Gelsenkirchen. Nach einem Gerichtsurteil sind die Abwassergebühren in NRW zu hoch. Welche Folgen das Urteil für Gelsenkirchener Bürger hat. Das rät ein Anwalt.

Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes sind die Abwassergebühren in Nordrhein-Westfalen über Jahre auf Basis einer falschen Grundlage berechnet worden. Für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen hat das Urteil Folgen in Millionen-Höhe. Was das Urteil für Eigentümer und Mieter bedeutet, erklärt Rechtsanwalt Arndt Kempgens. Nun ist klar, wie die Stadt Gelsenkirchen darauf reagieren will.

Das Urteil ist nach Angaben des Gelsenkirchener Rechtsanwaltes insbesondere für Grundstückseigentümer von großer Bedeutung, denn sie erhalten grundsätzlich die Gebührenbescheide und nur sie können gegen solche Bescheide dann auch Rechtsmittel einlegen. Die Mieter sind indirekt involviert.

Abwassergebühren Gelsenkirchen: So holen Vermietende zu viel gezahltes Geld zurück

Zunächst einmal: Grundstückseigentümer können innerhalb eines Monats nach Eingang des Bescheides Widerspruch einlegen. Nach Einschätzung von Arndt Kempgens ist es von Vorteil, wenn bereits vor dem Urteil gegen den letzten Bescheid Widerspruch eingelegt worden sei, weil man so „direkt vom Urteil des Oberverwaltungsgerichtes profitiert“. Der Rechtsanwalt geht davon aus, dass die Gebührenberechnung verwaltungsseitig durchgängig auf Basis einer fehlerhaften Grundlage durchgeführt worden sei. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass „die Stadt jetzt nachrechnen und einen neuen, günstigeren Bescheid erlassen muss“.

Wer erst kürzlich einen solchen Gebührenbescheid erhalten hat – die Zustellung also vor maximal einem Monat erfolgte – dem rät der Rechtsanwalt, „sofort Widerspruch bei der Behörde zu erheben. Er wird dann auch von dem Urteil profitieren und eine Neuberechnung bekommen“.

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Schwieriger ist die Situation, wenn die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen ist. Aber auch da gibt es durchaus noch Hoffnung. „Auch die Rücknahme eines – eigentlich – bereits unanfechtbaren Bescheides ist rechtlich möglich“, erklärt Kempgens und verweist dabei auf den Paragrafen 130 der Abgabenordnung (AO), der das vorsieht. Der Anwalt rät daher Betroffenen, mit Verweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes NRW „Widerspruch wegen offensichtlicher Falschberechnung einzulegen und die Rücknahme des Bescheides sowie eine Rückforderung zu viel bezahlter Gebühren zu verlangen“.

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Gelsenkirchener Anwalt sieht gute Chancen für Rückzahlungen oder Gutschriften

Hohe Abwassergebühren sind für viele Bürger ärgerlich. Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht NRW in einem Urteil festgestellt, dass die Abwassergebühren falsch berechnet worden sind – und das über Jahre. Städte müssen nun Neuberechnungen starten, auch Gelsenkirchen.
Hohe Abwassergebühren sind für viele Bürger ärgerlich. Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht NRW in einem Urteil festgestellt, dass die Abwassergebühren falsch berechnet worden sind – und das über Jahre. Städte müssen nun Neuberechnungen starten, auch Gelsenkirchen. © WR | Büdenbender, Martin

Offen ist aber dabei, wie die Behörden reagieren werden. „Ich könnte mir vorstellen, dass Gemeinden und Städte freiwillig zu viel erhobene Abwassergebühren zurückzahlen oder für die nächste Berechnung eine Gutschrift erteilen“, so Arndt Kempgens. Es könne allerdings auch sein, dass Behörden sich auf den verspäteten Widerspruch beriefen und eine Neuberechnung ablehnten.

Dagegen ist nach Ansicht des Gelsenkirchener Rechtsanwaltes eine Klage möglich. „Verwaltungsgerichte können nämlich trotzdem eine Rückzahlung anordnen, wenn die Nichtrückzahlung aus Sicht des Gerichts ein Verstoß gegen Treu und Glauben“, also rechtsmissbräuchlich wäre.

So können auch Gelsenkirchener Mieter vom Urteil des Verwaltungsgerichtes profitieren

Aber auch die Mieter sind gefordert: Sie sollten auf Anraten Arndt Kempgens ihre(n) Vermieter(in) schnellstmöglich anschreiben und auf die Problematik und das Urteil hinweisen. Wenn nämlich der aktuelle Gebührenbescheid für das eigene Wohnhaus aktuell noch nicht bestandskräftig sei, das heißt, die Widerspruchsfrist ist noch nicht abgelaufen, „dann haben Mieter einen Anspruch darauf, dass Vermietende sich darum kümmern und Widerspruch einlegen. Macht das der Eigentümer oder die Eigentümerin nicht, so haben Mieter einen Schadenersatzanspruch in Höhe der nach dem neuen Urteil möglichen Einsparung“.