Gelsenkirchen-Scholven. Warum statt der eigentlich geplanten Seniorenwohnungen nun Reihenhäuser in Gelsenkirchen-Scholven vorgesehen sind. Und wie der Zeitplan aussieht.

Genau fünf Jahre ist es her, dass die Gemeinde St. Josef in Scholven bekanntgab, sich kleiner setzen zu wollen. Kirche und Gemeindezentrum sollten nicht nur aufgegeben werden, um Geld zu sparen, sondern auch um Platz zu schaffen für Seniorenwohnungen und eine Pflegeeinrichtung. Vier Jahre nach der Schließung des Gotteshauses zeichnet sich nun tatsächlich eine Neunutzung ab – die so manchen allerdings überraschen dürfte.

Denn das rund 7300 Quadratmeter große Grundstück wurde an die Deutsche Reihenhaus AG (DRH) verkauft, die dort Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus mit Eigentumswohnungen errichten möchte. Wie viele Eigenheime für junge Familien dort entstehen könnten, sei noch unklar, da das Bebauungsplanverfahren noch in einem sehr frühen Stadium sei, erklärte auf Nachfrage der Redaktion Unternehmenssprecher Achim Behn. „Wir müssen sehen, wie viele Einheiten die Stadt uns genehmigt.“

Investor sieht in Gelsenkirchen-Scholven keinen Bedarf für Seniorenwohnungen

1973 eingeweiht, wurde die St.-Josef-Kirche in Gelsenkirchen-Scholven Mitte 2018 geschlossen, um Geld zu sparen und Platz zu machen für den Bau von Seniorenwohnungen.
1973 eingeweiht, wurde die St.-Josef-Kirche in Gelsenkirchen-Scholven Mitte 2018 geschlossen, um Geld zu sparen und Platz zu machen für den Bau von Seniorenwohnungen. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Was jedoch feststeht: Seniorenwohnungen werden dort nicht realisiert. „Laut Standortanalyse gibt es dort keine Nachfrage nach dieser Wohnform“, so die offizielle Begründung. Dabei hatte der langjährige damalige Gemeindeleiter Diakon Axel Büttner im August 2017 noch akuten Handlungsbedarf bei Wohnangeboten für Senioren gesehen: „Bislang müssen alte und demente Menschen Scholven verlassen, wenn sie nicht mehr alleine wohnen können.“

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Und auch die Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GGW) war 2019/20 zu einem anderen Schluss gekommen als die Deutsche Reihenhaus: Sie hatte sich Anfang 2020 um den Erwerb des Geländes im Herzen des Stadtteils beworben, um dort drei Mehrfamilienhäuser mit 80 barrierefreien Seniorenwohnungen und eine Kita zu bauen. „Wir kamen dann aber mit unserem Angebot nicht zum Zuge, weil die Pfarrei St. Urbanus sich für den Mitbewerber entschieden hat“, erklärte Joachim Bracke, kaufmännischer GGW-Prokurist, auf Nachfrage.

Gelsenkirchener Pfarrei: Junge Familien ebenso wichtig wie Senioren

Die Gründe dafür erläutert Pfarrei-Sprecher Ludger Klingeberg so: „Die Immobilien-AG hatte bei ihren Beratungen den Wunsch der Gemeinde St. Josef, das Areal für den Bau von seniorengerechten Wohnungen zu nutzen, mit im Blick. Sie hat sich intensiv mit den Angeboten auseinandergesetzt und sich letztlich aus verschiedenen Gründen doch für ein anderes Konzept (als das der GGW, d. Red.) entschieden.“

Die Deutsche Reihenhaus wolle auf dem Areal attraktiven Wohnraum für junge Familien realisieren, „was aus Sicht der Pfarrei sicher ebenso wichtig ist wie seniorengerechte Wohnungen“, so Klingeberg weiter. Zudem habe sich nach intensiver Prüfung ergeben, dass das DRH-Angebot „am besten geeignet war, die wirtschaftliche Zukunftssicherung der Pfarrei zu unterstützen.“ So habe auch die Verantwortung dafür zu der Entscheidung beigetragen, der DRH den Zuschlag zu geben. [Lesen Sie auch:Diese Reihenhäuser sollen im Gelsenkirchener Norden entstehen]

Nachdem die DRH das Areal gekauft hat, plant das Kölner Unternehmen 4900 Quadratmeter für Reihenhäuser, 870 Quadratmeter für das Mehrfamilienhaus und 1500 Quadratmeter für eine neue Kita ein. „Je nachdem, was die Stadt Gelsenkirchen im Bebauungsplanverfahren vorgeben wird, könnten am Ende etwa 19 Eigenheime und zehn Eigentumswohnungen in einem mehrstöckigen Gebäude entstehen“, so Behn. Möglich sei auch die Vorgabe, einen bestimmten Anteil an Sozialwohnungen zu bauen.

Deutsche Reihenhaus: Turm in Gelsenkirchen-Scholven kann nicht erhalten werden

Der Turm der nicht denkmalgeschützten St.-Josef-Kirche, bedauert der Sprecher, könne leider nicht erhalten werden. Ein Verbleib „würde viel zu große Abstandsflächen auslösen. Damit wäre die Fläche kaum noch bebaubar.“ Die GGW hatte in ihrem Konzept 2020 den Turm als „Identifikations- und Orientierungspunkt im Quartier“ erhalten wollen.

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Wie lange es noch dauern könnte, bis tatsächlich die Abrissbagger anrücken und das 1973 eingeweihte Gotteshaus niederlegen, ist noch unklar. Denn bis der Rat den entscheidenden Satzungsbeschluss fällt, könnten noch zwei, drei Jahre vergehen, so Stadt-Sprecher Jan Totzek auf Nachfrage. Aktuell würden verschiedene Fachgutachten erstellt, deren Ergebnisse wiederum Auswirkungen auf geplante Festsetzungen des Bebauungsplans haben könnten.

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Jedoch sei noch in diesem Jahr die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Träger und Behörden öffentlicher Belange angepeilt.

Deutsche Reihenhaus plant weiteren Wohnpark im Schaffrath

Die Deutsche Reihenhaus AG mit Sitz in Köln plant, auch an andere Stelle in Gelsenkirchen Reihenhäuser für junge Familien zu errichten: Im Beckhausener Ortsteil Schaffrath sind 24 Eigenheime auf dem Gelände der Heilig-Geist-Kirche vorgesehen.

Wie im Falle von St. Josef in Scholven, ist auch dort noch kein Planungsrecht geschaffen. Ende September steht aber der Aufstellungsbeschluss auf der Tagesordnung des Rates. Wenn alles glatt geht, könnte 2024 mit dem Bau der Reihenhäuser begonnen werden.