Gelsenkirchen. Weniger Taufen, weniger Hochzeiten, weniger katholische Christen im Corona-Jahr: So sehen die Jahreszahlen für das Bistum und Gelsenkirchen aus.

Die Corona-Pandemie hatte 2020 auch spürbare Auswirkungen auf das kirchliche Leben im Bistum Essen und im Stadtdekanat Gelsenkirchen: Zeitweise abgesagte Gottesdienste, verschobene Hochzeiten, Firmungen und Erstkommunionfeiern prägten das vergangene Jahr und das erste Halbjahr 2021 – und auch die statistische Auswertung des Bistums.

So ging die Zahl der Trauungen im Ruhrbistum 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zwei Drittel zurück, während die der Gottesdienstbesucher um gut 40 Prozent sank. Ähnlich entwickelte sich die Statistik bei Taufen und Firmungen, während der Rückgang bei der Anzahl der Erstkommunionkinder mit etwa einem Fünftel vergleichsweise moderat ausfiel. „Manche Feiern mögen im ersten Corona-Jahr auf das laufende Jahr verschoben worden sein“, so der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer. „Aber viele gewohnte, lieb gewonnene und wichtige Feiern, Feste und andere Begegnungen mussten schlicht ausfallen. Das hat vielen Menschen sehr wehgetan.“

Zahl der katholischen kirchlichen Trauungen in Gelsenkirchen sank 2020 auf 26

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Taufen wurden 2020 in katholischen Kirchen in Gelsenkirchen lediglich 259 registriert, im Jahr zuvor waren es 519. Dramatisch ist der Rückgang der Trauungen. Unter Coronabedingungen wollten sich nur 26 Paare in der katholischen Kirche das Ja-Wort geben, 77 Trauungen wurden 2019 gezählt. 522 Kirchenaustritte von Katholiken gab es 2019, 448 waren es vergangenes Jahr. Eine Trendumkehr oder Corona-Folge? Eher letzteres: Die Zahl der Kirchenaustritte im Bistum Essen lag um gut ein Viertel niedriger als 2019. Für den Rückgang von 7223 auf 5327 machen die Statistiker jedoch vor allem bürokratische Gründe im Corona-Jahr verantwortlich. Niedrig blieb die Zahl der Kircheneintritte in Gelsenkirchen. Elf Katholiken traten in die Kirche ein, 21 waren es 2019.

Gottesdienstübertragungen ins Internet, Online-Kurzpredigten oder Gebets-Impulse

Zahlen aus der Statistik

Die Gesamtzahl der Kirchenmitglieder im Bistum Essen reduzierte sich – in erste Linie aus biografischen Gründen – um insgesamt 15.218 (2 Prozent) auf 724.047.

77.312 Katholiken wurden 2020 in Gelsenkirchen gezählt. Im Vorjahr waren es 78.015.

Positiv vermerkt Generalvikar Pfeffer die vielen Initiativen in der Pandemiezeit, „mit denen Kirchengemeinden, Caritasverbände und viele andere kirchliche Organisationen in der Corona-Krise mit hohem Engagement für die Menschen im Ruhrbistum im Einsatz sind“. Ein hohes Maß an Kreativität bescheinigt Pfeffer Kirchengemeinden und kirchlichen Verbänden, beispielsweise bei bistumsweit hunderten Gottesdienstübertragungen ins Internet, bei Online-Kurzpredigten oder Gebets-Impulsen via Smartphone und Computer oder für Hausgottesdienste zu den Feiertagen.

Auseinandersetzung um die Aufarbeitung der Missbrauchsskandale

Der Generalvikar sieht allerdings auch die Krisen-Symptome der katholischen Kirche. Ihn sorgt, dass „viele Menschen in der Pandemie den Kontakt zur Kirche verloren haben, weil über einen zu langen Zeitraum vieles zum Stillstand gekommen ist“. Hinzu komme die fortdauernde Auseinandersetzung um die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals sowie der heftige Streit um Reformen in der Kirche. „In diesem Jahr erwarten wir spürbare höhere Austrittszahlen. Das ist mehr als ein Alarmsignal im Blick auf die Zukunft unserer Kirche.“

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Auch der Gelsenkirchener Stadtdechant Propst Markus Pottbäcker hatte sich in der Pandemiezeit mehrfach ähnlich geäußert. „Immer mehr Menschen sind der Auffassung, dass sie selbst über ihr Leben bestimmen. Sie lehnen eine Institution wie Kirche ab“, so der katholische Geistliche. Hinzu komme noch „eine große Mischung von Hilflosigkeit und Ignoranz“ von Seiten der katholischen Kirche, was die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs betreffe, so Pottbäcker. Da gebe es mittlerweile eine „Erfahrung des Versagens.“ Die Katholische Kirche müsse die Probleme inhaltlich angehen und authentisch sein. „Vor allem müssen wir die Selbstbetrachtung des Jammerns aufgeben.“