Gelsenkirchen-Buer. Romantik auf der Leinwand und im Leben: Eine Location in Gelsenkirchen-Buer ist als Schauplatz der wichtigsten Frage im Leben besonders beliebt.
Per Zettel im Überraschungsei, als Aufschrift auf einem Fesselballon oder Transparent an der Autobahnbrücke: Für Verliebte gibt es viele Möglichkeiten, die wichtigste Frage im Leben so originell zu stellen, dass der Partner gar nicht erst Nein sagen kann. Großes Kino eben! In Gelsenkirchen gilt genau das nun immer öfter buchstäblich.
Denn die Schauburg an der Horster Straße in Buer hat sich im Laufe der Jahre zu einer beliebten Location für Heiratsanträge entwickelt. Wo Leidenschaft, Mord und Action über die Leinwand flimmern, bietet sich offenbar auch eine Bühne für die echte große Liebe, selbstverständlich filmreif verpackt. Dass da bewegte Bilder und emotionale Musik nicht fehlen dürfen, versteht sich von selbst.
Zumeist verfolgen Familie und Freunde den Antrag in der Gelsenkirchener Schauburg
„Der Ablauf ist eigentlich immer gleich“, berichtet Schauburg-Betriebsleiter Ralf Kolecki. Der Bräutigam in spe lädt seine (hoffentlich) Zukünftige ins Kino ein, informiert zumeist Familie und Freunde und überrascht alle mit einem selbst per Handy gedrehten Film. Entweder stellt er die entscheidende Frage darin direkt oder im Anschluss, oft samt Kniefall, garniert mit einem riesigen Strauß Blumen als Überzeugungshilfe – und natürlich einem Ring. [Lesen Sie auch: Kino in Buer seit 1929]
So weit das Prozedere. Dahinter steckt freilich viel Vorbereitungsaufwand – und für den Heiratswilligen jede Menge Lampenfieber, wie es auch sonst professionelle Schauspieler quält. Wer weiß schließlich, ob die Traumfrau tatsächlich Ja sagt? „Der Bräutigam ist da schon ziemlich nervös. Er hat ja auch Sorge, dass sein Anliegen schon vorher heraus kommt.“
Handy-Aufnahmen können auf der Gelsenkirchener Leinwand auch peinlich wirken
Kolecki hat es jedoch bei rund 20 Anträgen in den vergangenen 25 Jahren nicht einmal erlebt, dass ein Mann vor Publikum eine Abfuhr kassieren musste. Allerdings hat er auch immer mal wieder Technik-Tipps für den Filmdreh gegeben, gleichsam als ehrenamtlicher Antrags-Berater. „Ich trage schließlich die Verantwortung dafür, was wir an Filmen zeigen. Bild und Ton müssen schon eine vernünftige Qualität haben.“
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Nicht allen sei bewusst, dass Bilder auf der großen Leinwand einen ganz anderen Effekt haben „und auch mal peinlich wirken können. Vor so etwas muss man die jungen Leute dann schon schützen.“ Hochkant-Szenen etwa funktionieren gar nicht im auf Querformat angelegten Kino. Also schaut sich der Betriebsleiter den fertigen Film erst einmal an, bevor er grünes Licht für das emotionale Event gibt und dann selbst an die Arbeit geht: Gilt es doch, den Handy-Film für den Kinoprojektor umzuwandeln, auch Lichtsteuerung und Ton müssen stimmen.
Besonders Gelsenkirchener mit Migrationshintergrund nutzen Schauburg für Antrag
„Inhaltlich lassen die Männer das erste Kennenlernen und die gemeinsamen Jahre Revue passieren und machen deutlich, wie wichtig ihnen die Frau ist. Unterlegt ist das häufig mit Musik, die beide mögen. Die türkischsprachigen Filme verstehe ich allerdings nicht, deren Zahl in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat.“
Trauungen nun auch in Heilig Kreuz und auf der Weißen Flotte
Im Kino zu heiraten, ist bislang noch nicht möglich in Gelsenkirchen. Das Standesamt vor Ort hat aber sein bisheriges Angebot um zwei neue Hochzeitslocations erweitert: Neben Schloss Horst als Stammsitz des Standesamtes, Schloss Berge, Wasserburg Lüttinghof, Zoom Erlebniswelt und Veltins-Arena können sich Paare künftig auch in der Heilig-Kreuz-Kirche und auf den Schiffen der Weißen Flotte standesamtlich trauen lassen.
In den Monaten Juni bis August stehen diese Orte an jeweils einem Tag im Monat für standesamtliche Trauungen zur Verfügung. Interessierte Brautpaare können sich per Mail an das Standesamt wenden (heiraten@gelsenkirchen.de). Weitere Informationen finden sich auf der Stadtseite (www.gelsenkirchen.de/standesamt).
Zumeist buchten die Männer gegen einen kleinen Obolus einen Extra-Termin in der Schauburg, etwa an einem Samstag oder Sonntag, wenn auch die Gäste Zeit haben. „Manchmal wird der selbstgedrehte Film auch im Anschluss an eine normale Vorführung gezeigt, dann muss der Bräutigam dafür sorgen, dass seine Freundin nicht schon vorher den Saal verlässt.“
Luftballons, Plakate und Live-Ständchen: Erlaubt ist (fast) alles, was gefällt
Was die Accessoires angeht, so ist Kolecki mit der Zeit etwas rigider geworden. „Wir hatten mal jemanden, der ganz viele Teelichter angezündet hat, weil er es romantisch haben wollte. Da haben wir noch Wochen später den Wachs vom Boden gekratzt. So was machen wir nun nicht mehr. Auch Konfetti lehnen wir ab.“ Gegen Luftballons, Plakate oder ein Live-Ständchen hat der Bueraner nichts einzuwenden. Erlaubt ist, was gefällt und die Abläufe im Kino nicht behindert.
Ob es sich bei den Paaren um passionierte Cineasten handelt? „Nein, das eher nicht. Sie wollen eine besondere Location mit großer Bühne und viel Platz im Zuschauerraum“, so Kolecki. Und er selbst? Hat er seiner jetzigen Frau auch im Kino einen Antrag gemacht? Der 60-Jährige lacht laut und streicht sich über den angegrauten Bart. „Nein, das lief 2018 ganz ohne Antrag ab. Wir sind einfach übereingekommen, dass es ganz schön wäre zu heiraten. Und das war’s.“
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