Gelsenkirchen. Der Tauben-Container in Gelsenkirchen-City steht. Doch bevor Tiere eingezogen sind, regt sich Protest. Denn Ärger haben die Anwohner schon genug.
Jetzt steht er da, direkt neben dem Spielplatz an der Robert-Koch-Straße: Der rot-weiße Übersee-Container, der künftig als erstes Taubenhaus im Gelsenkirchener Süden dienen soll. Doch schon bevor die ersten Stadtvögel eingezogen sind, regt sich lauter Protest unter den Anwohnern, insbesondere bei jenen, deren Balkons rund 20 Meter entfernt vom Tauben-Container liegen.
„Die ganze Häuserreihe ist entsetzt darüber. Wir wissen nicht, was man sich dabei gedacht hat“, sagt Werner Muss, der für die Anwohner spricht und sich besonders darüber ärgert, dass er und die anderen nicht vorab über das Projekt von der Stadt informiert wurden. Die Sorge der Mieter: Die 600 Tauben, die hier leben sollen, werden nicht nur im Container bleiben, sondern bald auch in Scharen die Balkons besetzen. „Wir haben nichts gegen Tauben, aber es könnten einfach zu viele werden.“ Dabei haben die Anwohner hier an der Robert-Koch-Straße eigentlich genug Probleme.
„Es gibt immer wieder Theater mit Jugendlichen hier am Spielplatz“, sagt Muss. Viel zu laut sei es hier regelmäßig bis mitten in der Nacht, insbesondere an sommerlichen Tagen. Und zuletzt seien sogar häufig „richtig laute Böller“ zu hören. Muss rechnet damit, dass das Taubenhaus nur eine weitere Einladung für die Jugendlichen sein wird, um Unruhe zu stiften. „Wenn hier geböllert wird, dann verscheuchen sie die Tauben damit sicher. Und am Ende landen sie dann bei uns“, sorgt sich der 78-Jährige.
Radar-Überwachungssystem der Stadt Gelsenkirchen startet bald alternativ an der Turmschule in Rotthausen
Dass der Spielplatz an der Robert-Koch-Straße ein Schwerpunkt in Sachen Ruhestörung und sonstigen Ordnungswidrigkeiten ist, ist keine Neuigkeit. Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) ist hier besonders häufig unterwegs, die Stadt hatte den Spielplatz deshalb auch ursprünglich als Standort ausgewählt, um ihr neues Radar-System zur Überwachung und zielgenauen Einsetzung des KOD auszuprobieren. Doch weil sich laut Stadt herausstellte, dass die Versorgung der dafür benötigten Technik mit Strom aufwendiger ist als gedacht, startet das Pilotprojekt nun bald alternativ an der Turmschule in Rotthausen, wo sich nach Einbruch der Dunkelheit oft unbefugt Personen aufhalten.
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Dass das Radar-System nun doch nicht an der Robert-Koch-Straße getestet wird, bedauern auch die Ehrenamtlichen, die sich um den Tauben-Container kümmern. „Wir machen uns Sorgen, dass es hier zu Vandalismus kommt“, sagt Anna Ebke, Vorsitzende des „Förderkreis Taubenhaus Buer e.V.“, die zugibt, dass sie nun erstmal etwas unruhiger ins Bett gehen wird, wo sie weiß, dass hier nicht mit künstlicher Intelligenz überwacht wird. „Wir haben jetzt intern nach mehreren Lösungsansätzen geschaut. Aber zum Beispiel eine Wildtierkamera aufzustellen, ist nicht so einfach.“
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Und die Sorgen der Anwohner? „Wenn das Projekt aufgeht wie geplant, dann werden sich die Tiere nicht auf den Balkonen aufhalten. Das zeigen Erfahrungen aus anderen Städten mit ähnlichen Projekten“, versucht Ebke zu beschwichtigen: „Die Tiere werden dann keinen Grund sehen, sich groß außerhalb des Containers aufzuhalten, weil sie da ausreichend verpflegt werden. Das Haus ist für sie ja quasi ein All-you-can-eat-Buffet.“ Vorsichtshalber rät Ebke den Anwohnern dennoch, kein Vogelfutter für andere Arten auf den Balkons zu platzieren, damit keine Tauben angelockt werden.
Was den sonstigen Ärger an der Robert-Koch-Straße angeht, da teilt sich Ebke jedoch die Sorgen mit den Anwohnern. Sie hofft, dass die Tiere nicht täglich Böllerei oder sonstigen Unsinnigkeiten ausgesetzt sind. „Wenn die Tiere ständig an ihren Nist- und Futterplätzen gestört werden, dann ist natürlich nicht garantiert, dass sie bleiben.“
Bevor der Container aufgestellt wurde, haben Ebke und ihr Team bereits versucht, die Tauben zu der eingezäunten Fläche neben dem Spielplatz zu locken und sie an den Ort zu gewöhnen. „Mit dem Anfüttern hat es gut geklappt. Jetzt wird es noch mal eine Herausforderung, die Tiere an das Haus zu gewöhnen.“ Klar ist: Wie gut das gelingt, wird am Ende auch entscheidend dafür sein, ob die Anwohner das Projekt akzeptieren oder nicht.