Gelsenkirchen. Mehr als Schwimmen: Manche liebten die Automatensuppe im Zentralbad, andere die Disco: So erinnern sich Gelsenkirchener an ihre Baderlebnisse.

Ein Neubau samt Hallenbad soll dort hin, wo bislang (noch) das Zentralbad an der Overwegstraße steht. Das städtische Bäderkonzept sieht einen Ersatzbau in dem Bereich vor. Sollte die Stadt Gelsenkirchen Anfang 2022 vom Land den Zuschlag für die Hochschule für Polizei und Verwaltung bekommen, kann im Zuge eines – geschätzt mindestens 150-Millionen-Euro-Projekts – größer geplant und gebaut werden. Das Bad würde dann ein Teil des neuen Hochschulstandorts. Zukunftsmusik. Die Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener beschäftigt eher der Rückblick. Das Zentralbad (Lesen Sie auch: Vor dem Abbruch: Endzeitstimmung im Zentralbad Gelsenkirchen) wird, nach 50 Dienstjahren, für den Abriss vorbereitet – die Leser-Stimmen zum Abgesang auf eine „Institution“:

Mit Wehmut denken Gelsenkirchener an das Bad zurück

„Wenn man mir vor einigen Monaten gesagt hätte, ich würde dem Zentralbad mal eine Träne nachweinen, dann hätte ich gelacht. Ich, Jahrgang 1966, war als Kind schon mit meinen Eltern und meiner Schwester dort regelmäßig schwimmen“, erinnert sich Vereinsschwimmerin Kerstin Pospiech. „Die ersten Schwimmflügelerfahrungen, der erste Kopfsprung, die erste durchgeschwommene Bahn“ – all das verbindet sie mit dem Zentralbad. Ab 1982 hat sie dort trainiert, später war sie immer wieder als Hobbyschwimmerin im Becken. „Auch wenn die Sauberkeit dort in den letzten Jahren stark nachgelassen hatte“, schreibt die Gelsenkirchenerin, „es war doch mein und unser Zentralbad“.

Schwimmbaddisco, Suppe, Pommes – darauf fuhren viele in Gelsenkirchen ab

Das Zentralbad bot auf den Tribünen 450 Besuchern Platz. Das Sportbecken ist leer – es wurde zur Sicherheit mit einem Zaun umstellt.
Das Zentralbad bot auf den Tribünen 450 Besuchern Platz. Das Sportbecken ist leer – es wurde zur Sicherheit mit einem Zaun umstellt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„Der Abriss mag ökonomisch sinnvoll sein, aber es gibt Dinge, die kann man nicht mit Geld aufwiegen“, glaubt Kirsten Szameita. Für sie sind es „Erinnerungen, Gefühle, Identifikation mit einer Stadt.“

„Ich bin da öfter mit meiner mittlerweile Großen gewesen“, erinnert sich Barbara Hie. „Und bei einem der Besuche hat sie in dem kleinen Becken gebrochen. Das war mir sehr peinlich.“ Auf Facebook schreibt Michaela Niegbur: „Schwimmbaddisco! Das war cool und zu dieser Zeit absolut superschön!“ Ganz andere Interessen hatte Kim-Angela Swinka als Kind im Bad: „Ich habe die Suppe aus dem Automaten dort geliebt“, schreibt sie.

Sportort: Die Startgemeinschaft Schwimmen Gelsenkirchen richtete 2018 im Zentralbad ihren internationalen Team-Cup aus
Sportort: Die Startgemeinschaft Schwimmen Gelsenkirchen richtete 2018 im Zentralbad ihren internationalen Team-Cup aus © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Auch für Birgit Wehrhöfer war das Zentralbad ein besonderer Kindheits-Ort: „Viele Jahre Schwimmtraining in den Schwimmvereinen Aegir und Neptun“ hat sie dort erlebt. Ihr Fazit‍:️ „Hat viel Spaß gemacht. Stundenlanges Duschen mit der besten Freundin. Pommes essen im Schwimmbad-Imbiss. Das waren große Teile meiner Jugend. Ich bin wehmütig.“

Als Studioleiter einmal sogar im Gelsenkirchener Zentralbad übernachtet

„Meine Erinnerungen an das Zentralbad haben vorwiegend mit dem Fitnessstudio und den Angestellten des Bades zu tun“, schreibt Markus Schmidt. 2013 habe er das dortige Actic-Studio mit eröffnet. „Ich war zunächst stellvertretender und später Studioleiter des Fitnessstudios. In dieser Position habe ich sehr viele Mitarbeiter vom Bad kennengelernt und zu ihnen stets ein gutes Verhältnis gepflegt. Es sind eben diese Menschen und ihre Geschichten, an die ich immer wieder denke. Ob Schwimmmeister oder Kassiererinnen - mit allen hatte ich tolle Gespräche. Auch Gerd Gumpmann und Frank Hansch kannte ich gut. Ich hatte sogar die Gelegenheit, hinter die Kulissen blicken zu dürfen und die Pumpen im Keller zu sehen. Einmal habe ich sogar im Fitnessstudio übernachtet. Eine mystische Stimmung, wenn man ganz allein in einem solchen Gebäude ist. Die Pumpen und technischen Geräte hörte man nachts bis oben im Studio.“ 2016 trennten sich die Wege, Schmidt zog nach Thüringen. Doch die Zeit in Gelsenkirchen, betont er, „war eine der schönsten in meinem Berufsleben.“

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„Das hat dieses Bad so nicht verdient“, kommentiert Michael Schumann auf Facebook. „Statt eine letzte Veranstaltung zu organisieren, kommt der Abrisshammer.“ Und Jennifer Oerschkes bringt es auf den Punkt: „Ein Stück Kindheit geht verloren. Danke für dieses tolle Abenteuer.“