SPD-Landtagsabgeordneten Christin Siebel und Sebastian Watermeier daher auch die Behandlung des Themas zuletzt im Innenausschuss Anfang März. Ihr Vorwurf: Der sonst so medienaffine „Law and Order“-Verfechter Reul ducke sich weg. Immerhin steht Reul bei öffentlichkeitswirksamen Razzien, beispielsweise gegen Clan-Kriminalität, nicht selten vor Dutzenden Mikrofonen und Kameras und gibt mit kernigen Zitaten bereitwillig Auskunft.
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Weniger mitteilsam ist Reul beim Thema Polizeichefin oder Polizeichef Gelsenkirchen. Siebel und Watermeier erhöhen nun den Druck in der Sache. Sie haben der schwarz-grünen Landesregierung eine Anfrage gestellt, nachdem „Innenminister Reul im Innenausschuss sowohl die Antwort nach einem Zeitplan, als auch nach Gründen für die schleppende Neubesetzung schuldig geblieben ist“. Die beiden wollen wissen, welche Gründe es für die Verzögerungen gibt. Dazu interessiert sie insbesondere der Vergleich mit anderen Verfahren zur Neubesetzung von Behördenleitungen in anderen Polizeipräsidien in NRW. Vier Wochen Zeit hat die Regierung, die Anfrage zu beantworten.
Wechselnde Trends: Juristen und Polizeibeamte machten zuletzt das Rennen
In anderen NRW-Städten ging es zuletzt deutlich schneller, was die Nachbesetzung des Präsidentenpostens angeht. In Essen folgte auf den langjährigen Polizeipräsidenten Frank Richter – nach knapp sechs Monaten – der ehemalige Düsseldorfer Oberstaatsanwalt Andreas Stüve. Richter schied aus gesundheitlichen Gründen aus.
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In Köln setzte Innenminister Reul zunächst auf einen, der das Geschäft von der Pike auf gelernt hat: Dort hatte Uwe Jacob den Posten bis zu seiner Pensionierung im Januar 2022 inne. Jacob war zuvor Direktor des Landeskriminalamtes. Als junger Kommissar ermittelte Jacob im Ruhrgebiet und hatte dort auch mit den „schweren Jungs“ der organisierten Kriminalität zu tun. Drei Monate nach der Pensionierung übernahm Falk Schnabel die Leitung der Großbehörde am Rhein (5000 Mitarbeiter). Er war seit 2020 Polizeipräsident in seiner Heimatstadt Münster.
Und in Bochum übernahm zuletzt Jörg Lukat die Führung des Präsidiums, ein Polizist durch und durch. Vor seiner Ernennung war der Hertener Referatsleiter für Einsätze „in besonderen Lagen“ im Innenministerium. Es vergingen rund drei Monate bis zur Neubesetzung. Lukats Vorgängerin, Kerstin Wittmeier, wechselte zur Stadt Duisburg, wo sie seitdem als Personaldezernentin und Beigeordnete arbeitet.
Besoldung an der Spitze des Polizeipräsidiums Gelsenkirchen ist überschaubar
Letztendlich hat Herbert Reul als oberster Dienstherr das Vorschlagsrecht. Über seinen Vorschlag entscheidet dann das Landeskabinett. Für die Leitung des Gelsenkirchener Polizeipräsidiums erhält man nach der aktuellen Besoldungstabelle rund 98.000 Euro Jahresgehalt (Besoldungsstufe B2). In der deutlich größeren Landeshauptstadt, in die es Britta Zur ab Sommer 2022 zog, erhalten Beigeordnete rund 130.000 Euro jährlich. Das Einstiegsjahresgehalt eines Staatsanwaltes in NRW liegt bei rund 56.000 Euro, ein leitender Oberstaatsanwalt liegt immerhin schon bei rund 104.000 Euro Jahresgehalt (Besoldungsstufe R3).