Gelsenkirchen. Fridtjof Unger setzt auf Motivation durch Positives statt Schwarzmalen. Wie er als Schulaufsicht Gelsenkirchener Grundschulen unterstützen will.
Für Fridtjof Unger ist das Glas im Zweifelsfall halbvoll statt halbleer. Sehen, was gut läuft und daraus Motivation ziehen und entsprechend verändern, was weniger gut läuft: So geht „der Neue“ im Schulamt seine Aufgabe an. Unger ist offiziell noch Rektor der Grundschule an der Erzbahn, an der er die letzten Jahre gearbeitet hat.
Zur Inklusion gehört auch Integration
Die Schule arbeitete als eine der ersten inklusiv, entwickelte Förderkonzepte, war Modellschule. Inklusives Arbeiten will Unger auch in seiner neuen Position bei der Schulaufsicht für Grundschulen in Gelsenkirchen vorantreiben. „Wobei Inklusion heute für mich auch Integration einschließt, da gibt es gar keine Alternative“, stellt Unger klar. Es gehe darum, wie man jedem Kind gerecht werden kann, mit welcher Förderung. Sprachsensibler Fachunterricht, Sprachförderung, Digitalisierung, Unterrichtsentwicklung („unser Kerngeschäft!“) sind für ihn zentrale Grundlagen, die er befördern helfen will. Auch jahrgangsübergreifender Unterricht, der Brüche in der Biografie durch Sitzenbleiben und Klassenwechsel verhindern kann, ist für ihn ein gutes Instrument.
Der Titel kommt erst später
Die Schulaufsicht im Auftrag der Bezirksregierung Münster über die Grundschulen in der Gelsenkirchen teilt er sich mit Schulamtsdirektorin Petra Bommert. „Wir haben die Schulen zwar untereinander aufgeteilt, aber wir fühlen uns beide für alle zuständig“, versichert er. Seine Aufgaben sind die eines Schulrates, aber diese Amtsbezeichnung bekommt er erst später zuerkannt. Was ihm nicht wichtig ist, wie er betont: „Mir geht es um die Sache, darum, dass wir den Grundschulen möglichst gute Rahmenbedingungen schaffen können, sie zu unterstützen.“
Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und seelischem Wohlergehen
In Sachen Infektionsschutz ist er sehr vorsichtig, die Maske nimmt er nur kurz für den Fotografen ab. „Als Schulleiter war ich schon in Quarantäne. Und ich möchte auch nicht verantwortlich dafür sein, dass es anderen schlecht geht“, erklärt der 52-Jährige. Dabei ist er mit der Wiederöffnung der Schulen durchaus einverstanden. Die Abwägung zwischen physischem Gesundheitsschutz und seelischem Wohlergehen der Kinder sei zwar schwierig, aber den in NRW getroffenen Kompromiss mit Wechselunterricht für Grundschule hält er für richtig. Zumal das Hygienekonzept stehe, viele Klassen bereits belüftet seien. Entweder mit den neuen Luftfiltern oder auch mit einer Belüftung, die bei der energetischen Sanierung eingebaut wurde wie an der Erzbahn oder im Haverkamp-Neubau.
Die Digitalisierung hat in der Pandemie einen Sprung gemacht
Grundschul-Neu- und Ausbauten in Planung
In Gelsenkirchen gibt es aktuell 39 Grundschulen an insgesamt 43 Standorten. Da entgegen allen Prognosen die Zahl der Kinder in der Stadt weiterhin steigt, wird der Platz an Grundschulen vor allem im Stadtsüden mittlerweile knapp.
Neben bereits erfolgten Ausbauten ist ein neuer Grundschulstandort die Ebersteinstraße in Mitte geplant, an der Kurt-Schumacher-Straße steht eine Erweiterung ins Haus und für den Stadtsüden wird bereits nach einem Standort für einen Neubau gesucht.
Der Neustart in Pandemiezeiten sei nicht einfach: „Normalerweise würde ich mich jetzt an den Schulen vorstellen. Ich kenne zwar einige, aber nicht alle. Miteinander ins Gespräch zu kommen ist wichtig, um aktuelle Entwicklungsvorhaben voranzutreiben.“ Dennoch sieht er das Schuljahr nicht als verschenkte Zeit. „Die Digitalisierung hat einen Sprung gemacht. Es ist wichtig, dass Schulen die Kontaktwege zu den Eltern halten. Elternbriefe kommen nicht immer an, auch ohne Lockdown. Per Messenger läuft die Kommunikation niederschwelliger. Und Schulen nutzen auch Kanäle wie Youtube für Erklärvideos. Das sind Wege, die die Eltern auch kennen“, so Unger.
Negativrankings helfen nicht weiter
Fehlender Schulraum, zu wenige Lehrer: Ja, die Probleme gibt es, räumt er ein. Aber die Weichen für den dringend notwendigen Schulraum-Ausbau seien ja schon gestellt, die Planungen dafür an einigen Schulen schon weit gediehen. Und durch das Starren auf Negativrankings, die er ohnehin für unangemessen hält, gebe es nicht mehr Lehrkräfte. „Es ist noch nicht alles Gold. Aber wir packen es an.“
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