Gelsenkirchen-Horst. Warum das beliebte Gelsenkirchener Mittelalter-Fest rund um das Schloss Horst in 2022 ausfällt. Und wie das Festival in Zukunft aussehen könnte.

Nicht endende Zeitreisen: Das mag der Stoff von Romanen und Filmen sein. Die Wirklichkeit, sie sieht anders aus, wie das Beispiel des Mittelalter-Fests Gaudium rund um Schloss Horst zeigt: Die bei Tausenden Besuchenden äußerst beliebte Begegnung mit turnierbegeisterten Rittern, Feuerschluckern und osmanischen Tänzern fand seit 2010 alle zwei Jahre statt, bis Corona 2020 die sechste Auflage verhinderte. Und 2022? Schlägt die Realität zu, nicht die Kämpfer im Kettenhemd.

„In diesem Jahr fällt das Gaudium aus“, bedauert Schloss-Horst-Leiter Hans-Joachim Siebel. Hintergrund sei nicht nur die Unsicherheit im vergangenen Jahr gewesen, ob die Corona-Situation das planungs- und kostenintensive Spektakel überhaupt erlauben würde. Hauptgrund sei vielmehr die fehlende Finanzierung.

Warum die Bürgerstiftung Gelsenkirchen als Financier des Festivals ausgestiegen ist

So authentisch wie möglich kam das Gelsenkirchener Mittelalter-Fest Gaudium rund um Schloss Horst daher.
So authentisch wie möglich kam das Gelsenkirchener Mittelalter-Fest Gaudium rund um Schloss Horst daher. © FFS | Michael Korte

„Bislang hat die Bürgerstiftung Gelsenkirchen das Gaudium mit einer fünfstelligen Summe getragen. Nun ist diese aus der Finanzierung ausgestiegen, was mit der Qualität der Veranstaltung ausdrücklich nichts zu tun hat. Fakt ist aber, dass in der Kürze der Zeit weder Organisation noch Mittelbeschaffung möglich waren, um das Mittelalterfest 2022 doch noch stattfinden zu lassen“, so Siebel.

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Die Bürgerstiftung selbst begründet ihren Ausstieg damit, „dass wir das Gaudium sehr, sehr gerne unterstützt haben. Aber wir verstehen uns grundsätzlich eher als Anschubfinanzierung. Wir setzen Impulse, damit solche Projekte nach einer gewissen Zeit selbst laufen lernen“, erklärt Claudia Keuchel vom Vorstand der Bürgerstiftung auf Nachfrage der Redaktion. Eine Dauerförderung sei nicht möglich. Wie lange ein Projekt unterstützt wird, sei eine Einzelfall-Entscheidung, die der Vorstand treffe.

Warum der Schloss-Horst-Leiter Siebel für 2023 vorsichtig optimistisch ist

Auch wenn die Zeitreise ins Horster Mittelalter für 2022 abgesagt ist: Für 2023 ist Siebel vorsichtig optimistisch. „Wir überlegen, das Gaudium auf andere Füße zu stellen, sowohl inhaltlich als auch finanziell und personell“, deutet er an, sich derzeit intensiv um eine Lösung für nächstes Jahr zu bemühen.

Museum im Schloss Horst ist nicht nur beim Gaudium geöffnet

Eintritt frei: Dies galt nicht nur für das mehrtägige Mittelalter-Fest Gaudium, sondern auch für das Erlebnis-Museum „Leben und Arbeiten in der Renaissance“ im Schloss Horst. Dieses zeigt in bald drei Abteilungen auf verschiedenen Ebenen den Alltag von Handwerkern auf der damaligen Schlossbaustelle im 16. Jahrhundert und veranschaulicht die adlige Lebens- und Geisteswelt des Bauherrn Rutger von der Horst.

Der neueste und letzte Ausstellungsbereich zu Tisch-, Tanzsitten und zur künstlerischen Wand-Gestaltung von Renaissance-Räumen soll im Herbst dieses Jahres eröffnet werden. Bislang war zum Museumstag nur eine Vorbesichtigung möglich. Regulär kostet der Eintritt der sehenswerten Räume drei Euro, für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren ist die Besichtigung frei.

Ein Problem sei etwa auch die Anstellung von Honorarkräften, die mittlerweile nicht mehr so ohne weiteres möglich sei. Wie berichtet, steht wegen einer sehr engen Auslegung dieser Verträge durch die Deutsche Rentenversicherung und eine entsprechende Rechtsprechung schnell der Verdacht einer Scheinselbstständigkeit im Raum. Die Folge könnten hohe Nachzahlungen der Stadt an die Rentenversicherung sein.

Wie ein Gaudium 2.0 in Gelsenkirchen-Horst in Zukunft aussehen könnte

Bislang hatte Wolf R. Hoffmann, bis 2021 Vorsitzender des Fördervereins Schloss Horst und verantwortlich für die Museumspädagogik, das zweitägige Festival mit Feldlager, Ritterspielen, Mitmachangeboten und Bühnenprogramm im Auftrag der Stadt federführend geplant, organisiert und u.a. mit Hilfe von Honorarkräften durchgeführt. Der Eintritt war immer frei.

Wie ein Gaudium 2.0 aussehen könnte, mochte Siebel mit Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen noch nicht sagen. „Schließlich stehen wir da ganz am Anfang.“ Nach WAZ-Informationen wird aber eine kommerzielle Ausrichtung in Erwägung gezogen, sprich: die Finanzierung über Eintrittsgelder, wie sie bei großen Mittelalterfesten etwa in Dortmund oder Solingen üblich ist.