Gelsenkirchen. Weil sie so beliebt ist, hat Gelsenkirchen seine Solardach-Förderung aufgestockt. Was jetzt möglich ist – und warum es den Grünen nicht reicht.

Das Geld drohte knapp zu werden, doch nun wurde der Topf für das Gelsenkirchener Photovoltaik-Förderprogramm kurzerhand wieder gefüllt: „Die Stadt Gelsenkirchen hat die Solardach-Förderung um weitere 100.000 Euro aufgestockt“, teilte Umweltdezernent Christoph Heidenreich jetzt mit. Zwar setzt die Stadt damit einen breit getragenen politischen Auftrag durch – doch den Gelsenkirchener Grünen reicht die jetzige Aufstockung noch nicht.

Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Ausschöpfung der Fördermittel hatte die Politik auf Antrag von SPD und CDU mit einer großen Mehrheit beauftragt zu prüfen, ob finanzielle Mittel aus anderen Förderprogrammen, die voraussichtlich nicht abgerufen werden, in die Solardachförderung überführt werden können. Das ist durch Umschichtung im Haushalt nun offensichtlich geglückt.

Solardach-Förderung in Gelsenkirchen: Tempo bei den Bewilligungen deutlich angezogen

Das Förderprogramm gibt es in dieser Form nur in Gelsenkirchen. Der Zuschuss beträgt gestaffelt nach Anlagenart und Größe zwischen 100 und maximal 2.000 Euro. Auch Balkonmodule und Stecker-Solar-Geräte sind förderfähig. Insgesamt wurden 157 Anträge seit Start dieses kommunalen Programms im April beantragt. Das Tempo bei den Bewilligungen ist zuletzt noch mal ordentlich angezogen: Ende Juni sprach die Stadt noch von 48 bewilligten Anträgen, mittlerweile seien bereits 118 genehmigt.

Adrianna Gorczyk, Fraktionschefin der Gelsenkirchener Grünen, will noch mehr Geld für die Photovoltaik- „Unser Antrag hat sich keineswegs erledigt, sondern sorgt für Planungssicherheit und baut den Anreiz aus.“
Adrianna Gorczyk, Fraktionschefin der Gelsenkirchener Grünen, will noch mehr Geld für die Photovoltaik- „Unser Antrag hat sich keineswegs erledigt, sondern sorgt für Planungssicherheit und baut den Anreiz aus.“ © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Fördersumme aller bisher eingegangenen Anträge beträgt nach Angaben der Stadt rund 135.000 Euro. Das sind schon 5000 Euro mehr als ursprünglich im Fördertopf waren. „Das ist eine gute Nachricht, dass die Stadt deswegen so schnell und pragmatisch Möglichkeiten gefunden hat, um Gelder in die Solardachförderung für 2022 umzuschichten, so dass in diesem Jahr hoffentlich alle Anträge gefördert werden können“, lobt Adrianna Gorczyk, Fraktionschefin der Grünen.

Gelsenkirchener Grüne fordern, den Solardach-Fördertopf auch 2023 ordentlich aufzustocken

Erst kurz vor Bekanntmachung der aufgestockten Fördermittel hatten die Grünen gefordert, die Fördersumme des Programms zu verdoppeln – was nun ja fast geschehen ist. Doch Gorczyk zufolge hat sich der Antrag ihrer Fraktion damit noch nicht erledigt.

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„Im Jahr 2022 wird durch die Umschichtung ein Fördervolumen von maximal 235.000 Euro erreicht worden sein, für 2023 fordern wir Grüne ein Budget von 260.000 Euro, also noch einmal mehr als jetzt für 2022 realisiert wird“, sagt die Grünen-Politikerin auf WAZ-Nachfrage und ergänzt: „Aktuell plant die Verwaltung allerdings nur mit einem Ansatz von 130.000 Euro für 2023 - und das obwohl sie ja schon im Sommer aus der hohen Nachfrage hätte lernen können.“

Stadt Gelsenkirchen fördert auch Schottergarten-Entsieglung mit Klimaprogramm

Der Fördertopf dient nicht nur privaten Photovoltaik-Anlagen, mit ihm werden auch andere, bislang weniger beliebte Klimaprogramme der Stadt finanziert. Möglich ist es auch, für eine Dachbegrünung oder die Entsieglung von Schottergärten sowie für den Austausch der Kohleheizungen einen Zuschuss zu bekommen.

Erst kürzlich hatte die Stadt noch mal die Werbetrommel für das Steingarten-Programm gerührt und öffentlich eine Familie aus Erle vorgestellt, die mit Geldern aus dem Programm ihren ehemaligen Schottergarten in einen begrünten Vorgarten mit bodendeckenden Pflanzen, Gräsern, Farnen, Stauden und Bäumen hergerichtet hat.

Förderprogramm für Entsiegelung in Gelsenkirchen: So sieht der ehemalige Schottergarten von Familie Franz aus Erle jetzt aus.
Förderprogramm für Entsiegelung in Gelsenkirchen: So sieht der ehemalige Schottergarten von Familie Franz aus Erle jetzt aus. © Stadt Gelsenkirchen | Stadt Gelsenkirchen

„Wir hatten festgestellt, dass der Steingarten sich nicht nur unangenehm aufheizt in den heißen Sommern, es kamen auch keine Insekten, die ja wichtige Nahrung für die heimischen Tiere sind“, wird Familie Franz in einer Pressemitteilung der Stadt zitiert. „Und so wenig Arbeit, wie man vielleicht denkt, macht ein Steingarten auch nicht.“

Und der Ausbau öffentlicher Solardächer? Grüne fordern: „Schneckentempo beenden“

Mit dem Klimaprogramm werden Privatprojekte gefördert – doch was ist mit dem Photovoltaik-Ausbau auf öffentlichen Dächern? Auch hierzu gab es zuletzt eine Diskussion, die Grünen fordern, „endlich das Schneckentempo“ beim Ausbau der bislang marginal bestückten öffentlichen Dächer in Gelsenkirchen zu beenden und Vermarktungsmöglichkeiten für Strom sicherzustellen, der über den Eigenbedarf hinaus produziert wird. Im Blick haben die Grünen bei der Vermarktung die EGP, die ELE-GEW Photovoltaik GmbH Gelsenkirchen, die zu 51 Prozent von den Stadtwerken und zu 49 Prozent von der ELE gehalten wird und „aus dem Dornröschenschlaf geweckt“ werden müsse.

Adressat für das Anliegen der Grünen ist somit Manfred Ackermann, der sowohl Geschäftsführer der ELE als auch der Stadtwerke ist und sich bei seinem Amtsantritt als „Energiewender“ präsentiert hat. Auf Nachfrage bei der ELE erklärt Unternehmenssprecher Peter Efing, konkrete Planungsgespräche zum breiten Ausbau der städtischen PV-Infrastruktur über den Eigenbedarf hinaus, gebe es zwar derzeit nicht, aber Ackermann habe für das Thema „immer ein offenes Ohr“. Es sei sinnvoll, hier mehr gezielt zu prüfen, was möglich sei. Man müsse bei all dem jedoch die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten.

Zahlen zum geförderten PV-Ausbau

Die Leistung aller bisher über das Förderprogramm beantragten Photovoltaik-Anlagen beträgt nach Angaben der Stadt etwa 1170 Kilowatt-Peak (kWp). Dies entspricht einer Kollektorfläche von rund 5.500 Quadratmetern. Die Summe der angestoßenen Investitionen beläuft sich auf rund 3,3 Millionen Euro.

Von den 157 eingegangenen Anträgen sind 29 für Stecker-PV-Geräte und 128 für „normale“ Photovoltaik Anlagen. Mit der beantragten Anlagenleistung können rund 1.000.000 kWh im Jahr generiert werden. Hieraus entsteht eine überschlägige Ersparnis von 364 Tonnen CO2 pro Jahr.