Gelsenkirchen. Schwimmen lernen ist für Kinder überlebenswichtig. Doch die Wartezeit für Schwimmkurse ist lang. Wie ein Gelsenkirchener Projekt Abhilfe schafft.
Schwimmen lernen, sich sicher im Wasser fühlen – das gehörte für viele Kinder, auch in Gelsenkirchen, irgendwann einmal zur Normalität. Irgendwann einmal – denn schon vor Beginn der Pandemie war die Nachfrage nach Schwimmlernkursen für Kinder riesig. Der Bedarf ist immens, die Wartelisten sind lang, länger, am längsten. Derinsu und Tim haben Glück gehabt: Die beiden Kindergartenkinder vom evangelischen Matthäuskindergarten in Buer haben einen der begehrten Plätze beim Seebär-Projekt bekommen – und sind nun ein großes Stück weit sicherer im Nass unterwegs.
Gelsenkirchen: So können schon Kitakinder sicher schwimmen lernen
Seit September konnten insgesamt 41 Kitakinder erste Schwimmfähigkeiten erwerben, nun haben sie den Kurs abgeschlossen, einige sogar mit dem Seepferdchen. Und für alle ist es ein Erfolg. Es ist bereits die zweite Runde des Seebär-Projektes, das die Viactiv-Krankenkasse in Kooperation mit dem Verein „Mein persönliches Comeback“ im Schwimmbad am Urban-von-Vorst-Weg in Buer umsetzt.
„Das Wichtigste ist, dass die Kinder sich im Element Wasser zurecht finden“, erklärt Aquapädagogin Sandra Nalezynski an diesem Morgen, während die vierjährige Derinsu, der fünfjährige Tim und die anderen Kinder durchs Wasser pflügen. Die Kinder im Vorschulalter sollen während des Kurses auf Gefahrensituationen vorbereitet werden. Nicht umsonst: Kinderärzte warnen, dass Ertrinken die häufigste Todesursache bei Kindern bis fünf Jahren und die zweithäufigste bei Kindern von fünf bis zehn Jahren ist.
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„Wir folgen hier dem Prinzip der Aquapädagogik“, so die Schwimmlehrerin weiter. Dahinter steht: Nicht sofort mit dem stilgerechten Schwimmen zu beginnen, sondern die Wassersicherheit zu lehren. Dazu gehört beispielsweise auch das Schwimmen mit Kleidung.
Dass sich bei Derinsu, Tim und den anderen nun genau das eingestellt hat, können die Mütter der beiden bestätigen: „Für mich ist der Sicherheitsaspekt enorm wichtig und, dass die Kinder hier in kleinen Gruppen spielerisch und fröhlich vermittelt bekommen, wie man eigentlich schwimmt“, berichtet Anika Willmann. Und sie sagt auch über ihren Sohn Tim, während sie ihn vom Beckenrand aus beobachtet: „Da ist keine Angst mehr.“
„Es ist wichtig, dass die Kinder vor Schulbeginn schwimmen können“, meint Derya Keles. Sie freut sich, dass ihre Tochter Derinsu einen der begehrten Plätze beim Seebär-Projekt bekommen hat – denn sicher im Wasser zu sein, das sei nicht nur für Urlaube wichtig, sondern vor allem auch für die nahende Grundschul-Zeit.
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Im Grundschul-Lehrplan für Sport des Landes Nordrhein-Westfalen ist festgeschrieben: „Jedes Kind soll am Ende der Grundschulzeit schwimmen können. ,Schwimmen-Können’ heißt, dass es sich möglichst angstfrei ohne Fremdhilfe in schwimmtiefem Wasser zielgerichtet fortbewegen kann.“
Dass dies von den Grundschulen meist kaum leistbar ist, kritisieren seit längerer Zeit schon viele Stimmen: zu große Gruppen, zu kurze Schwimmzeiten, um den Kindern das Schwimmen richtig beizubringen – und die Corona-Pandemie hat das Ganze noch einmal zusätzlich verschärft. Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) spricht gar von einer Generation der Nichtschwimmer, warnt eindringlich vor den Folgen. Genau hier greift das Seebär-Projekt ein: Es sorgt nicht nur dafür, dass die Jüngsten mit mehr Zutrauen und Sicherheit ins Wasser gehen können, sondern auch für gesundheitliche Chancengleichheit – für alle Kinder.
Projekt um weiteres Jahr verlängert
An der zweiten Runde des Seebär-Projektes nahmen die Gelsenkirchener Einrichtungen Matthäuskindergarten, die Kita Niefeldstraße sowie die Evangelische Kita Löwenzahn in Gladbeck teil. Die drei Kurse starteten im September des vergangenen Jahres. Ein Kurs umfasst 24 Einheiten und dauert etwa ein halbes Jahr.Die Organisatoren des Seebär-Projektes arbeiten eng mit den Kitas zusammen. Das Bestreben ist, dass so viele Kinder wie möglich teilnehmen können. Das Prozedere: Hört ein Kind auf, kann sofort ein weiteres nachrücken.Da der Bedarf so groß ist, wurde das Projekt um ein weiteres Jahr verlängert, sollen weitere Einrichtungen mit einbezogen werden.
Fast ein bisschen wehmütig sind alle an diesem Freitagmorgen, es ist der letzte Kurs, es heißt Abschied nehmen, aber auch: sich über Urkunden freuen, das Seepferdchen und den Spaß am und im Wasser. Tim hat übrigens Glück gehabt: Er konnte in einen Folgekurs bei Come back rutschen. Derinsu wird ihr Können demnächst noch weiter im Schwimmbad ausbauen, ohne Schwimmkurs, aber mit einer großen Portion mehr Sicherheit im Wasser.