Gelsenkirchen. Das marode Südstadion soll schon lange saniert werden. Passiert ist nichts. Warum große Einigkeit darüber herrscht, dass die Stadt versagt.
- Das marode Gelsenkirchener Südstadion soll schon lange saniert werden. Warum hier weiterhin nichts passiert, sollte die Stadt in der Bezirksvertretung Süd beantworten.
- Doch die Antworten waren so mau, dass es quer durch die politischen Fraktionen große Unzufriedenheit gab. Die Grünen etwa sprechen von einem „Armutszeugnis für Gelsenkirchen“.
- Dezernent Luidger Wolterhoff reagierte auf die Kritik und verspricht nun, sich für eine bessere Kommunikation mit den betroffenen Vereinen ETuS und SGE stark zu machen.
Wenn die Grünen von einem „Armutszeugnis für Gelsenkirchen“ sprechen. Wenn die CDU meint, dass man „nicht medienwirksamer demonstrieren“ kann, wie untätig man gewesen ist. Und wenn auch Bezirksbürgermeister Michael Thomas Fath (SPD) stellenweise nur noch mit dem Kopf schütteln kann, dann muss man feststellen: Selten ist sich die Politik so einig, dass bei der Verwaltung etwas enorm schief läuft. Es geht um das völlig heruntergekommene Südstadion in Ückendorf, dessen ausstehende Sanierung sich für die Stadt immer mehr zu einer großen Blamage entwickelt.
Leere Versprechen: Stadt machte Zusagen - passiert ist am Südstadion nichts
Die Vorgeschichte: 2019 wurden die Kicker vom ETuS erstmals von Gelsensport und der Wirtschaftsförderung gefragt, ob sie nicht von der Dessauerstraße zur SG Eintracht (SGE) ins Südstadion ziehen wollen. Hintergründe waren unter anderem Investorenanfragen für den Sportplatz an der Dessauerstraße (Infobox). Man ließ sich darauf ein – und die Stadt sicherte den Fußballvereinen zu, das ohnehin schon lange marode Südstadion im Gegenzug zu sanieren. Die Fußballer taten ihren Teil, vollbrachten 2021 den Umzug und formulierten ein umfassendes Konzeptpapier, in dem alle Sanierungswünsche beschrieben wurden – von dem Rückbau der mittlerweile schon seit Jahren umzäunten Stufen bis zu einer neuen Drainage.
„Ich hatte mich darauf verlassen, dass das auch in die Umsetzung kommt“, betonte der SGE-Vorsitzende Jens Polleit zuletzt erneut in der Bezirksvertretung Süd. Passiert ist beinahe ein Jahr nach dem Umzug und Jahre nach Feststellung der großen Mängel am Stadion allerdings weiterhin nichts. Lesen Sie auch: Gelsenkirchen: Tribüne hinter Gittern - Wut im Südstadion
Sachstand zum Südstadion: Nur unbefriedigende Antworten
Die Grünen hatten zu der Sitzung um einen erneuten Sachstand in Sachen Südstadion gebeten und erhielten – wie alle Beteiligten vor Ort feststellten – ernüchternde und unbefriedigende Antworten.
Beispielhaft dafür stand, was das Sportmanagement zu der Flutlichtanlage zu sagen hatte, die eigentlich von der Dessauerstraße zum Südstadion transportiert werden sollte. „Es wurde eine Elektrofirma angefragt, die die Mitnahme kalkulieren soll. Aber die Firma hat kein Angebot unterbreitet, weil das Angebot jegliche Kosten sprengen würde“, sagte Gelsensport-Mitarbeiter Jörn Becker.
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Aber was heißt das? Hat man nun weitere Angebote eingeholt? Hat man überhaupt irgendeinen Plan, wie man mit der Belichtung des Platzes künftig umgehen will? Bezirksbürgermeister Michael Thomas Fath wollte sich mit den mauen Antworten nicht zufrieden geben und hakte mehrmals nach: „Wie geht man denn nun mit der Anlage um?“ Beckers Antwort: „Dazu kann ich ihnen keine definitive Aussage geben, da müssen wir schriftlich was nachreichen.“
Es gibt bislang noch nicht mal einen Zeitplan zur Sanierung des Ückendorfer Stadions
Auch zu der Frage, wann genau überhaupt mal mit irgendeiner Maßnahme begonnen werden kann, musste Becker eingestehen: „Ich habe keinen klaren Zeitstrahl.“ Aktuell werde bei der Stadt eine Liste erstellt mit den Mängeln an allen Sportanlagen. Danach wolle man interne Absprachen treffen und priorisieren, wo man als erstes Hand anlegen will.
Während man im Südstadion weiter wartet und wartet, steigen im Übrigen die Kosten für die gemieteten Bauzäune weiter. Jährlich 3000 Euro kostet es nach Angaben von Gelsensport, dass im Stadion hinter Gittern gespielt wird. Das macht bisher schon mehr als 10.000 Euro.
Unmut sorgte bei den Bezirksverordneten auch, dass die Zusagen an die Fußballvereine unter alter Gelsensport-Führung getroffen wurden – Sportdezernentin Anne Heselhaus sich an diese nun aber offenbar nicht mehr ganz gebunden fühlt. Der Grünen-Bezirksverordnete Jan Philip Schaaf forderte, dass „Zusagen auch dann eingehalten werden, wenn sich Personalien ändern.“ Versprochen sei nun einmal versprochen. „Darauf müssen sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen können. So funktioniert Verwaltung. Wir wundern uns darüber, dass kaum einer wählen geht – und dann passiert hier sowas“, sagte Schaaf und machte mit Verweis auf die geringe Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen deutlich, welche fatale Wirkung die Zauderei am Südstadion in seinen Augen auf die Menschen haben kann.
Stadtspitze macht Zusagen: „Ich schaue, was ich in Bewegung setzen kann“
Nach all der Kritik sah sich schließlich der anwesende Kämmerer und Personaldezernent Luidger Wolterhoff als Vertreter des Verwaltungsvorstands veranlasst, Stellung zu nehmen – obwohl die Problematik am Südstadion nicht in sein Ressort fällt. „Dass die Kommunikation mit den Vereinen mindestens verbesserungswürdig ist, das ist, glaube ich, mehr als deutlich geworden“, räumte Wolterhoff ein und schlug vor, einen festen Ansprechpartner in der Verwaltung zu benennen, der „die Sache in die Hand nimmt und den Knoten durchschlägt.“
Zusagen würden definitiv auch bei Personalwechsel in der Verwaltung gelten. Details zum weiteren Verlauf der Planung müsse man nun zum schnellstmöglichen Zeitpunkt liefern. „Ich sage Ihnen zu: Ich schaue, was ich da in Bewegung setzen kann“, versprach Wolterhoff.
Ärger an der Dessauerstraße
Während der Ärger um das Südstadion weiter groß ist, gibt es auch viel Unmut am alten Standort des ETuS an der Dessauerstraße: Um das dort zum Verkauf ausgeschriebene Gelände mit dem Sportplatz tobt ein Interessenskonflikt – der örtliche Reitverein hat Sorge, von dort vertrieben zu werden und Anwohner fordern, dass die Fläche nicht mit weiterem Gewerbe zugebaut wird.
Wer nun künftiger Eigentümer der Fläche an der Dessauerstraße wird, ist noch immer nicht klar. Zwar wurde das Bieterverfahren Ende April 2022 beendet, wer den Zuschlag bekommen hat, ist allerdings noch nicht bekannt.