Gelsenkirchen. Die Zahl der Straftaten in Gelsenkirchen ist auf dem niedrigsten Stand seit 21 Jahren. Wie die Polizei die Zahlen mit Blick auf Corona bewertet.
Die Zahl der Straftaten in Gelsenkirchen ist auf das niedrigste Niveau seit 21 Jahren in Gelsenkirchen gesunken. Bereiche wie Diebstahl und Raub verzeichnen eine stark rückläufige Tendenz - das ist die gute Botschaft, die sich aus der am Montag von Gelsenkirchens Polizeipräsidentin Britta Zur und Kriminaldirektor Jörg Ziegler veröffentlichten Kriminalstatistik für das Jahr 2020 entnehmen lässt. Aber es gibt auch Entwicklungen, die den Sicherheitskräften Sorgen bereiten.
Dazu gehört, dass die Fallzahlen von Taschendiebstahl auf hohem Niveau bleiben, Vermögens- und Fälschungsdelikte eine deutliche Zunahme erfahren haben, ebenso die Übergriffe auf Polizeikräfte. Auch die Computerkriminalität ist auf dem Vormarsch, bei der häuslichen Gewalt spricht die Polizei auf Basis von Eingangszahlen von einem „erhöhen Dunkelfeld“. Hartnäckig halten sich auch Straftaten, bei denen Senioren Opfer werden oder bei denen die Tatwaffe ein Messer ist - jetzt gesondert erfasst.
Zahlenwerk durch Corona-Pandemie nicht so belastbar - Einfluss auf Deliktsbereiche
„Das Zahlenwerk ist vielleicht nicht so belastbar wie sonst“, sagte Polizeipräsidentin Britta Zur mit Blick auf die anhaltende Corona-Pandemie. Mehrere Shutdowns und weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens haben ihr zu Folge zu Verschiebungen geführt.
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In dem Jahresbericht sind 21.494 Straftaten aufgeführt, das sind 443 Fälle weniger als noch 2019 (21.937). Statistisch gesehen kommt Gelsenkirchen damit auf 59 Straftaten pro Tag. Die Aufklärungsquote hat sich um 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr 52 Prozent verbessert. Seit 2016 wird mehr als die Hälfte der Delikte vor Ort aufgeklärt.
Bei Raub- und Diebstahlsdelikten nehmen die Zahlen seit 2014 ab, in beiden Kategorien „gibt es das niedrigste Aufkommen seit 17 Jahren“, sagte Kriminaldirektor Jörg Ziegler. In Zahlen: 8654 Diebstähle in 2020, in Relation zu 2014 sind das 5000 Fälle oder 37 Prozent weniger. Dazu kommen 79 Fälle von Raub (Taschenraub auf Wegen und Plätzen), verglichen mit dem Höchstwert von 2009 mit 295 Fällen ist das sogar ein Rückgang von 73 Prozent. In diesen Kategorien ist die Aufklärungsquote unterschiedlich - sie liegt bei rund 25 Prozent bei Diebstählen und bei 55 Prozent bei Raub.
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Diebe nehmen stärker Autos und Kellerräume ins Visier
Apropos Diebstahl: Der Wohnungseinbruchs-Diebstahl hat in 2020 um 2,2 Prozent (462 Fälle insgesamt) zugenommen - trotz Corona, Homeoffice und Co. Verglichen mit 2015 (1454 Fälle) ist die Kurve stark abgesunken und jetzt verflacht - viele Bewohner, Eigentümer und Vermieter haben laut Polizei offenbar aufgerüstet bei der Sicherheitstechnik. Bei Diebstählen von oder aus Autos und Beutezügen aus dem Keller sind die Quoten hingegen um mehr als 30 Prozent in die Höhe geschossen. Von 1281 Taschendiebstählen (2019: 1513) wurden 2020 5,46 Prozent aufgeklärt. An der Gesamtzahl der Diebstähle (8654) betragen „Auto“ und „Keller“ 25 respektive neun Prozent, Taschen- und Ladendiebstahl jeweils 22 Prozent.
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Dazu fällt der Anstieg der Vermögens- und Fälschungsdelikte (Betrug, Veruntreuung, Unterschlagung) von 15 Prozent und 181 Übergriffe auf Polizeivollzugskräfte auf - der zweithöchste Wert seit dem Jahr 2008 mit 247 Fällen. Auch die in jüngerer Zeit gesondert erfassten Straftaten mit Messereinsatz sind mit 135 Fällen (2019: 132) hoch. Etwa zwei Drittel der Taten mit Messer entfallen auf Bedrohungen und Körperverletzungen. Ziegler: „Wir registrieren, dass ein Messer zur Grundausstattung gehört.“ Ähnliches melden auch seine Kollegen von der Bundespolizei.
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Aufklärungsquote bei Kinderpornografie liegt bei über 90 Prozent
„Wo wir mehr hinschauen, wird auch mehr gefunden“, sagte Polizeipräsidentin Britta Zur. Seit eine spezielle Gruppe von Ermittlern in Gelsenkirchen Fälle von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern verfolgt, werden auch mehr Taten und Täter erfasst. In der Summe waren es 104 Fälle in 2020, im Jahr zuvor 100 - zuletzt stieg die Aufklärungsquote dank mehr Kräften von etwa 80 auf rund 93 Prozent.
Computerkriminalität setzt zum Höhenflug an
Die Computerkriminalität hat stark zugenommen in Gelsenkirchen. 284 Fälle sind in 2020 erfasst worden, ein Jahr zuvor lag die Zahl noch bei 196. Gut gefälschte Websites, zu vertrauensvolle Kunden und auch zu simple Passwörter werden von der Polizei als Ursache genannt.
Den Gesamtschaden der Straftaten gibt die Polizeibehörde für 2020 mit 13,145 Millionen Euro an. Das ist ein Rückgang um ein Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der größte Anteil entfällt auf Diebstähle mit rund sieben Millionen Euro, gefolgt von Betrug mit 3,3 Millionen Euro.
In der Kategorie häusliche Gewalt sind bei der Polizei 702 Fälle eingegangen, ein Minus von 26,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es handelt sich aber noch um ein nicht validiertes Ergebnis. „Wir gehen davon aus, dass wir es mit einem größeren Dunkelfeld zu tun haben“, sagte Kriminaldirektor Ziegler. Das Gros der Taten erstreckt sich auf ein Partnerverhältnis, weniger auf Erziehung und Betreuung. „Oftmals werden Fälle erst nach mehreren Übergriffen gemeldet und so überhaupt aktenkundig.“ Zwischen Tat, Offenbarung und Anzeige vergeht demnach viel Zeit.
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