Gelsenkirchen. Die drei Gelsenkirchener Berufskollegs sollen jetzt kostenaufwendig saniert werden. Warum das trotzdem nur eine Zwischenlösung sein kann.
Seit Jahren warten die drei Berufskollegs in Gelsenkirchen auf die längst versprochene und auch von der Politik beschlossene Sanierung ihrer zum Teil extrem maroden Unterrichtsgebäude. Erste Arbeiten hat es an der Königstraße und auch am Goldberg zwar bereits gegeben, aber von zeitgemäßen, gut ausgestatteten Schulgebäuden kann noch immer kaum die Rede sein. Und das wird im Großen und Ganzen auch zunächst wohl so bleiben. Der Sanierungsumfang am Berufskolleg Gestaltung und Technik (BTG) soll gemäß der Verwaltungsvorlage reduziert werden, Gleiches gilt für das Berufskolleg Königstraße. Und auch am Goldberg wird es keine Kernsanierung in den asbestbelasteten Bereichen geben, sondern eine kostengünstigere, aber sichere Abdeckung der potenziell ausdünstenden Bodenbeläge. Zum Thema: Nachhilfe rund um die Berufskollegs
Restlaufzeit nach Sanierung etwa zehn Jahre
Hauptgründe dafür sind zum einen die allgemein in den Jahren zwischen Beschluss und tatsächlichem Baubeginn gestiegenen Baukosten, zum anderen die Restlaufzeit der Gebäude. Die Frage von AfD-Sprecher und Berufskolleg-Lehrer Jan Preuß im Bildungsausschuss nach der erwarteten Restlaufzeit des Gebäudes am Goldberg beantwortete die Verwaltung mit „etwa zehn Jahre“.
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Tatsächlich entspricht dies den Einschätzungen der Berufskollegsleiter für ihre jeweiligen Bauten. Uwe Krakau (53), Leiter des Berufskollegs Gestaltung und Technik, erkennt die Begründung der nun zurückgefahrenen Sanierungspläne für seine Schule durchaus an. Die bereits 2015 vorgeschlagene und für 2017 als abgeschlossen avisierte Sanierung der Fenster, für die mittlerweile nur eine komplette Erneuerung realistisch wäre, würde ebenso Unsummen verschlingen wie die geplante Sanierung des Daches und die ursprünglich versprochene und nun gestrichene Lüftungsanlage für die Aula.
Marode Toilettenanlagen kein Einzelfall in Schulen
Ein weiterer Grund für Krakaus Zustimmung zur reduzierten Sanierung: Dadurch kann die Digitalausstattung schneller vorangetrieben werden, als wenn auf eine Kernsanierung im großen Stil gewartet werden müsste. Auch die technische Umrüstung für moderne Ausbildungsbestandteile etwa zur Wasserstofftechnik, die ortsansässige Unternehmen wie Uniper, Zinq oder Pilkington für ihre Auszubildenden am BTG dringend benötigten, könnte so schneller umgesetzt werden.
Ausbau des naturwissenschaftlichen Trakts soll endlich starten
An der Königstraße soll nun endlich der Ausbau der naturwissenschaftlichen Fachräume im hinteren Gebäudetrakt starten. Im Juni 2016 hieß es in der Verwaltungsvorlage zur Sanierung des Traktes: „Mit der Maßnahme soll in 2016 schnellstmöglich begonnen werden, damit sie im Sommer 2018 abgeschlossen werden kann.“ Im Sommer 2022 nun soll laut der am Mittwoch in der Bezirksvertretung vorgestellten Vorlage die Kernsanierung des Gebäudes beginnen. Die 16 Klassenräume sind im kommenden Schuljahr daher nicht nutzbar, rund 300 Schülerinnen und Schüler müssen in der Zeit zusätzlich an der Augustastraße unterrichtet werden. 2350 Schülerinnen und Schüler besuchen insgesamt das Kolleg, inklusive Augustastraße. Von zeitgemäßen Schulräumen kann hier kaum die Rede sein.
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Zeitgemäße Lösungen für die gesamte Schule als Ziel
Trotzdem ist Schulleiter Gorden Skorzik froh, wenn es im Sommer dann endlich wirklich losgeht. „Der gesamte Trakt ist ja auch im Gegensatz zum sonstigen Gebäude noch nicht mit Digitaltechnik ausgestattet. In den anderen vier Gebäudeteilen hat das zum Glück ja gerade noch vor Beginn der Pandemie geklappt.“ Nach der Sanierung werden nicht nur naturwissenschaftliche, sondern auch Küchenräume modern ausgestattet sein; für die Kochausbildung ebenfalls ein wichtiger Faktor. Wichtig wäre aus Skorziks Sicht aber auch, zeitgemäße Lösungen für die gesamte Schule zu schaffen.
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Die von Oberbürgermeisterin Karin Welge vorgeschlagene Idee des Bildungscampus, auf dem alle Berufskollegs in direkter Nachbarschaft in zeitgemäßen Schulneubauten untergebracht sind, befürworten Krakau, Skorzik und auch Ralf Niebisch, Leiter des Berufskollegs am Goldberg, gleichermaßen. „Gerade im Bereich der Ausbildungsvorbereitung könnte das sehr hilfreich sein. Wir könnten ein Drehtürmodell anbieten, bei dem Schüler in der Berufsvorbereitung sich niederschwellig umorientieren könnten, wenn sie bemerken, dass das Kaufmännische oder auch das Technische doch nicht das Richtige für sie ist. Auch die Schulsozialarbeit könnte von einer Kooperation profitieren“, schwärmt Krakau. Zum Thema: Was die neue Oberbürgermeisterin beim Thema Bildung plant
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Ralf Niebisch hat an seinem Berufskolleg bereits eine Asbestsanierung hinter sich, die nächste steht nun an, allerdings keine Kernsanierung oder gar zeitgemäße Modernisierung. „Ich verstehe, dass mancher zweifelt, warum bei uns etwa drei Millionen Euro investiert werden, wenn zugleich nur von einer Restlaufzeit von wenigen Jahren die Rede ist. Aber es geht einfach nicht anders. Wir können nicht bei laufendem Betrieb langfristig auf die Räume verzichten, müssen aber für Sicherheit sorgen. Und bei der aktuellen Transformation der Berufswelt und dem steigenden Fachkräftemangel ist es wichtig, in Gelsenkirchen zeitgemäße, gute berufliche Ausbildungssituationen zu schaffen,“ erklärt Niebisch. Abgesehen vom Fachkräftemangel sei man in Gelsenkirchen auch bereit, pädagogisch fordernden Schülern eine erfolgreiche Berufsausbildung zu ermöglichen. Und gerade das brauche zeitgemäße Konzepte und Lernsituationen. Lesen Sie dazu auch: Berufskolleg arbeitet mit Sozialwerk St. Georg zusammen