Gelsenkirchen. Gelsenkirchen bekommt ein XXL-Taubenhaus mit Platz für 300 Brutpaare. Was der betreuende Verein plant und warum ihm der Standort Sorgen bereitet.
Aktuell ist es nur eine triste Betonplatte, die eingezäunt direkt neben dem Spielplatz an der Robert-Koch-Straße, für fragende Blicke sorgt. Aber bald soll es hier im Stadtzenzentrum ordentlich gurren und flattern: In dieser oder der nächsten Woche, bis zum 20. November, will die Stadt dort für rund 20.000 Euro Gelsenkirchens ersten Tauben-Container aufstellen. „Hier soll Platz für rund 300 Brutpaare, also fast 600 Tiere sein“, erklärt Anna Ebke, die vor kurzem zur neuen Vorsitzenden des „Förderkreis Taubenhaus Buer e.V.“ gewählt wurde.
Buer? Aber wir sind doch hier in der Altstadt?! Der Hintergrund: Im Goldbergpark am Rand zur Springestraße steht seit über 15 Jahren Gelsenkirchens bislang einziges Taubenhaus. Doch im Sommer stellte sich der betreuende Förderkreis neu auf und leitete einen Generationenwechsel ein. Zahlreiche junge Frauen, die bislang als Facebook-Gruppe unter dem Namen „Stadtvogelhilfe“ verletzte und kranke Tauben aufpäppelten, traten dem Verein bei – mit dem Ziel, über Buer hinaus zu wirken.
Zweites Taubenhaus für Gelsenkirchen: Start hat sich um ein halbes Jahr verzögert
Auch Anna Ebke war bei der „Stadtvogelhilfe“ aktiv. „Ich habe eine Quarantäne-Station zu Hause und hatte teils 20 Tiere in Obhut“, erzählt die 25-Jährige, „die Tieren eine Stimme geben möchte, die keine haben.“ Nun hat die Vogelfreundin ihre „Aufpäppelstation“ aber etwas heruntergefahren. Nicht nur, weil sie schwanger ist. „Vor allem, um sich auf langfristige Projekte zu fokussieren“, sagt die hauptberufliche Pflegeleiterin.
Ein solches Projekt ist nun: Das XXL-Taubenhaus an der Robert-Koch-Straße. Es ist Teil des „Taubenmanagementkonzepts“, das aktuell in der Stadt entwickelt wird, und sollte eigentlich schon im Mai aufgestellt werden. Doch der Zeitplan der Stadt verwunderte selbst die Ehrenamtlichen, die sich um die Tauben kümmern sollen. Nun hat es also doch ein halbes Jahr länger gedauert. Denn augenscheinlich gibt es bei dem Projekt vieles zu besprechen: „Ich bin aktuell fast täglich im Austausch mit dem Veterinäramt“, sagt Ebke. Dabei gehe es etwa um Ausnahmegenehmigungen für den Verein. Denn Tauben zu füttern, ist in Gelsenkirchen eigentlich verboten.
Neues Taubenhaus in Gelsenkirchen-City: So soll das Projekt gelingen
Dass man, bevor der Container geliefert wird, schon einmal den Zaun aufgestellt hat, mag irritieren – ist aber offenbar genauso gewollt. Denn laut Stadt braucht man für das Abladen des Containers ohnehin immer ein Fahrzeug mit Kran. „Die Fläche wurde im Vorfeld vorbereitet, damit die Anfütterung der Tauben erfolgen kann“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage.
Und genau das geschieht aktuell. „Wir locken die Tiere aus der Stadt schon einmal mit artgerechtem Futter hierhin, damit sie sich an das eingezäunte Gelände gewöhnen, sich der Schwarm dort niederlässt und merkt: Hier gibt es etwas Gutes“, schildert Anna Ebke den Plan. Dann sei es zwar noch einmal eine Herausforderung, die Tiere in den Container zu bringen. Doch wenn alles klappt, wird der Container „im Sommer gut besucht sein“, hofft sie.
Sorge, dass „Tauben-Hasser“ das neue Projekt in Gelsenkirchen torpedieren
Die Eier der dort brütenden Tauben sollen dann mit Plastikeiern ausgetauscht werden. Allerdings nicht von vornherein. „Wir brauchen auch einen Bruterfolg. So ein Projekt kann nicht erfolgreich sein, ohne eine neue Population heranzuziehen. Nur Tauben, die brüten, sind auch standorttreu“, erklärt die Vereinsvorsitzende. Den Bruterfolg haben sollen die Pflegetauben aus den „Aufpäppelstationen“ von Ebke und ihren Mistreiterinnen aus dem Förderkreis. Sie sollen als erste Tiere im Container leben und dann jene Vögel anziehen, die aktuell in der Innenstadt herumfliegen und sich von Döner-Resten und heruntergefallenen Pommes ernähren. Oder hungern müssen.
Der dadurch, von vielen Menschen als besonders eklig empfundene dünnflüssige „Hungerkot“ ist einer der Gründe, warum die Tiere nicht gerne in der Stadt gesehen werden und als „Ratten der Lüfte“ bezeichnet werden. Dass „Tauben-Hasser“ das Projekt torpedieren, ist eine große Sorge des Vereins. „Wir haben die Riesen-Sorge, dass randaliert wird und Vandalismus stattfindet“, sagt Vanessa Hares, stellvertretende Vorsitzende des Vereins.
Auch das Taubenhaus in Buer wird vom Verein weiter gepflegt
Schließlich ist der Spielplatz an der Robert-Koch-Straße ohnehin ein Ort, an dem es öfter zu Ordnungswidrigkeiten kommt. Nicht umsonst hat ihn der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) besonders im Blick. Sogar wurde der Spielplatz ausgewählt, um die neue Radartechnik zu testen, mit der die Stadt bestimmte Schwerpunktstellen künftig besser überwachen will. „Wir wollen deswegen Plakate hier anbringen, auf denen wir darüber aufklären, was wir hier machen. Vielleicht hält das den einen oder anderen ab, etwas Schlechtes zu tun“, hofft Vanessa Hares.
Im Taubenhaus Buer, wo rund 40 Brutpaare leben, sei es glücklicherweise noch nie zu großer Randale gekommen, sagt die 42-Jährige. Um das dortige Taubenhaus kümmert sich Hares bereits länger, tauscht dort die Gelege aus und macht ein Mal wöchentlich sauber, parallel zu ihrem eigentlichen Job als Pferdewirtin und ihrem Dasein als dreifacher Mutter. „Die Kinder“, sagt sie, „sind da aber voll mit drin. Wenn die in der Stadt sind, bringen sie oft eine Taube mit, der es nicht gut geht.“ Die Hoffnung: Dass es durch den Tauben-Container an der Robert-Koch-Straße bald viel weniger solcher Tauben gibt.
Verein will sich umbenennen
Da der „Förderkreis Taubenhaus Buer e.V.“ nun auch in der Altstadt aktiv ist, will er sich bald umbenennen. Der neue offizielle Name soll der Vereinsvorsitzenden Anna Ebke zufolge „Stadttauben Gelsenkirchen e.V.“ lauten.
Aktuell gibt es laut Ebke „etwa 100 Mitglieder“ im Verein, wovon zehn „so richtig mit anpacken“ und auch beim neuen Taubenhaus in der Innenstadt aktiv mitwirken werden.