Gelsenkirchen. Gelsenkirchen bleibt eine von drei Hochburgen für Clan-Kriminalität im Ruhrgebiet. Und Schauplatz mehrerer spektakulärer Fälle. So ist die Lage.

Eine Hochburg für Clan-Kriminalität bleibt Gelsenkirchen. Zwar sind die Zahl der Straftaten und die Zahl der Tatverdächtigen leicht zurückgegangen, dennoch bleibt die Emscherstadt nach Essen und Recklinghausen revierweit weiter auf dem dritten Platz.

Wie das von Innenminister Herbert Reul (CDU) gerade vorgestellte neue Lagebild „Clan-Kriminalität“ zeigt, ist die Zahl der erfassten Straftaten von 469 auf 391 und damit um 7,7 Prozent (-78) im vergangenen Jahr zurückgegangen. Im Visier der Gelsenkirchener Ermittler standen dabei 263 Tatverdächtige, im Jahr davor waren es noch 312, was ebenfalls einem Rückgang von 7,2 Prozent entspricht.

Betätigungsfelder Clan-Kriminalität: Raub, Betrug, Körperverletzung, Sexualstraftaten

Raub, Betrug, Körperverletzung, Sexualstraftaten – die türkisch-arabischen Clans lassen kaum etwas aus, was das Strafgesetzbuch auflistet. Der Fokus aber liegt im Bereich der organisierten Drogenkriminalität. Und die meisten Taten 2021 wurden – immer noch – im Ruhrgebiet begangen. 599 waren es in Essen, es folgen Recklinghausen (444), Gelsenkirchen (391), Duisburg (352), Bochum (299) und Dortmund (283).

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Einige Beispiele aus dem Stadtgebiet: Am 23. Januar weckte ein libanesischer Autofahrer bei einer Verkehrskontrolle das Interesse der Einsatzkräfte. Marihuana-Geruch drang aus dem Auto. Bei der Wohnungsdurchsuchung schlug die Rauschgiftspürhündin zwar nicht an, dafür zog es sie zu einer Garage im Hinterhof des Mehrfamilienhauses. Dort stießen die Einsatzkräfte auf 1.920 Euro Bargeld, Potenzmedikamente im Wert von 94.613 Euro, 9,27 Gramm Kokain, 180 Gramm Marihuana, zwei Feinwaagen, diverses Verkaufs- und Verpackungsmaterial sowie sechs Mobiltelefone. DNA-Spuren überführten den Mann letztlich des Handelns mit Drogen und Arzneimitteln.

Gelsenkirchener Familienclan handelte mit gefälschter Marken-Kleidung, Handtaschen und Uhren

Das ständige Kommen und Gehen an einem anderen Mehrfamilienhaus brachte die Polizei auf die Spur von Betrügern. Die Ermittler ließen am 7. Oktober den florierenden illegalen Handel eines „libanesischen Familienclans“ mit Plagiaten auffliegen, als sie zeitgleich mehrere Objekte durchsuchten. Kunden konnten nach erfolgreicher Kontaktaufnahme über die auf Social-Media-Plattformen beworbenen gefälschten Waren in die „Ladenlokale“ kommen und die Plagiate erwerben. Es wurden 14.000 Fälschungen in Form von Bekleidung, Handtaschen und Uhren diverser namhafter Marken, 17.000 Euro und 3.000 Lira sichergestellt. Drei Haftbefehle wurden dazu noch vollstreckt.

Polizei sprengt Drogenring – Marihuana-Straßenverkaufswert: 3,3 Millionen Euro

Der wohl aufsehenerregendste Fall hat auch mit Gelsenkirchen zu tun, es geht dabei um internationalen Drogenhandel im großen Stil. Laut LKA handelte es sich „bei den Haupttätern um zwei Libanesen und einem Tunesier“, die unter anderem in einem ehemaligen Möbelhaus in Gelsenkirchen vier Marihuana-Plantagen eingerichtet hatten. Bei Durchsuchungen von elf Gebäuden in neun Städten fand die Polizei fünf solcher Plantagen mit insgesamt 2600 Pflanzen. Geschätzter Ertrag: 80 bis rund 130 Kilo pro Jahr. Straßenverkaufswert bei drei Ernten pro Jahr: rund 3,3 Millionen Euro.

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Von dem gewonnenen Geld wollten die Täter u.a. Immobilien kaufen. Die Urteile stehen noch aus, der Kopf der Gruppe, der in Herne gefasst wurde, befindet sich weiterhin wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.

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Bei der Bekämpfung der Clan-Kriminalität arbeiten Behörden auch länderübergreifend zusammen. So gelang es den Behörden in Skandinavien und Gelsenkirchen einen Schweden zu fassen, der unangemeldet in Gelsenkirchen lebte. Ihm wurde vorgeworfen, gewerbsmäßig als Drogenkurier von den Niederlanden über Deutschland nach Schweden zu schmuggeln. Der Tatverdächtige, Mitglied einer libanesischen Großfamilie, wurde zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt.

Gelsenkirchen: Wohnort für 309 verdächtigte Clan-Mitglieder

Insgesamt weist die NRW-Statistik 3629 Tatverdächtige und 5462 Straftaten im Zusammenhang mit Clan-Kriminalität auf. 257 der mutmaßlichen Kriminellen werden fünf und mehr (10) Straftaten oder bis zu vier (247) Straftaten zugeordnet, die in 2021 im Gelsenkirchener Präsidium als Tatortbehörde aufgelaufen sind. Auch in dieser Statistik belegt die Stadt Platz drei. Die Emscherstadt wird zudem 309 Verdächtigen aus dem Clan-Milieu als Wohnort zugewiesen. Unter ihnen sind 17 mit mehr als fünf Delikten im Strafregister, 292 haben bis zu vier Straftaten begangen.