Gelsenkirchen. Ab sofort müssen Klinikträger mit den Krankenkassenverbänden über eine Neuaufstellung verhandeln. Was das für Gelsenkirchener Kliniken bedeutet.
Seit Jahren wird über neue Strukturen für die Krankenhausversorgung im Land diskutiert. Im April 2022 nun wurde der neue Krankenhausplan für NRW veröffentlicht. Bis zum 17. November mussten alle Klinikträger ihre Vorschläge für die Neustrukturierung nach Landesvorgaben einreichen. In Gelsenkirchen gibt es drei Klinikträger mit sieben Einrichtungen: die St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH mit dem Marienhospital GE, St. Marien Hospital Buer, St. Josef in Horst und Elisabeth Krankenhaus Erle, der Diakoniewerksverbund mit dem Evangelischen Klinikum und das Bergmannsheil Buer mit der Kinder- und Jugendklinik in Partnerschaft mit der Knappschaft.
Ab sofort wird mit den Krankenkassenverbänden verhandelt
Den Stichtag 17. November, dem letzten Einreichungstermin der eigenen Vorschläge der Kliniken und zugleich Auftakt der Verhandlungen zwischen Krankenhausträgern und Krankenkassenverbänden, nahm der Gesundheitsausschuss der Stadt zum Anlass, den neuen NRW-Krankenhausplan im Kern vorzustellen. Die Kommune selbst, die freilich die Folgen der Neustrukturierung mitzutragen haben wird, bleibt bei den Verhandlungen zunächst außen vor.
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2238 Krankenhausbetten stehen aktuell in Gelsenkirchen in sieben Häusern zur Verfügung. Wenn es nach den Plänen der Landesregierung geht, dürften es deutlich weniger werden. Allerdings zählt das nicht ausdrücklich zu den Vorgaben der Neuplanung, denn es soll künftig nicht mehr um Betten-, sondern nur noch um Fallzahlen gehen. Spezialisierung ist das oberste Ziel, und das meint, Abbau von Überversorgung und Doppelstrukturen in direkter Nachbarschaft. Dafür sollen Patienten künftig auch etwas weitere Wege in Kauf nehmen müssen: so weit der Plan.
Zur Versorgungsebene Gelsenkirchen zählen auch Bottrop und der Kreis Recklinghausen
Parallel soll die ambulante Versorgung vor Ort berücksichtigt werden und enger mit Kliniken verzahnt werden. „Das heißt nicht, dass Kliniken die Aufgaben von niedergelassenen Praxen übernehmen sollen“, stellte Gesundheitsreferatsleiterin Emilia Liebers im Ausschuss klar. Wenn etwa eine Stadt drei Dialysezentren hat, gibt es keinen Bedarf und damit keine Erlaubnis für Kliniken, eine zusätzliche einzurichten.
Der Krankenhausplan teilt NRW in 16 Versorgungsebenen. Zu Gelsenkirchens Versorgungsebene gehören auch Bottrop und der Kreis Recklinghausen. Auf dieser Ebene werden 32 Leistungsbereiche (medizinische Fachdisziplinen wie Frauenheilkunde) mit 64 Leistungsgruppen (Untergruppen wie Geburten, Senologie und Allgemeine Frauenheilkunde) untersucht. Welche Klinik künftig noch welche Leistungen anbieten darf, ist nun Gegenstand der Verhandlungen. Die Entscheidung soll letztlich auf der Basis der Bestenauswahl getroffen werden. Die Erfüllung der Qualitätsanforderungen in personeller und technischer Hinsicht soll dafür das Hauptkriterium sein. Genauere Bewertungsmaßstäbe nennt das Land in seinen Veröffentlichungen nicht.
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Wenn dieses Prinzip tatsächlich umgesetzt wird, dürfte es an Gelsenkirchener Kliniken zu grundlegenden Veränderungen kommen. Bislang werden zum Beispiel an vier Kliniken neue Kniegelenke eingesetzt; doch gerade so etwas will das neue Gesetz vermeiden. Ähnliches gilt für die Onkologie und gastro-enterologische Eingriffe. Lediglich zwei Kliniken bieten in Gelsenkirchen jedoch Kinder- und Jugendmedizin an, ein Bereich, der sehr kostenintensiv ist, aber bislang nicht entsprechend finanziert wird. Weshalb der Fachbereich für die Kliniken, die wirtschaftlich arbeiten müssen, weniger attraktiv ist. Auch das soll sich mit der Umstrukturierung ändern, um eine drohende Unterversorgung in dem Bereich zu verhindern.
Generell gilt: Für alle 64 Leistungsgruppen – also Untergruppen – soll es auch künftig mindestens ein Angebot in der Stadt Gelsenkirchen geben. Für weitere Angebote allerdings werden auch Recklinghausen und Bottrop einbezogen in die Planung. Hochspezialisierte Abteilungen – etwa Transplantationsmedizin – soll es künftig nur in spezialisierten Zentren geben, für die die maximal zugemutete Anreisezeit von 40 Minuten überschritten werden darf und sicher auch wird.
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Wohnortnah – binnen 20 Minuten erreichbar – flächendeckend erhalten bleiben sollen jedoch die „Allgemeine Innere Medizin“, die „Allgemeine Chirurgie“ in Verbindung mit „Intensivmedizin“, die sich gerade in der Pandemie als extrem wichtig erwiesen hatte, sowie die „Geriatrie“. Die Notfallversorgung mit Rettungsdienst muss auch künftig in acht Minuten zu gewährleisten sein, bis zu 12 Minuten dürfen es in Außenbereichen sein.
Verhandlungen laufen bis Mai 2023
Gesundheitskiosk in Planung
Thema im Gesundheitsauschuss war auch die Einrichtung eines Gesundheitskiosks, der niederschwellig verschiedene medizinische Angebote als ambulante Anlaufstelle bündelt. Eine solche Institution ist in Köln und Essen bereits etabliert.
Im Rahmen der jüngsten Gelsenkirchener Gesundheitskonferenz mit zahlreichen Akteuren aus medizinischen und sozialen Bereichen wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die ein Konzept dafür erarbeiten soll. Bereits 2024 soll ein solcher Kiosk in der Stadt möglichst die Arbeit aufnehmen.
Bis Mai 2023 haben Kliniken und Kostenträger nun Zeit, um zu gemeinsamen Vorschlägen zu kommen, sprich Kompromisse zu finden. Danach gehen diese Vorschläge an die Bezirksregierung, die sie dem Land als Kostenträger für die Klinikinfrastruktur vorlegt. Erst danach wird die Kommune eingebunden. Am Ende werden Plankrankenhäuser ernannt, die berechtigt sind, mit Land und Krankenkassen abzurechnen. Wer den Status nicht bekommt, müsste als Privatklinik ohne öffentliche Zuschüsse agieren.