Gelsenkirchen. Freie Plätze für Schwimmlernkurse sind in Gelsenkirchen rar. Warum neben Corona und Zentralbad-Abriss noch ein weiterer Faktor entscheidend ist.

Ein Problem, das die Geduld von Gelsenkirchens Familien auf die Probe stellt: Freie Plätze in Schwimmlernkursen sind rar, dabei ist sicheres Schwimmen doch überlebenswichtig. Egal ob im Norden, Osten, Süden oder Westen der Stadt – die Wartezeit auf eine Teilnahme zieht sich teilweise über Monate. Die Corona-Pandemie hat die Situation noch einmal verschärft, doch das Problem war vorher schon immens, wie von Schwimmschulen immer wieder zu hören ist. Mit dem Abriss des Zentralbads kommt ein weiteres hinzu: Es fehlt an räumlichen Möglichkeiten. Und noch ein Faktor ist entscheidend: der Personalmangel.

Schwimmkurs Gelsenkirchen: Freie Plätze für Kinder sind teils verzweifelt gesucht

„Die Nachfrage nach Schwimmkursen ist genauso hoch wie bereits im vergangenen Jahr. Vor allem unsere Kurse für Kinder ab fünf Jahren sind sehr gefragt“, berichtet Stefanie Hoffmann, Sprecherin der Stadtwerke, die unter anderen das Sportparadies betreiben. Die Wartezeit auf einen freien Platz könne dauern – bis zu einem Jahr. Ein Grund: Die Kurse im Sportparadies bauen aufeinander auf, sind so regelmäßig ausgelastet.

Sicher schwimmen zu können, ist für Kinder überlebenswichtig. Das Abzeichen „Seepferdchen“ zu erlangen ist ein erster wichtiger Schritt. Doch die Plätze in Schwimmlernkursen in Gelsenkirchen sind rar.
Sicher schwimmen zu können, ist für Kinder überlebenswichtig. Das Abzeichen „Seepferdchen“ zu erlangen ist ein erster wichtiger Schritt. Doch die Plätze in Schwimmlernkursen in Gelsenkirchen sind rar. © picture alliance/dpa | Nicolas Armer

Die Idee, das reguläre Kurs-Programm aktuell weiter auszubauen, um noch mehr Kinder aufzunehmen, ist keine Option: „Da wir aufgrund der Schließung des Zentralbades und der damit einhergehenden Kompensation des Schul- und Vereinsschwimmens am Standort Sport-Paradies nur ein beschränktes Angebot an Wasserflächen zur Verfügung haben“, erklärt Stefanie Hoffmann. Zusätzlich ins Angebot aufgenommen wurden allerdings die Crash-Kurse in den Ferien.

Auch mit Blick in die Zukunft kann Stefanie Hoffmann keine Hoffnung auf mehr Plätze machen: „Es gibt noch keine konkreten Pläne, da in der jetzigen Situation die eingeschränkte Situation im Hinblick auf die Wasserflächen zu berücksichtigen ist“, sagt sie. Das Schwimmkurs-Programm werde aber „natürlich weiterhin bestehen bleiben“.

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Lange Wartezeiten, volle Wartelisten – was sagen Eltern? Via Facebook haben wir sie gefragt. Und erfahren: Die Erfahrungen der Eltern sind ganz unterschiedlich. So berichtet etwa Nadine Weisbecker: „Zwei Jahre auf sämtlichen Wartelisten. Dann einen Kurs mit zehn Einheiten bekommen, aber keinen Platz im Anschlusskurs, also wieder von vorne anfangen. Dann noch mal alle angeschrieben und zufällig auf einen frei gewordenen Platz gestoßen. Dort sind wir jetzt mega happy.“

Platz für den Schwimmkurs: Das sind die Erfahrungen von Gelsenkirchener Eltern

Steffi Faber hat Ähnliches erlebt: „Wir haben unseren Sohn in sämtlichen Schwimmschulen angemeldet. Nach über einem Jahr Wartezeit hatten wir endlich einen Platz. Allerdings nicht in Gelsenkirchen, sondern in Herne“. Britta Kraschovitz etwa schreibt: „Wir hatten Glück und haben durch Zufall einen Platz in einem Schwimmkurs für unseren Sohn bekommen. Einziges Manko: Beginn 19.45 Uhr.“ Und Deniz Yigit: „Wir warten immer noch seit Januar 2021.“

Weniger glücklich am Anfang, dann zum Ende aber gut lief es für Anita Kaesewinkel: „Wir haben für unsere Tochter gar keinen Platz bekommen. Wir haben uns dann privat gekümmert. Dank Schwimmunterricht in der dritten Klasse hat sie jetzt sogar Bronze und bewegt sich sicher im Wasser.“

Für Kath Rin gab es keine Probleme: „Ohne Warterei ganz flott… Dafür macht man halt mal Abstriche bei der Auswahl des Wochentages oder der Uhrzeit.“ Jennifer Bohlen, nach eigenen Angaben stand der Name ihrer Tochter drei Jahre lang bei der DLRG auf der Warteliste, hatte ebenfalls Glück: Sie kamen schnell an einen Platz. „Man muss sich halt nur bemühen“, schreibt sie.

Freie Plätze in Schwimmkursen: Es fehlt in Gelsenkirchen an Trainerinnen und Trainern

„Ich gehe davon aus, dass sich die Situation nicht wesentlich verbessert hat“, gibt Tanja Eigenrauch, Leiterin des Bereichs Sport- und Vereinsentwicklung bei Gelsensport, auf Nachfrage der Redaktion Auskunft. Bedarf und Notwendigkeit seien weiterhin unheimlich hoch. Im vergangenen Jahr hatte Gelsensport gemeinsam mit der Stadt, der DLRG und den Stadtwerken Intensivschwimmkurse angeboten – sie seien ein voller Erfolg gewesen. Auch in diesem Jahr gibt es sie in den Sommerferien, die Verantwortlichen seien auf der Suche nach Teilnehmern unmittelbar auf die Schulen zugegangen. Die Wahl des direkten Weges, ohne öffentliche Ankündigung, diese Tatsache hat ihren Grund: „Wir könnten uns vor Anfragen sonst nicht mehr retten“, ist Tanja Eigenrauch überzeugt.

Egal, wo in Gelsenkirchen – die Wartezeit auf eine Teilnahme zieht sich teilweise über Monate. Aber wer flexibel ist, der hat bessere Karten für einen Schwimmkurs.
Egal, wo in Gelsenkirchen – die Wartezeit auf eine Teilnahme zieht sich teilweise über Monate. Aber wer flexibel ist, der hat bessere Karten für einen Schwimmkurs. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Corona-Pandemie, Zentralbad-Abriss – es fehlt noch ein weiterer limitierender Faktor, der das Angebot der Schwimmlernkurse beeinflusst: die fehlenden Trainerinnen und Trainer, Übungsleiterinnen und Übungsleiter. „Selbst wenn wir ausreichend Badezeiten zur Verfügung hätten, könnten wir das gar nicht so umsetzen, da uns einfach die Leute fehlen“, berichtet Tanja Eigenrauch.

Schwimmkurse in Gelsenkirchen: „Je flexibler man ist, desto schneller kann man einen Platz bekommen“

„Wir hatten noch nie so viele Anfragen wie in diesem Jahr“, berichtet auch Maja van Megern. Sie betreibt die Schwimmschule Bulliplatsch in Buer und auch sie sagt: „Wir suchen händeringend nach Fachpersonal“. Durch ein Kurssystem können Maja van Megern und ihr Team „grob jeden Monat neue Plätze vergeben, auch wenn es manchmal nur eine Handvoll ist“. Die Schwimmschulinhaberin gibt einen Tipp: „Je flexibler man ist, desto schneller kann man aber einen Platz bekommen“. Ihr Angebot habe sie ausgebaut, zehn Kurse mehr pro Woche bietet sie nun an. „Das ist leider immer noch zu wenig für die ganzen Anfragen.“

Eine hohe Nachfrage spüren sie auch beim Gesundheitszentrum Come back Prävention nach wie vor, wenn auch nicht in der Intensität wie nach den Corona-Lockdowns: „Der Bedarf ist immer noch sehr groß“, sagt Dominique Brée, Leiter der Abteilung Kinderschwimmen. An der Husemannstraße hätten sie seit Anfang 2022 alle Kinder unterbekommen. Auch, weil das System umgestellt wurde, die Kurse dauern nun zehn Wochen. In Sachen Anmeldung komme es darauf an, wann sich jemand melde, so Brée. Die längste Wartezeit betrage zehn Wochen – „das ist das Gute an den Kinderkursen, die meisten Kinder scheiden nach den zehn Wochen aus.“ So würden immer wieder Plätze frei.