Der katholischen Kirche fehlt es an Personal. Markus Pottbäcker, Propst von St. Urbanus in Gelsenkirchen-Buer, kennt einige der Gründe dafür.

„Wenn ich keinen Bäcker persönlich kenne, komme ich sicherlich auch nicht auf die Idee, Bäcker zu werden“, sagt Urbanus-Propst Markus Pottbäcker und liefert damit nur eine Erklärung dafür, warum es so wenige junge Menschen ins Priesteramt zieht. Das ist eine kontinuierliche Entwicklung der vergangenen Jahre, deren Folgen nun auch auf lokaler Ebene spürbar werden: In einer Zeit, in der viele Menschen Zuspruch und Fürsorge gut brauchen könnten, fehlt es der Kirche schlicht an Personal. Auch in Gelsenkirchen.

„Das war schon vor Corona so.“ Der Mangel sei deutlich spürbar. „Wir werden es vielleicht bald nicht mehr schaffen, die Altenheime zu betreuen. Wir werden es natürlich probieren. Aber es wird nicht mehr so einfach.“ Handlungen wie die Krankensalbung, im Volksmund auch als „letzte Ölung“ bekannt, sind an das Priesteramt gebunden, können also nur von einem geweihten Priester vorgenommen werden. Da klingele beim verbliebenen Personal eben öfter das Telefon – zu allen Uhrzeiten.

So viele Teelichter werden in der Kirche in Gelsenkirchen-Buer entzündet

Allzeit bereit zu sein, das könne ein solcher Punkt sein, der junge Menschen abschrecke. Der Zölibat sei ganz sicher ein weiterer. „Wobei das ja spannend ist in einer Gesellschaft, in der es immer mehr Singles gibt. Die allerdings haben alle Optionen. Das ist bei einem Priester natürlich anders.“ Das allein jedoch könne nicht der Grund sein. „In der evangelischen Kirche gibt es exakt dieselben Probleme.“ Dazu komme aktuell das schlechte Image der Kirche durch den Umgang mit dem Thema Missbrauch. „Dass Leute einen Beruf nicht interessant finden, der damit in Zusammenhang steht, spielt sicherlich auch eine Rolle.“ Auch nicht ganz einfach: der Gehorsam. So haben Priester dort zu wirken, wo die Kirche sie hinschickt. Dem gegenüber jedoch steht ein hohes Maß an Sicherheit. „Das Versprechen gilt in beide Richtungen“, erklärt Markus Pottbäcker, dass die Kirche ihn lebenslang versorgen müsse. Generell jedoch sei es mit dem Nachwuchs so eine Sache, so Pottbäcker: „Wenn heute eine Frau in Deutschland statistisch 1,3 Kinder hat und die Hälfte davon sind Mädchen – da ist nicht mehr viel zu holen“, sagt der Propst und lacht.

Gleichsam gäbe es dennoch bei zahlreichen Menschen vor allem in der aktuellen Krise eine Hinwendung zum Glauben. „Allerdings erleben wir eine Autonomisierung. Allein in St. Urbanus werden im Jahr 70.000 Teelichter entzündet. Im Schnitt sind das 200 am Tag.“ Zahlen, die noch vor der Pandemie erhoben wurden. Sie zeigen: Menschen wenden sich durchaus an Gott, formulieren ihre Bitten und Gebete. „Die Gottesdienstbesuche nehmen ab, aber die Kirchbesuche nehmen zu. Nur brauche ich dafür ja keinen Priester.“ Aus dieser Entwicklung resultiere natürlich auch eine Aufgabe für die Kirche. „Sie muss sich neu erfinden.“ Hier habe gerade die Krise Neues möglich gemacht. Man habe raus gehen müssen zu den Menschen. Ein Modell, das man auch beibehalten wolle.

Ein Lösungsansatz: Mehr Berufe in die Kirche einbinden

Und es tut sich noch mehr im Bistum Essen. Schon heute werden viele Aufgaben von so genannten „hauptamtlichen Laien“ übernommen, also von Männern und Frauen, die zwar Theologie oder Religionspädagogik studiert haben, jedoch nicht geweiht sind. Darüber hinaus wird über Möglichkeiten diskutiert, sich weiter zu öffnen. „Früher hatten wir zum Beispiel Jugendpfleger. Das waren Sozialarbeiter, die für die Jugendarbeit tätig waren. Heute wird darüber gesprochen, mehr Berufe in die Kirche einzubinden.“

Mehr Infos für Schülerpraktikanten

Das Angebot, Schülerpraktikanten aufzunehmen, macht die Pfarrei St. Urbanus ganzjährig. Besonders steht das Thema am „Welttag für geistliche und kirchliche Berufungen“ am Sonntag, 25. April, im Mittelpunkt.

Die Internetseite www.berufung.org informiert ausführlich zu diesem Thema. Hier werden auch die Berufsbilder vorgestellt, welche die Kirche bereits heute bietet, vom Priester bis zum Kirchenmusiker.

Künftig also könnten mehr Menschen mit unterschiedlichen Berufen unter dem Dach der katholischen Kirche beschäftigt sein, anderen helfen, in den Gemeinden wirken. Den Mangel an Priesternachwuchs behebt das natürlich noch nicht. Und hier pressiert es: „Das Durchschnittsalter der Priester im Bistum Essen liegt bei 68. Da bin ich mit 54 Jahren ein Küken“, sagt Markus Pottbäcker und lacht. Dann verrät er noch, es bestehe auch die Möglichkeit, bei ihm oder Pastor Marius Schmitz ein Praktikum zu machen zur Berufsorientierung. „Das machen wir sehr gerne.“ Tatsächlich sei diese Möglichkeit in den vergangenen Jahren auch zweimal wahrgenommen worden – beide Male von Mädchen.