Gelsenkirchen-Ückendorf. Polizei, Caritas und Ordnungsdienst arbeiten bei der Integration in Gelsenkirchen enger zusammen. So sollen Menschen in Ückendorf profitieren.

Die Ecklage Ückendorfer Straße 138 ist nicht das, was man eine feine Adresse nennen würde. In Steinwurfweite: fünf Laden-Leerstände, abgerockte Immobilien, Zeichen von Verwahrlosung. Die Beratungsstelle Europa der Beschäftigungsförderungsgesellschaft Gafög ist hier kürzlich ausgezogen. Nun übernimmt die Stadt – und ist überzeugt, genau an der richtigen Stelle zu sitzen. Mitten im Quartier, nah an den Menschen. Und ihren Problemen. Der Eckladen wird Sitz für das Pilotprojekt IPA, Integrative Präventionsarbeit. „Hört sich sperrig an, ist aber nah am Bürger“, stellt Stadtsprecher Martin Schulmann fest. Polizei, Kommunaler Ordnungsdienst (KOD) und Caritas arbeiten hier zusammen.

Über 10.000 Zuwanderer aus dem EU-Raum leben in Gelsenkirchen

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Zur Vorstellung des Projekts haben die Akteure Dienstag den nahen Lidl-Parkplatz gewählt – weil das Büro erst irgendwann im Sommer bezugsbereit sein wird, aber auch, weil sie signalisieren wollen: Unser Einsatzort ist nicht der Schreibtisch.

„Wir wollen den schwierigen Begleiterscheinungen der EU-Binnenwanderung Rechnung tragen. Wir sind hier auf der Straße. Und wir wollen unsere Präsenz im Straßenraum erhöhen“ – diesen Anspruch formuliert Oberbürgermeisterin Karin Welge, die mit Polizeipräsidentin Britta Zur, einigen Polizeibeamten, Caritas-Teamleiterin Judith Przygodda, städtischen Referatsleitern, Sozialarbeitern und Sprachmittlern vor Ort ist. Für Zur bedeutet das Projekt die „Fortschreibung der engen Zusammenarbeit. Mit unserem Bezirksdienst werden wir als Ansprechpartner für die Bürger da sein und hoffen auf eine konstruktive, fruchtbare Zusammenarbeit.“

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Das Haus Ückendorfer Straße 138, bislang Sitz für die Europa-Beratung der Gafög, soll zur Anlaufstelle für das IPA-Projekt werden.
Das Haus Ückendorfer Straße 138, bislang Sitz für die Europa-Beratung der Gafög, soll zur Anlaufstelle für das IPA-Projekt werden. © FFS | Heinrich Jung

Eine Beamtin des Bezirksdienstes und ihr Kollege sind schon länger täglich im Revier Ückendorf unterwegs, auch die Caritas ist mit ihren Quartiershausmeistern und drei Fachkräften bereits seit Jahren aktiv. Das Pilotprojekt soll ihre Zusammenarbeit optimieren helfen. Es wird wissenschaftlich über ein Jahr begleitet. Vielleicht liefert es dann die Blaupause für andere Stadtviertel.

Abstimmung, Austausch und der Kontakt untereinander sollen effektiver werden

„Es ist klar, die Wege sind jetzt kürzer geworden“, stellt Hans-Joachim Olbering, der Leiter des Referates Öffentliche Sicherheit und Ordnung fest. Abstimmung, Austausch und der Kontakt untereinander soll einfacher und schneller werden, in der Hoffnung, dass dann auch Missstände effektiver angegangen und im Idealfall behoben werden können. „Uns geht es um Prävention, aber auch um Repression“, sagt Olbering. „Wir werden Fehlverhalten und Hinweisen konsequent nachgehen. Selbstverständlich werden wir auch unsere Objektprüfungen fortsetzen.“

Referatsleiter: „Es geht darum Zusammenleben zu gestalten, das ist unser Thema“

Gelsenkirchen hat vor kurzem die Marke von 10.000 Zuwanderern vornehmlich aus dem Bereich EU-Ost überschritten. Billiger Wohnraum lockt grenzenlos – doch selbst wenn die Menschen hier prekär leben sei das Elend nicht vergleichbar.

„Hier ist es besser als alles, was sie in ihren Heimatländern erleben“, stellt Caritas-Mitarbeiterin Sabine Wiesweg fest. Die unterschiedlichen Lebenswelten, Anpassungsschwierigkeiten an die Mehrheitsgesellschaft, vor allem aber Kommunikationsprobleme sind es, die Sozialarbeiterinnen und -arbeiter umtreiben.

„Es geht darum Zusammenleben zu gestalten, das ist unser Thema“, sagt Uwe Gerwin. „Hier haben wir dazu die Möglichkeit: Quartiersbezogen, nah an den Menschen. Wir sind ja nicht von ungefähr in Ückendorf“, betont der Leiter des Referates Zuwanderung und Integration. Hier sei der Zuzug massiv. „So lange wir diese vielen leeren Wohnungen haben, wird auch der Zuzug stattfinden.“

Welges Ziel ist es daher, stadtweit in den kommenden zehn Jahren 6000 Wohnungen vom Markt zu nehmen. Dafür sei sie mit Bund und Land im Gespräch.

Caritas-Teamleiterin will Präsenz zeigen, die Menschen aktiv im Viertel ansprechen

„Komm-Strukturen“ möglichst zu vermeiden, ist für Olbering wichtig. Zusammen mit Polizei und KOD „werden wir die Menschen aktiv im Stadtteil direkt ansprechen, an Dienste vermitteln oder auch bei Kommunikationsschwierigkeiten untereinander vermitteln“, nennt Caritas-Teamleiterin Przygodda Arbeitsschwerpunkte.

Dennoch ist den Beteiligten auch eine Anlaufstelle mitten im Quartier wichtig, eben der Eckladen Ückendorfer Straße – mit festen Anlaufzeiten, für Aktionen mit Eltern, mit Kindern, für Bürgersprechstunden, so Przygodda. „Nicht nur, um sich das Herz frei zu machen“, sei die Anlaufstelle gedacht, findet OB Welge, „sondern auch, um konstruktiv an Lösungen zu arbeiten.“