Gelsenkirchen. Pflegebedürftige, die nicht mehr zu Hause versorgt werden können, zahlen in Gelsenkirchen im Schnitt 2663 Euro Eigenanteil für einen Heimplatz.
Pflegebedürftig zu sein, muss man sich leisten können. Mit einem Eigenanteil von im Schnitt rund 2460 Euro im Monat liegt NRW weiter an der Spitze der Bundesländer, meldete bereits im vergangenen Jahr der Verband der Ersatzkassen (vdek). Günstiger ist die Betreuung seither freilich nicht geworden. Im Schnitt müssen Gelsenkirchener Seniorinnen und Senioren, die sich zu Hause nicht mehr selbst oder mit einem ambulanten Pflegedienst versorgen können, aktuell 2663 Euro im Monat aus eigener Tasche zahlen, wie eine Recherche der WAZ Gelsenkirchen zeigt.
Dabei ist der Zuschuss der Pflegekassen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung von bis zu 2005 Euro monatlich (Pflegegrad 5) bereits berücksichtigt. Die Betreiber der Gelsenkirchener Pflegeheime berechnen also tatsächlich im Schnitt einen Monatspreis für einen Heimplatz von 4688 Euro für einen Schwerstpflegebedürftigen. Damit sind Pflege, Gebäudeinvestitionskosten, 24-Stunden-Betreuung, Reinigung, Heizung, Speisen und Getränke abgegolten.
Fast alle Seniorenheime in Gelsenkirchen fordern mehr als 2000 Euro im Monat
Es gibt derzeit nur ein Heim in Gelsenkirchen, das für die Bewohner knapp weniger als 2000 Euro Eigenanteil im Monat kostet. Nach eigenen Angaben müssen Bewohner des Hauses Bismarckplatz des Betreibers Korian 1995 Euro im Monat zahlen. In allen anderen Senioreneinrichtungen liegt der Eigenanteil in der Pflegestufe 5 deutlich über 2000 Euro im Monat.
Im Belia Seniorenzentrum in Schalke werden 2507,52 Euro fällig. Die Awo berechnet in ihrem Haus in Buer 2534,89 Euro, in Horst 2467 Euro, im Uhlenbrock 2736,72 und in Schalke 2968,64 Euro. Ein Platz im Seniorenheim St. Hedwig in Resse der Augustinus-Gruppe kostet 2850,34 Euro, im St. Josef in Erle sind es 2511,46 Euro. Das Evangelische Johanneswerk gibt den Preis im Amalie-Sieveking-Haus mit 2963,25 Euro an. Das Evangelische Seniorenstift der Diakonie kostet 2352,06 Euro. Im St. Anna Heim der Caritas werden 2838,79 Euro fällig, im Bruder Jordan Haus 2877,43 Euro und im Liebfrauenstift 3030,14 Euro. In den städtischen Häusern liegt der Eigenanteil im Monat bei etwa 2500 Euro für das Haus an der Schonnebecker Straße, bei 2539 Euro im Seniorenhaus Haunerfeldstraße und bei 2881 Euro für das Haus an der Schmidtmannstraße sowie 2756 Euro für das Seniorenhaus Fürstinnenstraße.
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Damit wird es für immer mehr Menschen schwierig, aus eigener Kraft, aus eigener Rente und eigenem Vermögen die hohen Kosten ihrer Pflegebedürftigkeit zu stemmen. Immer häufiger muss das Sozialamt einspringen, wenn das eigene Ersparte bis auf einen Freibetrag aufgezehrt ist. Umfragen zeigen, dass vielen Familien die Tatsache der hohen selbst zu tragenden Pflegekosten nicht bewusst ist. Sie gehen irrtümlich davon aus, dass die Pflegeversicherung und die Rente schon alles richten.
Doch in Wahrheit ist gerade in Nordrhein-Westfalen im Vergleich der Bundesländer die Finanzlast, die der gesunde Partner tragen muss, erheblich – und wird jährlich immer größer. Anders sieht es inzwischen für Kinder der Pflegebedürftigen aus. Seit Anfang 2020 müssen sie für ihre Eltern nur noch dann Unterhalt zahlen, wenn sie ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro haben. Diese Grenze hat das Angehörigen-Entlastungsgesetz gebracht, das vor zwei Jahren in Kraft getreten ist. Das Sozialamt kann dabei nur die Kinder, nicht aber die Enkelkinder zu Unterhaltszahlungen heranziehen. Auch Geschwister, Cousins, Cousinen, Onkel und Tanten müssen nicht finanziell füreinander einstehen.
„Konstruktionsfehler der Pflegefinanzierung“
Warum aber ist der Heimaufenthalt so extrem teuer? „Wenn wir die Pflegequalität, die wir eigentlich anstreben, erreichen wollen, müsste der monatliche Preis sogar noch höher liegen“, sagt Stefan Welbers, Leiter des Oberhausener Seniorenzentrums Gute Hoffnung und Sprecher der dortigen 21 Altenheime gegenüber der WAZ. „Wir schleppen immer noch die Konstruktionsfehler der Pflegefinanzierung aus den 90er Jahren mit: Die Pflegeversicherung ist nur eine Teilkasko-Versicherung und die Krankenkassen zahlen gemäß den jährlichen Pflegesatzverhandlungen nur 50 Prozent Pflegefachkräfte statt 100 Prozent Experten-Qualität, die andere Hälfte können so nur Hilfskräfte sein.“
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Zudem sei der Bau von Pflegeheimen durch die Bauvorschriften (Einzelzimmer, Wärmedämmung, etc.) immer teurer geworden – was sich in den Investitionsaufwendungen für Heimbewohner niederschlägt. Trotzdem sei kein Luxus drin – bezahlt würden nur relativ kleine Zimmer.
Bundesweit liegen die Eigenanteile für Pflegeheim-Plätze weit auseinander: In Sachsen-Anhalt müssen Heimbewohner und deren Angehörige im Schnitt nur rund 1465 Euro im Monat zahlen. Der Bundesschnitt lag im vergangenen Jahr bei 2068 Euro pro Monat.