Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Matthias Lang, genannt Eisbär, ist schwerst krank. Der 41-Jährige hofft auf eine Blutwäsche. Denn die Kasse zahlt nicht.

Es ist das erste große Osterfeuer nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie. Am Gelsenkirchener Bahnbetriebswerk Bismarck wird an Ostersamstag nicht nur die neu gewonnene Freiheit gefeiert, sondern zugleich auch eine Spendenaktion für einen schwerkranken Gelsenkirchener unterstützt: für Matthias Lang, vielen bekannt unter dem Spitznamen „Eisbär“. Der 41-Jährige war und ist als ehemaliger Drummer Gründungs- und Ehrenmitglied der Band „Imperial Council“, die bei „Rock am Bahnwerk“ Stammgast ist.

Freundin über ihren Freund „Eisbär“: „Fühlt sich wie lebendig begraben“

„Wir haben eine wahre Odyssee von einem Arzt zum anderen hinter uns“, erzählt Maria Gahl, die Lebensgefährtin von Matthias, der gerade für drei Wochen im Krankenhaus liegt, um sich einer lang erwarteten Schmerztherapie zu unterziehen. Corona hatte das bislang verhindert. Alles habe man ausprobiert, was die Experten empfohlen hätten, die seien nun aber mit ihrem Latein am Ende. „Und wir mit unserer Kraft auch“, so die 35-Jährige. „Letztendlich ist es die Verzweiflung, die uns dazu getrieben hat, an die Öffentlichkeit zu gehen und um Spenden zu bitten.“

Der Gelsenkirchener Matthias Lang ist schwer erkrankt. Der 41-Jährige hatte sich früher Hoffnungen auf eine Karriere als Profi-Boxer gemacht, ein Motorradunfall ließ seinen Traum platzen. Seine zweite Leidenschaft galt der Musik. Der Fahrzeugbauer spielte Schlagzeug in der Band „Imperial Council“.
Der Gelsenkirchener Matthias Lang ist schwer erkrankt. Der 41-Jährige hatte sich früher Hoffnungen auf eine Karriere als Profi-Boxer gemacht, ein Motorradunfall ließ seinen Traum platzen. Seine zweite Leidenschaft galt der Musik. Der Fahrzeugbauer spielte Schlagzeug in der Band „Imperial Council“. © Foto: Maria Gahl

Denn derzeit, so schildert es Maria Gahl, fühle sich der Gelsenkirchener wie „lebendig begraben“. Matthias habe permanent Schmerzen, findet weder im Sitzen noch im Liegen einen Moment der Ruhe. Sein Alltag ist geprägt von „ständiger Erschöpfung und Kraftlosigkeit“.

Hoffnungen ruhen auf teurer Blutwäsche – Therapie kostet 18.000 Euro

Langs und Gahls Hoffnungen ruhen auf einem Verfahren der Mülheimer Internistin Dr. Beate Jaeger. Seit Februar 2021 behandelt sie Long-Covid-Erkrankte mit einer speziellen Blutwäsche, genannt HELP-Aphärese. Tausende stehen mittlerweile auf ihrer Warteliste, Verzweifelte reisen aus aller Welt zu ihr ins Revier an. Die Arbeit der Mülheimerin hatte zuletzt auch den populären Fernsehmediziner Eckart von Hirschhausen neugierig gemacht. In seiner Reportage „Hirschhausen – Corona ohne Ende?“ (ausgestrahlt in der ARD am 6. Dezember 2021) nimmt die Arbeit Jaegers einen breiten Raum ein.

Lesen Sie auch:

Gelsenkirchenerin startet Gutschein-Aktion für Ukraine-Flüchtlinge

Lohnt sich das? So viel Geld bekommen Gelsenkirchens Lokalpolitiker

Die Wand ruft: Bouldern in Gelsenkirchen – was Klettern so beliebt macht

Ausländeramt Gelsenkirchen: „Zustände eine Katastrophe“

Bei dieser Art von Blutwäsche werden Blutgerinnsel herausgefiltert, die zu einer Minderdurchblutung führen. Diese erzeugt, so Dr. Beate Jaeger in der Fernsehreportage, „256 verschiedene Symptome, von Hirnstamm-Enzephalitis bis zu Darmlähmung“. Enzephalitis bedeutet Hirnentzündung.

Ein Bild aus besseren Tagen: Matthias Lang, gelernter Kfz-Mechaniker und zuletzt als Fahrzeugbauer bei Mercedes beschäftigt, war neben seiner Leidenschaft für Musik auch ein passionierter Heimwerker. Der 41-Jährige war und ist als ehemaliger Drummer Gründungs- und Ehrenmitglied der Band „Imperial Council“, die bei „Rock am Bahnwerk“ in Gelsenkirchen-Bismarck Stammgast ist.
Ein Bild aus besseren Tagen: Matthias Lang, gelernter Kfz-Mechaniker und zuletzt als Fahrzeugbauer bei Mercedes beschäftigt, war neben seiner Leidenschaft für Musik auch ein passionierter Heimwerker. Der 41-Jährige war und ist als ehemaliger Drummer Gründungs- und Ehrenmitglied der Band „Imperial Council“, die bei „Rock am Bahnwerk“ in Gelsenkirchen-Bismarck Stammgast ist. © Foto: Maria Gahl

Gelsenkirchener leidet unter mehreren Krankheiten, darunter fiese Hirnentzündung

Der 41-jährige Gelsenkirchener, den Freunde und Bekannte nur „Eisbär“ nennen, ist aber nicht nur an Long Covid erkrankt. Sein Leidensweg begann 2019, als in der Folge von einem grippalen Infekt auch noch „eine schwere Hypertriglyceridämie sowie eine Myalgische Enzephalomyelitis“ (ME/CFS) diagnostiziert wurde, erzählt Maria Gahl. Ersteres ist eine Fettstoffwechselerkrankung, die „zu einem Gefäßverschluss und damit zu einem Schlaganfall führen kann“. Die fieseste Krankheit und auch die anhaltendste ist ME/CFS. Arthrosen und mehrere Bandscheibenvorfälle kommen erschwerend noch hinzu.

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS können bei dieser Krankheit schon „kleine Aktivitäten wie Zähneputzen, Duschen oder Kochen zur Tortur werden; Besorgungen im Supermarkt anschließend zu tagelanger Bettruhe zwingen“. Oft gehe die Erkrankung einher mit „ausgeprägten Schmerzen wie Muskel- und Gelenkschmerzen und Kopfschmerzen“.

Erleichterung erhoffen sich Maria und Matthias von der Blutwäsche. Die kostet rund 18.000 Euro für zehn Behandlungen und soll die verstopfenden Gerinnsel aus dem Blut des 41-Jährigen herausfiltern. Denn noch fließe in seinem Körper mehr Fett als Blut durch die Adern. Das Problem dabei: „Wir haben zwar in Cloppenburg ein Krankenhaus gefunden, dass diese Aphärese macht, aber die Behandlung wird von der Kasse nicht übernommen“, schildert die 35-Jährige die Lage in Norddeutschland. Der Gelsenkirchener lebt mittlerweile mit seiner Partnerin an der Wesermarsch am Jadebusen.

41-Jähriger verlor wegen Dauerkrankheit den Job als Fahrzeugbauer

Der „Eisbär“ ist Gahl zufolge mittlerweile aus dem Krankengeld gefallen, habe seinen heiß geliebten Job als Fahrzeugbauer bei Mercedes verloren und bekomme nun bald Erwerbsunfähigkeitsrente. „In seinem Alter kommt da so viel zusammen, dass es fürs Leben nicht reicht und zum Sterben zu viel ist“, sagt die Bewährungshelferin lakonisch. „Und allein lässt sich das nicht stemmen.“

Schon knapp 10.000 Euro an Spenden zusammengekommen

Für den Gelsenkirchener Matthias „Eisbär“ Lang hat seine Lebensgefährtin Maria Gahl online einen Spendenaufruf gestartet. Und zwar über die Internet-Plattform „gofundme“. Die Spendenerhebung erfolgt nach dem Crowdfunding-Prinzip. Der Spendenaufruf ist hier zu finden. Bis Dienstag lag die Spendensumme bei knapp 10.000 Euro.

Der 41-Jährige wuchs im Ruhrpott auf und war von Kindheitstagen an immer aktiv und sportlich. Sein ambitioniertes Training brachte ihn Gahl zufolge so weit, dass er sogar mit einer Karriere als Profi im Boxsport liebäugeln durfte. Ein schwerer Motorradunfall, bei dem das rechte Bein bzw. Sprunggelenk zertrümmert wurde, ließ den Traum platzen.

Beim Osterfest und -feuer am 16. April am Bahnbetriebswerk Bismarck an der Grimbergstraße 18 wird daher ein Infostand aufgebaut, an dem auf das Schicksal des Erkrankten aufmerksam gemacht wird. Zudem werden Spendendosen aufgestellt. Das teilte Frank Ukowski vom „Blauweißen Partywaggon“ mit. Das sei selbstverständlich, schließlich seien der „Eisbär“ und die Band so etwas wie die Hausband beim Gelsenkirchener Festival „Rock am Bahnwerk“. Und ein „guter, lieber Freund“.