Gelsenkirchen. Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Wie dramatisch die Prognosen für die Region wirklich sind – und wie eine Tiktok-Kampagne helfen soll.

In der Emscher-Lippe-Region (u. a. Gelsenkirchen, Bottrop, Gladbeck, Marl, Dorsten) werden im Jahr 2035 voraussichtlich 49.000 Fachkräfte fehlen, darunter allein 46.000 beruflich Qualifizierte und 2900 Akademiker. Das geht aus Prognosen der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK) hervor, die bei einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und Sozialausschusses präsentiert wurden.

Diese „bitteren“ Zahlen würden eindeutig zeigen, dass „wir das Thema Ausbildung immer mehr nach vorne bringen müssen“, machte Katja Venghaus von der IHK Nord Westfalen deutlich. Verbesserung verspricht sich die IHK unter anderem durch eine Kampagne für die Berufsausbildung, die im März starten und vor allem über Social-Media-Plattformen wie Tiktok laufen soll, um so Jugendliche der Generation Z, also der aktuell 12- bis 25-Jährigen, abzuholen. „In dieser Zielgruppe gibt es eine sehr große Verunsicherung, sie fühlt sich ,lost’, sehr schlecht auf die berufliche Zukunft vorbereitet“, diagnostizierte Venghaus.

Fachkräftemangel schon jetzt besonderes Risiko für die regionale Wirtschaft

Die IHK-Ausbildungsexpertin präsentierte den im Ausschuss anwesenden Politikern auch die aktuellen Zahlen aus dem Emscher-Lippe-Index (ELIX), dem regelmäßigen Konjunktur- und Stimmungsbarometer für die regionale Wirtschaft. Demnach wird der Fachkräftemangel schon jetzt (nach den hohen Energie- und Rohstoffpreisen) als das zweitgrößte Konjunkturrisiko bei den hiesigen Unternehmen angegeben – eine Sorge, die in den vergangenen zehn Jahren massiv gestiegen ist.

So nannten im Rahmen der ELIX-Befragung vor zehn Jahren nur 20,7 Prozent der befragten Unternehmen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko – mittlerweile sind es knapp 65 Prozent. „Und das wird noch viel schlimmer“, sagte Venghaus. „Wir steuern auf eine Situation zu, die für alle große Probleme mit sich bringen wird.“ Ein Wachstum durch steigende Produktivität werde da „auf Dauer nicht so weitergehen.“ Wie groß der Bedarf bereits ist, zeigt auch folgende Zahl: 21 Prozent der im Rahmen des ELIX befragten Unternehmen wollen bereits mehr Personal einstellen.

Fachkräftemangel ist für zwölf Prozent der Gelsenkirchener Unternehmen größte Herausforderung

Zahlen zu der Dramatik des Fachkräftemangels brachte auch Stadtrat Simon Nowack, verantwortlich für die Wirtschaftsförderung in Gelsenkirchen, mit. Aus Gesprächen mit lokalen Unternehmen habe man erfahren, dass derzeit zwölf Prozent von ihnen den Fachkräftemangel als vordringliche Herausforderung nennen. Besonders starken Druck gebe es in den Branchen Pflege und Gesundheit, Handwerk und IT.

Um einen besseren Überblick über die Bedarfe zu bekommen, will die Stadt in diesem Jahr ein Fachkräftesicherungskonzept erarbeiten. Zur Verfügung stehen dafür 15.000 Euro. Auch wird eine neue Stelle in der Wirtschaftsförderung eingerichtet, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Fachkräftesicherung beschäftigen soll. Aktuelle Episode Salon FunkeAktuelle Episode Salon Funke