Gelsenkirchen-Erle. Wie läuft es im Sportparadies mit dem Training der Gelsenkirchener Schwimmvereine? Besser als gedacht! Doch Probleme gibt’s bei Kursangeboten.
Das Gelsenkirchener Zentralbad wird derzeit für den Abriss vorbereitet. Nun ist das Sportparadies in Erle Hauptstandort für den Schul- und Trainingsbetrieb. Im Juni waren die Kritik und die Befürchtungen groß, Vertreter von Schwimmvereinen reagierten „geschockt“, sahen sich buchstäblich auf dem Trockenen. Doch in der Praxis zeigt sich: Ein Teil der Sorgen war unbegründet.
Seit Juni ist klar, dass das Zentralbad an der Overwegstraße ausgedient hat. Nach langem Lockdown kam damals die zeitige Ankündigung für den baldigen Abriss. Das Bad wurde geschlossen. Seit Mitte Oktober ist auch – als letzter Nutzer – das Actic-Fitnessstudio ausgezogen. (Lesen Sie auch: Abgesang: So erinnern sich Gelsenkirchener an ihr Zentralbad). Doch wie läuft es in Erle?
Gelsenkirchener Schwimmer trainierten bis Ende Oktober im Freibad-Becken
„Wir haben uns gut arrangiert und sind zufrieden, weil der Badbetreiber bis Ende Oktober das Freibad offen gehalten hat“, sagt Manfred Wöllke, stellvertretender Vorsitzender der Schwimmgemeinschaft Gelsenkirchen (SG). Die Witterungsbedingungen und die früh einsetzende Dunkelheit seien da zwar schon durchaus fordernd gewesen, „aber insgesamt waren die Bedingungen besser als befürchtet. „Die 50-Meter-Bahn hat uns richtig gut getan. Etliche Schwimmer haben sich verbessert“, sagt Wöllke. Die Leistungsschwimmer seien bislang besser mit der Situation zurecht gekommen, als vor Monaten noch befürchtet. Auch für die Wasserballer, Master oder Triathleten scheint die Trainingssituation durchaus noch akzeptabel.
Etliche Breitenschwimmer haben ihre Vereinsmitgliedschaft gekündigt
Anders sieht es bei den Breitenschwimmern (Lesen Sie auch:Ausgefallene Schwimmkurse: Riesen-Gefahr für Kinder droht) aus, hat Wöllke festgestellt „Da haben wir ein wirkliches Problem“ – und das betreffe Bereiche wie das allgemeine Erwachsenenschwimmen, Aqua-Jogging oder Wassergymnastik, eben Angebote, die vor allem von älteren Mitgliedern genutzt würden. Für sie war das Zentralbad allein schon wegen der Lage und der Verkehrsanbindung ideal. „Für diese Gruppe ist das Sportparadies einfach zu weit weg“ und sei daher keine Alternative, glaubt Wöllke. Die Folge: Um die 230 Austritte habe die SG, mit noch 1300 Mitgliedern im Sommer der mitgliederstärkste Schwimmverein, seit der Schließung des Bades zu verzeichnen.
Auch der SC Aegir hatte Abgänge zu verzeichnen, allerdings im Bereich Kinderschwimmen, so der Vorsitzende Udo Ruchhöfer. Vor allem Kinder aus dem Stadtsüden seien abgemeldet worden. In ähnlichem Umfang habe es aber zuletzt Anmeldungen aus dem Stadtnorden gegeben. Insgesamt, stellt Ruchhöfer fest, hätten die Stadtwerke als Badbetreiber den Übergang gut begleitet. „Klar gibt es Einschränkungen und Veränderungen. Aber es klappt besser als ursprünglich gedacht.“ Mit dem SC Delphin teilt sich der SC Aegir zudem Trainingszeiten. „So haben wir die Kapazitäten recht gut eingeteilt“, sagt der Vorsitzende.
SC Aegir und SC Delphin teilen sich in Gelsenkirchen Wasserzeiten
„Was wir haben, ist im Moment eine gute Notlösung. Wir sind alle zusammen gerückt. Anders geht es nicht“, sagt SG-Cheftrainer Michael Seeger. Insgesamt gelte es jetzt, das nächste habe Jahr zu überbrücken und dann von der „versprochenen Traglufthalle“ zu profitieren. „Auf die warten wir händeringend.“
Im Sportparadies wurden vom großen Schwimmbecken ein 25-Meter-Bereich für das Training abgeteilt. 26 Leistungsschwimmer teilen sich beim Training jeweils vier bis fünf Bahnen. „Dann wird es schon eng“, so Seeger. Die weiteren Schwimmer aus dem A-, B-, C- und D-Kader, zusammen rund 50 Aktive, weichen jeweils einmal die Woche in die Hallenbäder in Buer und Horst aus.
Ein Teil der Gelsenkirchener Sportler weicht auf Bäder in Buer und Horst aus
Gewürdigt wird von den Vereinen das Engagement der Badbetreiber. Die Stadtwerke hätten sie soweit möglich gut unterstützt. Beispielsweise sind neue - und aus Sicht der Profis auch „wirklich gute“ – Bahnleinen angeschafft worden. Auch wurde ein Raum freigegeben, in denen ein Kraftraum für die Schwimmer eingerichtet werden kann. Ein Handicap – zumindest aus Leistungsschwimmersicht – wird allerdings bleiben. Im Zentralbad hatte das Sportbecken 26 Grad Wassertemperatur, im Sportparadies ist das Wasser molligere 29 Grad warm. Was Freizeitschwimmer freut, ist für Sportler körperlich eine extremere Belastung. „Nach fünf bis sieben Trainingskilometern steigen die mit rotem Kopf aus dem Becken“, sagt Seeger.
Sie wollen keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen? Dann können Sie hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren.
Was dem SG-Trainer wie auch dem Aegir-Vorsitzenden Ruchhöfer fehlt, sind Trainingszeiten in den Ferien. Dann haben die normalen Badegäste Vorrang, so die Idee der Stadtwerke. Beim SC Aegir gehe das zu Lasten der Kinderschwimmausbildung, heißt es. Der SG werden vor allem in den Weihnachtsferien die Trainingszeiten für die Meisterschaftsvorbereitungen fehlen.
Gelsenkirchener Stadtwerke wollen Traglufthalle bis Herbst 2022 bauen
Entlastung für den Schul- und den Trainingsbetrieb soll eine Traglufthalle bringen, die über dem 50 Meter Freibad-Becken errichtet werden soll. 1,1 Millionen Euro wird das Provisorium kosten. Der Bauantrag für die Fundamente ist in Vorbereitung, das Ausschreibungsverfahren läuft. „Ich rechne damit, dass wir die Halle zum Herbst 2022 in Betrieb nehmen werden“, sagt Harald Förster, Geschäftsführer der Stadtwerke und der gemeinnützigen Gelsenkirchener Wohnungsbaugesellschaft GGW. Die Konstruktion soll den Schwimmunterricht von Oktober bis April sichern helfen. Die Stadt wird die erhöhten Energiekosten in Höhe von bis zu 250.000 Euro tragen, die Stadtwerke werden zur Sommersaison ab- und im Herbst aufbauen. Kosten: Jeweils 30.000 Euro.
Stadtwerke-Chef: Schulschwimmen läuft bislang weitgehend ungestört
Dass es „eine gewisse Unruhe“ und auch keine wirkliche Zufriedenheit bei Vereinsschwimmern gebe, registriert und versteht Förster durchaus. Immerhin, stellt er fest, laufe das Schulschwimmen weitgehend ungestört. Aber insgesamt bleibe es eng, nachdem das Zentralbad ausgemustert wurde. Die Stadt will mit ihrer Bewerbung um den Neubau der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) im Rennen bleiben und das Zentralbad möglichst bis August 2022 abreißen, um im Falle des Zuschlags den Zeitplan für den Bau einhalten zu können.
Entscheidung über den Hochschulstandort soll zum Jahreswechsel fallen
In die Hochschule soll ein Bad integriert werden. Das Land plant, das Mammutprojekt bis 2025 zu realisieren. Die Stadt hat mit Partnern eine aussichtsreiche Bewerbung für einen Baukomplex mit einem Gesamtvolumen von über 150 Millionen Euro vorgelegt. (Lesen Sie auch:Gelsenkirchen will die neue Akademie im Revier schaffen) Bekommt Gelsenkirchen zum Jahreswechsel nicht den Zuschlag, sieht das kommunale Bäderkonzept an der Overwegstraße ebenfalls einen Badneubau vor. Der könnte dann bereits bis 2024 realisiert werden. Das wäre Plan-B, zu dem Förster zu diesem Zeitpunkt jedoch „noch nichts sagen“ will, weil er natürlich auf Variante A setzt. „Im bestmöglichen Fall haben wir Klarheit bis zum Jahresende“, sagt der Stadtwerke-Chef. „Es kann sich aber auch noch bis März ziehen.“
- Verfolgen Sie die aktuelle Entwicklung zum Coronavirus in Gelsenkirchen in unserem Newsblog
- Lesen Sie mehr Geschichten aus Gelsenkirchen
- Oder folgen Sie der WAZ Gelsenkirchen auf Facebook