Gelsenkirchen. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine werden große Fluchtbewegungen erwartet. In Gelsenkirchen ist jetzt bereits eine Task Force im Einsatz

Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine rechnet das EU-Krisenmanagement mit über sieben Millionen ukrainischen Vertriebenen. In Gelsenkirchen bereitet man sich deshalb auf steigende Flüchtlingszahlen vor.

An zwei Standorten, am Nordring 53 neben der Gelsenkirchener Tafel und an der Adenauerallee 102 neben der Regionalstelle des Technischen Hilfswerks, würden aktuell Räumlichkeiten für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine vorbereitet, heißt es aus dem Rathaus. Zur Koordinierung aller Hilfsangebote - von kirchlichen und privaten Angeboten, von Wohnungsunternehmen oder Hilfsorganisationen der Agentur für Arbeit – sei zudem mit Märzbeginn eine Task Force eingesetzt worden.

Stadt Gelsenkirchen hat fast 600 verfügbare Plätze für Flüchtlinge

Derzeit hat die Stadt nach eigenen Angaben 596 verfügbare Plätze in Flüchtlingsunterkünften, wovon derzeit 375 belegt sind, das sind 63 Prozent der Plätze. „In den zurückliegenden vier Monaten wurden der Stadt monatlich im Schnitt 40 Flüchtlinge aus aller Welt neu zugewiesen“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann.

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Ziel der Stadt ist es, Menschen mit Bleibeperspektive, die berechtigt sind, aus den Sammelunterkünften auszuziehen, und möglichst zügig in eigenen Wohnungen unterzubringen. So könnte auch mehr Platz in den Sammelunterkünften für ukrainische Flüchtlinge freigeräumt werden.

Derzeit komme es aber seltener zu Auszügen aus den Unterkünften, so Schulmann. „Dies ist dem Umstand geschuldet, dass auszugsberechtigte Personen überwiegend aus größeren Familienverbänden bestehen und der Gelsenkirchener Wohnungsmarkt diesen Bedarf an großen Vier-bis-fünf-Raum-Wohnungen derzeit nicht hergibt.“ Zum ThemaWarum große Wohnungen in Gelsenkirchen schwer zu finden sind.

Daher werde man, nicht nur mit Blick auf die Situation in der Ukraine, den Ausbau der Unterkünfte prüfen. Wie schnell das geht, ist laut Schulmann allerdings nicht absehbar.

Wie viele Ukrainer nach Gelsenkirchen kommen könnten: Ein Rechenbeispiel

Wie viele Flüchtlinge nach Gelsenkirchen kommen, wird in der Regel nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel des Flüchtlingsaufnahmegesetzes festgelegt. Sollte es zu einer Verteilung der Geflüchteten auf Bundesebene nach dem Schlüssel kommen, so entfielen auf NRW rund 21 Prozent, auf Gelsenkirchen 1,34 Prozent.

Ein Rechenbeispiel: Kämen 500.000 Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland, so würde NRW 105.121 Personen und in der Folge Gelsenkirchen 1413 Personen aufnehmen.

Aber: Sollte sich Gelsenkirchen auch bereiterklären, mehr Flüchtlinge aufzunehmen als gesetzlich vorgegeben? Nachdem die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernommen hatten, forderten die Grünen von Oberbürgermeisterin Karin Welge, hier „ein besonderes Zeichen zu setzen“. Welge verwies dann aber auf die doppelten Integrationsherausforderungen Gelsenkirchens, die sich neben der Integration von Vertriebenen durch die EU-Südost-Migration ergebe. Die Stadt dürfe man integrationspolitisch nicht überfordern.

Mit Blick auf die Ukraine-Flüchtlinge zeigt sich Welge nun offener: „Auch wenn sich derzeit noch keine verlässlichen Aussagen dazu treffen lassen, wie viele Menschen in Deutschland Schutz suchen werden, wird Gelsenkirchen natürlich seine solidarische Verantwortung übernehmen,“ teilte die OB auf Nachfrage mit. „Meine Wahrnehmung ist, dass die Solidarität mit den aus der Ukraine flüchtenden Menschen eine ist, die ganz Europa verbindet. Und so wird es auch in Gelsenkirchen sein.“

FDP fordert Sachstandsbericht

Die Gelsenkirchener FDP-Ratsfraktion fordert für die nächste reguläre Sitzung des Stadtrats am 24. März einen Sachstandsbericht zu den Flüchtlingen aus der Ukraine. In dem Bericht soll die Verwaltung unter anderem erläutern, ob es bereits eine Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen gibt.Zudem möchte die FDP-Ratsfraktion wissen, ob bereits Menschen aus der Ukraine in der Stadt leben und wie es aktuell um ihr Aufenthaltsrecht steht. Der Stadt zufolge leben rund 300 Menschen aus der Ukraine in Gelsenkirchen - in etwa so viele wie russische Staatsbürger.