Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Stadtsportbund Gelsensport steht massiv in der Kritik. Ein Überblick über Aufgaben, Etat, Knackpunkte und Personal-Debatten.
Der FC Schalke 04 und der Stadtsportbund Gelsensport liefern sich in diesen Tagen ein enges Rennen: Beide stehen massiv in der Kritik und kämpfen quasi um die Stadtmeisterschaft im Sammeln negativer Schlagzeilen. In den vergangenen Wochen hatte Gelsensport die Nase vorn: Der Stadtsportbund entließ erst Geschäftsführer Marco Baron, der gerade 13 Monate im Amt gewesen war. Danach sorgte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einem Ratsantrag für Aufsehen, in dem sie Informationen dazu forderte, wie sich der Vertrag der Stadt mit Gelsensport auflösen lässt.
Doch um welchen Vertrag geht es überhaupt? Warum lenkt in Gelsenkirchen ein Verein die Geschicke der Sportverwaltung, während dies in anderen Städten meist ein Sport- und Bäderamt tut? Und weshalb steht Gelsensport aktuell so sehr in der Kritik? Die WAZ gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Was ist Gelsensport?
Gelsensport ist ein gemeinnütziger, eingetragener Verein, der 1994 aus dem Stadtsportbund hervorgegangen ist und in dem exakt 193 Gelsenkirchener Sportvereine Mitglied sind. Gelsensport ist somit der Dachorganisation der Klubs. Darüber hinaus übernimmt die Institution für die Stadt die Aufgaben der Sportverwaltung (außer Bäder, dafür sind die Stadtwerke zuständig), die in anderen Kommunen meist ein Sport- und Bäderamt erfüllt. Dies ist in einem Vertrag geregelt, den Gelsensport 1994 mit der Stadt aushandelte.
Diese Zusammenführung verschiedener Zuständigkeitsbereiche geschah zum ersten Mal in Deutschland. Seitdem kümmert sich Gelsensport neben seinen ursprünglichen Aufgaben, darunter die Verwaltung der städtischen Sportanlagen, die Beschaffung von Sport- und Arbeitsgeräten sowie Rechnungs- und Steuerangelegenheiten, zum Beispiel auch um die Haushaltsplanung und den Bau von Sportstätten. Das hatte bis dato die Stadtverwaltung übernommen. Gelsensport ist demnach federführend beim Tiefbau. Sobald es um Hochbau-Angelegenheiten wie Kabinen oder Vereinsheime geht, ist das städtische Referat für Hochbau und Liegenschaften zuständig.
Bevor aber beispielsweise der Bau eines Kunstrasenplatzes starten kann, werden die von Gelsensport eingebrachten Vorlagen im Sportausschuss politisch beraten und entschieden. Darüber hinaus beschäftigt die Stadt noch selbst eine für den Sport zuständige Person. Der Sportbeauftragte vertritt in der Stadtverwaltung den Bereich „Sport“ und ist damit die Schnittstelle zwischen Gelsensport und Verwaltung. Er leitet unter anderem den Örtlichen Ausschuss für Sport und Sicherheit, unterstützt Dritte bei der Planung und Durchführung von Sportveranstaltungen und optimiert Kooperationen zwischen Schulen und Vereinen.
Warum gibt es Gelsensport?
Der Kerngedanke bei der Übertragung der Aufgaben der Sportverwaltung von der Stadt auf den damaligen Stadtsportbund (SSB) war – wie so oft – das Geld. Aufgrund der „dramatischen Entwicklung der kommunalen Finanzen“, wie diese Zeitung im Januar 1994 schrieb, hätte die Stadt Betriebskosten in Höhe von 2,3 Millionen DM von den Vereinen erheben müssen, also Gebühren für die Nutzung von Sporthallen und Außensportanlagen. Zudem kündigte die Stadt an, freiwillige finanzielle Leistungen an den Sport kürzen oder ganz streichen zu wollen, und zog Schließungen von Sportanlagen in Betracht.
Um dies verhindern, bot der Stadtsportbund der Stadt an, die Aufgaben der Sportverwaltung selbst zu übernehmen. Insgesamt sollte dies laut SSB kurz- bis mittelfristig rund 2,8 Millionen DM einsparen. Der Vertrag, den SSB und Stadt anschließend entwickelten, sah etwa ein Verbot von Betriebskosten für städtische Sportanlagen vor. Nachdem die Vereine den Vertrag mit 238 Ja-Stimmen bei neun Enthaltungen und 34 Nein-Stimmen durchgewunken hatten und auch der Rat zugestimmt hatte, trat der Vertrag am 1. Juli 1994 in Kraft. Er gilt bis heute.
Die Vereine können die Sportstätten seither weiter kostenlos nutzen. Um dies finanziell stemmen zu können, erhält Gelsensport jedoch einen Zuschuss der Sparkasse Gelsenkirchen (siehe Gelder-Frage). Die Klubs müssen sich derweil um die Pflege und Instandhaltung kümmern. Gelsensport stellt den Klubs dafür Geräte und Pflegemittel zur Verfügung. Von der Stadt erhalten die Vereine einen Zuschuss, durch den sie beispielsweise Platzwarte finanzieren. Neben der Zusammenarbeit mit den Klubs engagiert sich Gelsensport zum Beispiel auch in den Bereichen Integration und Inklusion und fördert sozial schwächer gestellte Kinder und Jugendliche.
Woher kommt das Geld und wie wird es verwendet?
Gelsensport hat verschiedene Einnahmequellen. Eine davon sind die Beiträge, die die Vereine für die Mitgliedschaft im Stadtsportbund bezahlen. Die Beitragshöhe ist abhängig von der Mitgliederzahl der Vereine: Klubs mit maximal 50 Mitgliedern zahlen den Mindestbeitrag von 38 Euro, Vereine mit über 50 Mitgliedern zahlen darüber hinaus zusätzlich 76 Cent pro Mitglied. Beitragspflichtig sind Mitglieder ab 15 Jahren.
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Darüber hinaus setzt sich der Haushalt von Gelsensport aus Zuschüssen der Stadt Gelsenkirchen, des Landessportbundes NRW, des Landesjugendamts, der Deutschen Fußball-Liga (DFL), von Stiftungen sowie aus Spenden zusammen.
Laut der Jahresrechnung aus 2018, die der WAZ vorliegt, erhielt Gelsensport in jenem Jahr Zuschüsse in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro. Mit etwa 657.000 Euro war die Stadt Gelsenkirchen der größte Geldgeber. Knapp die Hälfte davon (etwa 310.000 Euro) ging an die Geschäftsstelle, wo Personalkosten etwa 80 Prozent der Ausgaben ausmachten. Kleinere Beträge gingen zum Beispiel in die Förderung des Sportes für Kinder, Ältere und Flüchtlinge.
Während Gelsensport einen Großteil des Geldes des Landessportbundes NRW ebenfalls für die Geschäftsstelle und die Jugendarbeit verwendete, gingen die Zuschüsse der DFL komplett ans Schalker Fanprojekt, das zu Gelsensport gehört. Stiftungen unterstützten derweil die Initiative „Schalke macht Schule“, die vom Fanprojekt ins Leben gerufen worden war. 40.000 Euro der insgesamt knapp 185.000 Euro Spenden gingen ebenfalls an diese Initiative. Darüber hinaus gab Gelsensport Spenden in Höhe von 60.000 Euro für die Trendsportanlage im Bismarcker Consol-Park aus sowie kleinere Spendenbeträge für die Geschäftsstelle, das Fanprojekt und die Jugendarbeit.
Darüber hinaus erhält Gelsensport von der Sparkasse Gelsenkirchen Gelder zur Förderung von Sportstätten. Diese Zuwendung stellt sicher, dass die Sportvereine alle Sportstätten kostenfrei nutzen können. 2018 erhielt Gelsensport so eine halbe Million Euro, wovon der Stadtsportbund aber nur etwa 485.000 Euro ausgab. Den Rest übertrug der Stadtsportbund auf das Folgejahr. Die Gesamtausgaben von Gelsensport beliefen sich 2018 auf rund 2,1 Millionen Euro. Am Ende des Jahres verfügte der Stadtsportbund über Sach- und Personalkostenrücklagen in Höhe von rund 117.300 Euro.
Welche Gründe hatte die Entlassung des Geschäftsführers?
Gelsensport begründet die Entlassung von Geschäftsführer Marco Baron mit „internen Differenzen und Unstimmigkeiten“. Was könnte damit gemeint sein? Beim Umgang mit Personal lassen sich bei Gelsensport einige Auffälligkeiten feststellen.
In den vergangenen Jahren gab es eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die der Stadtsportbund einsetzte und etwas später plötzlich degradierte oder gar entließ. Die Trennung von Baron nach gerade mal 13 Monaten im Amt irritiert besonders, da Gelsensport-Präsident Jürgen Deimel Anfang 2020 noch von Baron geschwärmt und von einer idealen Besetzung gesprochen hatte.
Wie die WAZ aus dem Umfeld von Gelsensport erfuhr, ist Barons Schicksal typisch für den Umgang des Stadtsportbundes mit Personal. Aus Lob könne sehr schnell Kritik werden, Sympathie in Antipathie umschlagen. „Das passiert gerade dann, wenn man eine andere Meinung vertritt“, sagt ein Kenner von Gelsensport. „Du musst die Aufträge der Geschäftsführung und des Präsidiums durchziehen. Dadurch kommen Unstimmigkeiten auf. Die psychische Belastung ist hoch, da gezielt mit Druck gearbeitet wird. Hier wird mit Personal umgegangen, als wenn das eine Ware wäre. Da gibt es erhebliche Führungsdefizite.“
Wie schätzt das Präsidium die Lage ein?
Gelsensport-Präsident Deimel wehrt sich auf Nachfrage gegen diese Vorwürfe: „Die anonyme Anschuldigung, wir setzen Menschen unter Druck und behandeln sie wie Ware, ist eine Unterstellung und hat mit der Unternehmenskultur von Gelsensport nichts zu tun. Die Personalfluktuation bei Gelsensport ist gering. Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bereits seit sehr vielen Jahren gerne hier tätig. Um die Rechte und Anliegen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch besser zu vertreten, wurde zusätzlich im letzten Jahr ein Betriebsrat gegründet – was seitens der Geschäftsführung und des Präsidiums ebenfalls begrüßt wurde“, betont Deimel.
Welche weiteren Kritikpunkte gibt es?
Ein Kritikpunkt, den die Vereine gegenüber Gelsensport immer wieder äußern, ist die lange Wartezeit bei Anfragen. Auf seiner Internetseite wirbt Gelsensport zwar damit, dass die Klubs „bei Problemen einen direkten Ansprechpartner haben, mit dem lösungsorientiert interagiert werden kann“, doch in der Realität sieht das anders aus. Cricket-Bundesligist Black Miners wartete drei Monate auf eine Antwort, wo der Verein denn seine neue Ballwurfmaschine unterstellen könne. Auch bei den Anträgen für das Förderprogramm „Moderne Sportstätten 2022“ kam es teils zu erheblichen Verzögerungen, der Fußballklub Erler SV 08 wartete ein halbes Jahr auf eine Reaktion von Gelsensport.
Hinzu kommt, dass der Zustand vieler Sportanlagen schlecht ist. Vereine wie Preußen Sutum (kein Strom und kein fließendes Wasser auf der Sportanlage), Arminia Hassel (Schimmel in der Dusche) und Union Neustadt (Löcher in den Wänden) sind nur einige Beispiele. Auch sie meldeten sich mehrmals erfolglos und waren letztlich so frustriert, dass sie ihre Probleme öffentlich machten. Für die langen Wartezeiten bei Anfragen entschuldigte sich der Stadtsportbund kürzlich in einem Brief an die Klubs. „In der Kommunikation mit den Vereinen ist es nicht immer so gelaufen, wie Sie es eigentlich in der Vergangenheit gewohnt waren. Wir werden für die notwendigen Veränderungen hart arbeiten, um eine erfolgreiche Sportpolitik zu gewährleisten und das zumindest teilweise verlorene Vertrauen wiederherzustellen“, heißt es dort. Dass es in Gelsenkirchen im Vergleich zu anderen Ruhrgebiets-Großstädten deutlich weniger große Kunstrasenplätze gibt (siehe Grafik), ist einer der weiteren Kritikpunkte.
Was hat es mit dem „Fall Fischer“ auf sich?
Rückblick: Die Gründung von Gelsensport
Der Kerngedanke bei der Übertragung der Aufgaben der Sportverwaltung von der Stadt auf den damaligen Stadtsportbund (SSB) war – wie so oft – das Geld.
Aufgrund der „dramatischen Entwicklung der kommunalen Finanzen“, wie diese Zeitung im Januar 1994 schrieb, hätte die Stadt Betriebskosten in Höhe von 2,3 Millionen Mark von den Vereinen erheben müssen, also Gebühren für die Nutzung von Sporthallen und Außensportanlagen. Zudem kündigte die Stadt an, freiwillige finanzielle Leistungen an den Sport kürzen oder ganz streichen zu wollen, und zog Schließungen von Sportanlagen in Betracht. Um dies zu verhindern, bot der Stadtsportbund dann der Stadt an, die Aufgaben der Sportverwaltung selbst zu übernehmen. Insgesamt sollte dies laut SSB kurz- bis mittelfristig rund 2,8 Millionen Mark einsparen. Der Vertrag, den SSB und Stadt anschließend entwickelten, sah etwa ein Verbot von Betriebskosten für städtische Sportanlagen vor. Nachdem die Vereine den Vertrag mit 238 Ja-Stimmen bei neun Enthaltungen und 34 Nein-Stimmen durchgewunken hatten und auch der Rat zugestimmt hatte, trat der Vertrag am 1. Juli 1994 in Kraft. Er gilt bis heute.
Die Vereine können die Sportstätten seither weiterhin kostenlos nutzen. Um dies finanziell stemmen zu können, erhält Gelsensport jedoch einen Zuschuss der Sparkasse Gelsenkirchen (siehe Gelder-Frage). Die Klubs müssen sich derweil um die Pflege und Instandhaltung kümmern. Gelsensport stellt den Klubs dafür Geräte und Pflegemittel zur Verfügung. Von der Stadt erhalten die Vereine einen Zuschuss, durch den sie beispielsweise Platzwarte finanzieren. Neben der Zusammenarbeit mit den Klubs engagiert sich Gelsensport zum Beispiel auch in den Bereichen Integration und Inklusion und fördert sozial schwächer gestellte Kinder und Jugendliche.
Gelsensport sorgte im Dezember 2020 mit einem Brief an die Vereine für Verwirrung. Darin forderte der Stadtsportbund den Fußballkreis auf, sich wegen vier Strafanzeigen von aktuellen und ehemaligen Gelsensport-Funktionären von seinem Vorsitzenden Christian Fischer zu trennen. Fischer soll vertrauliche Gespräche aufgezeichnet haben. Gelsensport hatte dies mit dem Brief öffentlich gemacht, obwohl es sich um ein laufendes Verfahrenes ohne rechtskräftiges Urteil handelt. Das plötzliche und harte Vorgehen gegen Fischer irritierte nicht nur die Klubs. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Gelsensport und warf dem Stadtsportbund in einem Ratsantrag Verstöße gegen die Unschuldsvermutung vor.
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Die Aussage Gelsensports in einem weiteren Brief, dass man als eingetragener Verein nicht dazu verpflichtet sei, sein Vorgehen gegenüber der Politik zu erklären, dies aber aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Sportausschuss und der Stadt dennoch tue, verurteilten die Grünen ebenfalls aufs Schärfste. Sie wiesen darauf hin, dass sich der Stadtsportbund sehr wohl äußern müsse, da er die Aufgaben der Sportverwaltung übernimmt.
Wie wirkt sich Politik auf die Posten aus?
In ihrem Ratsantrag zweifelten die Grünen die Neutralität an, die sich der Stadtsportbund als Ziel gesetzt hat, und warfen der Gelsensport-Führung vor, Verbindungen zur Großen Koalition aus SPD und CDU zu haben und sich Posten innerhalb der Parteien zuzuschachern.
Als Beispiele nannte der Grüne Stadtverordnete David Fischer den früheren Geschäftsführer und mittlerweile als Stabsstellen-Leiter fungierenden Günter Pruin (früherer SPD-Fraktionsgeschäftsführer), dessen entlassenen Nachfolger Marco Baron (Vorsitzender SPD-Ortsverein Buer-Mitte III), Gelsensport-Präsident Jürgen Deimel (Vorstandsmitglied im CDU-Ortsverband Resse/Resser Mark) und dessen Nachfolge-Kandidaten Dieter Kutzborski (Bezirksfraktionsvorsitzender der CDU Gelsenkirchen-Nord), der bereits im Februar 2020 von Deimel präsentiert, aber wegen der Corona-Pandemie noch nicht gewählt wurde. Die entsprechende Mitgliederversammlung fiel aus. „Gelsensport ist weit davon entfernt, den Sport in Gelsenkirchen politisch unbefangen und neutral zu steuern und zu verwalten“, beschwerten sich die Grünen.
Wie soll es nun weiter gehen?
Am 15. April wird der Sportausschuss zu einer Sondersitzung zusammenkommen, in der es nur um die aktuelle Situation bei Gelsensport gehen soll. Hintergrund ist, dass neben den Grünen auch alle anderen Parteien Aufklärungsbedarf angemeldet haben.
„Der Gelsenkirchener Sport und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf Transparenz. Die aktuellen auch personellen Entwicklungen deuten auf organisatorische Schwächen und Probleme hin, die für die Gelsenkirchener Sportlandschaft nicht gut sein können“, sagte etwa Andreas Batzel, sportpolitischer Sprecher der CDU.
Er verwies darauf, dass seine Fraktion bereits ein zeitnahes, externes Gutachten zur Analyse der Sportverwaltung beantragt habe und dafür eine fünfstellige Summe im Haushalt eingeplant worden sei.
Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Axel Barton, sieht in der Causa Gelsensport Gesprächsbedarf: „Gelsensport hat über Jahre hinweg erfolgreiche Arbeit geleistet. Es kann nach so langer Zeit natürlich Sinn ergeben, sich die Organisationen und die Abläufe mit Blick auf nötige Veränderungen anzusehen“, teilte Barton mit. „Ziel muss es sein, dass am Ende Verbesserungen in der Arbeit für die Vereine und den Sport in Gelsenkirchen herauskommen.“
Das Modell Gelsensport stellten SPD und CDU aber nicht generell infrage und widersprachen damit den Grünen, die in ihrem Antrag Informationen dazu fordern, wie sich der Vertrag der Stadt mit Gelsensport auflösen lässt. Der Antrag wird in der Sondersitzung des Sportausschusses auf den Tisch kommen. Darüber hinaus wirft die nächste Mitgliederversammlung bei Gelsensport ihre Schatten voraus. Der Vereine stimmen dann über den Nachfolger des scheidenden Präsidenten Jürgen Deimel ab. Zu Dieter Kutzborski, hört man, könnte es dann einen Gegenkandidaten geben. Stand jetzt soll die Versammlung am 25. Juni stattfinden.
So ist Gelsensport aufgebaut:
Da Gelsensport ein eingetragener Verein ist, ähnelt der Aufbau dem eines normalen Sportvereins. Mitglieder sind hier aber nicht direkt die Sporttreibenden, sondern die Klubs. Zum geschäftsführenden Vorstand von Gelsensport zählt der Geschäftsführer, der das Amt hauptamtlich ausfüllt, sowie der Präsident, der Vizepräsident Finanzen und der Vizepräsident Recht, die allesamt ehrenamtlich fungieren. Die Hälfte der Stellen des geschäftsführenden Präsidiums von Gelsensport sind derzeit unbesetzt: die des Geschäftsführers und die des Vizepräsidenten Finanzen.
Aufgrund des Status‘ als eingetragener Verein kann das Präsidium den Geschäftsführer ohne offizielle Stellenausschreibung einsetzen. Der Verzicht auf eine Ausschreibung kann jedoch für Intransparenz sorgen, da die Sportvereine keinen Einfluss darauf haben, wer das wichtige Amt des Geschäftsführers besetzt. Um nicht für jeden Entscheidungsvorschlag des Präsidiums eine Mitgliederversammlung einberufen zu müssen, ist der Hauptausschuss dazwischengeschaltet. Er besteht aus Vertretern der größten Fachschaften (u.a. Fußball, Billard, Sportschießen, Tennis, Turnen) und entscheidet über die Vorschläge des Präsidiums. In der Mitgliederversammlung wählen die Sportvereine dann die einzelnen Präsidiumsmitglieder abgesehen vom Geschäftsführer (den setzt ja das Präsidium ein).
Neben dem geschäftsführenden Vorstand sind bei Gelsensport Mitarbeiter in den unterschiedlichen Fachbereichen (zum Beispiel „Sportanlagenverwaltung“ und „Sportförderung“) tätig. Sie sind entweder bei Gelsensport selbst angestellt oder bei der Stadt. Letztere übernehmen gemäß Vertrag die Aufgaben, um die sich die Stadt Gelsenkirchen bis 1994 kümmerte. Die Weisungsbefugnis des Geschäftsführers gilt jedoch für alle 38 Beschäftigte.
Nach WAZ-Informationen soll es zudem noch einen bezahlten Berater geben: Der frühere Geschäftsführer Günter Pruin soll Gelsensport seit seinem Ausscheiden im Februar 2020 auf diese Weise unterstützt haben. Inzwischen ist er offiziell als Leiter der Stabsstelle „Sport- und Vereinsentwicklung“ tätig.
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