Gelsenkirchen. Das Rittergut Haus Leithe verfällt weiter dramatisch. Gelsenkirchener Bezirksvertreter fordern drastischere Maßnahmen bis hin zur Enteignung.

  • 2012 kaufte ein Investor das Rittergut Haus Leithe, um darin Luxuswohnungen einzurichten.
  • Seitdem ist dort nichts geschehen, das Baudenkmal verfällt.
  • Nach Jahren des Abwartens fordern Bezirksvertreter jetzt die Verwaltung auf, drastischer durchzugreifen.

Ein Heimatmuseum, wie es die SPD-Bezirksfraktion im Stadtsüden in ihrem Antrag vorgeschlagen hatte, wird es im Haus Leithe künftig wohl nicht geben. In den Kampf um die Sicherung, den Erhalt und die Instandsetzung des Anwesens allerdings soll nun endlich Bewegung kommen. Darüber waren sich die Bezirksvertreter aller Fraktionen in ihrer Sitzung am Dienstag einig. Bezirksbürgermeister Michael Thomas Fath nannte es „beschämend, dass der Gesetzgeber keine Möglichkeit“ haben soll, dem Verfall eines solchen Denkmals Einhalt zu gebieten. [Zum Thema: Zurück auf Null in Gelsenkirchen]

Klare Ansage vom Investor fordern

Anlass für den Antrag der SPD war der jahrelange Stillstand rund um das historische Rittergut im Stadtsüden. Der Investor, der hochwertige Eigentumswohnungen und Reihenhäuser denkmalgerecht in das Ensemble einbauen wollte, ist seit Jahren inaktiv, obwohl laut Verwaltung seit 2015 eine rechtsgültige Baugenehmigung für die ursprünglich beantragten Pläne vorliegt. Mittlerweile ist ein zweiter Investor mit im Boot, wurden die Pläne verändert, was jedoch höhere Investitionen in Brandschutz erforderte. Rückmeldungen von den Investoren: Fehlanzeige. Unterdessen sind Teile des Dachs beschädigt, sodass Wasser eindringen kann, die Fenster sind zum Teil zerstört, immer wieder verunstalten Graffiti die Front. [Dazu:Haus Leithe könnte sofort umgebaut werden]

Das Haus Leithe liegt weiter im Dornröschenschlaf. Im Gegensatz zur Schönen im Märchen altert das Rittergut allerdings unterdessen beträchtlich.
Das Haus Leithe liegt weiter im Dornröschenschlaf. Im Gegensatz zur Schönen im Märchen altert das Rittergut allerdings unterdessen beträchtlich. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Untere Denkmalbehörde Gelsenkirchen: Mehr Möglichkeiten haben wir nicht

Beate Lepper, Abteilungsleiterin der Unteren Denkmalbehörde, die in Gelsenkirchen mit zwei Mitarbeitenden für 1500 denkmalgeschützte Gebäude zuständig ist, betont jedoch, alles in der Macht ihrer Abteilung Stehende zum Erhalt des Denkmals getan zu haben. „Wir können auf die Instandhaltungs- und Erhaltungspflicht und Schutz vor Vandalismus drängen. Der Eigentümer hat den Zaun errichtet, die Fenster sind geschlossen zum Schutz vor Vögeln, die die Innenräume beschmutzen: Mehr Möglichkeiten haben wir im Rahmen der gesetzlichen Maßnahmen nicht“, betonte Lepper.

Auch für den im Antrag der SPD-Bezirksfraktion ebenfalls erwogenen Rückkauf des Geländes mit zuvor beantragter Bundes- und/oder Landesunterstützung gebe es keine Grundlage, da der Vorbesitzer vor dem jetzigen Investor nicht die Stadt sei, sondern die Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft (GGW). Diese hatte nach Informationen der WAZ Gelsenkirchens ältestes Anwesen im Jahr 2012 für 200.000 Euro an den Dortmunder Investor Zahn verkauft.

Wie sich auf mehrfache Nachfrage aller Fraktionen zeigte, hat die Stadt beziehungsweise die Bauverwaltung bislang nicht aktiv beim Investor nachgehakt, ob er an seinen Plänen weiter festhält und mit welchem Zeitplan. Auch eine Prüfung, unter welchen Bedingungen bei weiterer Untätigkeit des Investors eine Enteignung möglich wäre, fand demnach bislang nicht statt. Obwohl dies bereits erbeten worden sei von den Bezirksvertretern, mahnte Grünen-Sprecherin Mabel-Mara Platz.

Henning Voß (CDU) befürchtet „Baudenkmäler der Schande“

Der CDU-Bezirksfraktionsvorsitzende Henning Voß forderte, im Bezirk eine Resolution zu formulieren, die von der Verwaltung sowohl eine Nachfrage beim Investor nach dessen Plänen und eventuellen Rückkaufsmöglichkeiten als auch eine Rechtsprüfung fordert. Zudem solle das Thema Denkmalschutz in die kommunalen Spitzenverbände getragen werden. „Es gibt auch immer mehr Kirchen, die veräußert werden. Auch dafür muss es Lösungen geben“, forderte Voß. Er fürchte „Baudenkmäler der Schande“. [Lesen Sie auch:Widerstand gegen Pläne zur Kirchenschließung]

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Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff verkürzte den Beschlussweg in der Sitzung und sagte zu, das Thema im Verwaltungsvorstand zu diskutieren, die Rechtsabteilung um Ermittlung von weiteren Eingriffsmöglichkeiten der Kommune zu bitten sowie Kontakt zum Eigentümer herstellen zu lassen, um dessen „Zielvorstellungen“ zu klären. Die Zukunft des Haus Leithe soll nach diesen Klärungen erneut Thema in der Bezirksvertretung sein.

Für ein Heimatmuseum fehlt die Sammlung

Endgültig vom Tisch sein dürfte dennoch die Einrichtung eines Heimatmuseums auf dem alten Gutshof. Daniel Schmitt, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte, war als Sachverständiger zum Thema zur Sitzung geladen worden. Zum einen bezweifelte er, ob der Platz für ein ganzes Museum mit Ausstellungsfläche, Büroräumen und Depot ausreichend wäre. Vor allem aber sei eine solche Heimatsammlung in Gelsenkirchen bislang nicht vorhanden. Sie müsste erst konzeptioniert, erarbeitet und aufgebaut werden. Zusammen mit den Instandsetzungskosten käme damit ein erheblicher Aufwand auf die Stadt zu.