Gelsenkirchen. Maximal individualisiert fördern wollen die Leiterinnen der neuen Grundschule Ebersteinstraße in Gelsenkirchen die Kinder. Wie das gelingen soll.
Cornelia Franz (37) ist vor zehn Monaten zum zweiten Mal Mutter geworden. Und ab Donnerstag, 11. August, hat sie noch sehr viel mehr Kinder: 104 Erstklässler der Grundschule Ebersteinstraße, die die Pädagogin (aus rein formalen Gründen) noch kommissarisch leitet. Auf die neue Aufgabe hat sie sich gemeinsam mit ihrer Konrektorin Anna Hoffacker – ebenfalls zweifache junge Mutter und noch in Elternteilzeit – schon das ganze vergangene Jahr vorbereitet. Beide haben nicht nur in der Projektgruppe das „Klassenzimmer der Zukunft“ mit entworfen und so für die perfekte Ausstattung gesorgt, sondern auch das pädagogische Konzept gemeinsam vorbereitet.
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Jahrgangsübergreifendes Lernen geplant – wenn die Eltern zustimmen
Den Aufbau der neuen Schule hat das Team so weit vorbereitet, wie es bei ihrem Ziel – maximal individualisierte Förderung – möglich ist. Soll sagen: Zu viel wollten beide im Vorfeld nicht festlegen. Beide möchten auf jahrgangsübergreifendes Lernen setzen, zumal die räumlichen Voraussetzungen dafür in ihrer neuen Schule mit den Differenzierungsmöglichkeiten und Übergängen ideal sind. Umgesetzt werden kann das aber nur, wenn die Schulkonferenz dem zustimmt.
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„Wir kennen uns aus der Arbeit im Schulamt, wo wir beide seit langem zu den Themen Deutsch als Zweitsprache (DAZ) und Internationale Förderklassen beraten“, erklärt Franz, wie man zueinanderfand. „Die Schulaufsicht hat uns wirklich sehr unterstützt in der Vorbereitung. Auch angesichts der Tatsache, dass wir beide in Teilzeit arbeiten, der noch sehr kleinen Kinder wegen. Das zeigt wirklich, dass Leitungsfunktionen und Familie durchaus vereinbar sind“, freut sich Cornelia Franz.
Großes Elterninteresse am Einführungsabend
Besonders gefreut haben sich die beiden Pädagoginnen über das große Interesse der Eltern am Einführungsabend im Consol-Theater. „Alle 148 Plätze im Theater waren besetzt und viele Eltern haben hinterher gesagt, dass sie sehr froh seien, ihr Kind hier angemeldet zu haben.“ Die Ebersteinschule ist eine „Offene Ganztagsschule“, angegliedert ist ein Projekt, das Eltern und Nachbarschaft einbinden möchte. Annika Berger, eigentlich eine ausgebildete Philosophie- und Französisch-Lehrerin für die Sekundarstufen I und II, also auch gymnasiale Oberstufen, leitet den Bereich, unterstützt von pädagogischen Fachkräften. Erfahrung hat sie dafür bereits im Familienzentrum an der Regenbogenschule gesammelt.
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Ohnehin kennen sich bis auf zwei abgeordnete Lehrkräfte aus dem Münsterland alle Pädagogen in der neuen Schule gut aus in Gelsenkirchen. Cornelia Franz arbeitete an der Friedrich-Grillo-Grundschule, Anna Hoffacker kommt von der Kurt-Schumacher-Straße, wo sie ebenfalls als Konrektorin fungierte. Vier Klassenleitungen, plus eine Sonderpädagogin mit zehn Wochenstunden, plus zwei weitere Lehrkräfte, zwei Mitarbeiter im multiprofessionellen Team sowie die beiden Leiterinnen und die Projektleiterin gehören zum Startteam in Bismarck. Es ist ein junges Team, das hier beginnt: Das älteste Mitglied ist gerade mal 40 Jahre. Es gibt für jede Klasse eine eigene Leitung, Franz und Hoffacker übernehmen (zunächst) keine Klasse. Eine komfortable Situation, über die sich bei weitem nicht jede Grundschule in der Stadt freuen kann.
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Für den modernen Sachkundeunterricht hat die Schulleitung einen gut bestückten Handwerkskasten anschaffen lassen. Das Werkzeug-Set für den naturwissenschaftlich-technischen Bereich mit Materialien für den Unterricht ist einem niederländischen Unterrichtsmodell entlehnt. „Das bietet unendlich viele Möglichkeiten, auch für Experimente“ schwärmt Franz. Altersgerechtes Handwerkszeug, ein Musik-Set, eine bewegliche Bühne, von Kindern selbstaufbaubare Theaterkulissen, Kindernähmaschinen – das sind wirklich gute Arbeitsbedingungen“, schwärmt Franz.
Politische Grundbildung für Grundschüler als wichtiges Anliegen
Zahl der Schulanfänger weiter gestiegen
Nach nur 14 Monaten Bauzeit und Baukosten im Planungsrahmen von 21,9 Millionen Euro hat die Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft den Bau der vierzügigen Grundschule im Stadtteil Bismarck an der Grenze zu Schalke fertiggestellt.
Es ist der erste städtische Schul-Neubau seit 41 Jahren. Drei weitere Grundschulen sollen folgen. Die Zahl der Schulanfänger ist in diesem Jahr erneut gestiegen auf aktuell 2761, das sind 163 mehr als im Vorjahr.
Auch wer motorische Defizite hat, soll hier besondere Förderung bekommen können: Im sozialpädagogischen Fachraum der Schule stehen entsprechende Hilfsmittel wie Motorikwürfel parat. Besonders am Herzen liegt dem Leitungsteam eine politische Grundbildung. Die Schülerinnen und Schüler sollen beim Aufbau der Schule mit eingebunden, ein Schulparlament installiert werden.