Gelsenkirchen-Altstadt. Messer- und Drogenfunde am Gelsenkirchener Hauptbahnhof: So bewertet die Bundespolizei die Kontrollen rund um die Waffenverbotszone.
„Die Waffenfunde zeigen, dass unsere Kontrollen richtig sind. Das Problem ist nach wie vor da“, sagt Hendric Bagert, Sprecher der Bundespolizei am Sonntag. Da hat sich sich die Zahl der Feststellungen am Gelsenkirchener Hauptbahnhof auf fünf Messer- und drei Drogenfunde summiert. Dazu gab’s noch einen Schlagring und Pfefferspray. Und das trotz zahlreicher und großer Verbotsplakate im DIN A3-Format und massiver Präsenz von patrouillierenden Beamten rund um das Drehkreuz in der Altstadt.
Bundespolizei: Waffen sind nicht selten ständige Begleiter bei Heranwachsenden
Was den erfahrenen Hauptkommissar und Gelsenkirchener bestärkt in seiner Ansicht, ist nicht nur die Statistik, die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) demnächst der Öffentlichkeit vorstellt, sondern die besonderen Umstände, unter denen die Kontrollen seiner Kollegen stattfinden. „Corona hat den Reiseverkehr stark zurückgedrängt. Auch sind abends und an den Wochenenden nicht mehr so viele junge Leute unterwegs“, erklärt Bagert. Den Party- und Discoverkehr wie vor Corona gibt es so nicht mehr. Und trotzdem sind Waffen in Jacke oder Hose oft ständige Begleiter, vor allem bei jungen Männern.
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Problemgruppen sind für die Beamten Jugendliche und junge Heranwachsende, bei denen die Hemmschwellen durch den Konsum von Alkohol und Drogen auf ein gefährlich niedriges Niveau sinkt. Befindet sich dann auch noch eine Waffe in der Tasche, so wird aus einer harmlosen Frotzelei schlagartig eine lebensgefährliche Messerstecherei, wenn etwas falsch ankommt. „Der Griff zur Waffe geschieht dann reflexartig“, weiß Bagert.
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Kontrollen der Bundespolizei stoßen bei Reisenden im Gelsenkirchener Hauptbahnhof auf positive Echo
Und so ziehen Bundespolizisten in Sechser-Trupps durch den Hauptbahnhof, vorbei an den Läden, hoch zu den Gleisen, die Reisenden und Passanten mit den Augen scannend, im Gegenzug teils argwöhnisch beäugt von der Zielklientel oder auch teils verwundert wahrgenommen von Vorbeigehenden. So wie von diesem Paar, er aus Essen, sie aus Münster. „Wir dachten, das sei wegen der Überwachung der Corona-Regeln“, geben sie offen zu. Der wahre Hintergrund der massiven Präsenz von Ordnungshütern war ihnen wie so vielen anderen gar nicht bekannt.
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Macht ja nichts, sie finden die Streifen gut und richtig. „So etwas erhöht das Sicherheit. Es gibt einem ein gute Gefühl“, sagt die Frau. Als Essenerin weiß sie nur zu gut, dass der Hauptbahnhof dort noch viel häufiger in den Polizeiberichten auftaucht als der kleinere und weniger frequentierte in Gelsenkirchen. So hatten sich Anfang Januar etwa zwei Gruppen rivalisierender Jugendlicher am Essener Hauptbahnhof verabredet, um ihren Konflikt offen auszutragen. „Beamte fanden bei den jungen Männern Messer und Schlagstöcke“, erinnert sich auch Bagert.
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Bahnhöfe, Flughäfen und Grenzen im Blick
Die Bundespolizei ist in Nordrhein-Westfalen für die polizeiliche Sicherheit an knapp 700 Bahnhöfen und Haltepunkten, nebst einem rund 4700 Kilometer umfassenden Schienennetz, zuständig.
Darüber hinaus ist die Behörde für die Luftsicherheit an den beiden Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn sowie an allen NRW-Flughäfen (z.B. Dortmund, Weeze) und an der Schengenbinnengrenze zu Belgien und den Niederlanden für grenzpolizeiliche Aufgaben verantwortlich.
Bundespolizei in Sechser-Trupps im Gelsenkirchener Hauptbahn nötigt Kontrollierten Respekt ab
Mittwoch, zu Beginn der Kontrollaktion, stieß die Bundespolizei bei zwei Männern, 14 und 21 Jahre alt, auf verbotene Einhandmesser, drei weitere solcher Waffen stellten die Einsatzkräfte bis Freitagabend sicher, dazu noch Marihuana in kleineren Mengen bei einem Reisenden. Die Besitzer - allesamt junge Heranwachsende. Samstag wurden bei zwei Männern (17, 42) ein Schlagring und Pfefferspray gefunden, dazu entdeckten die Beamten drei Männer mit Drogen im Gepäck, einmal in größerer Menge.
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Auf Widerworte oder gar Widerstand stoßen die Bundespolizisten nicht. „Wenn man von sechs Polizisten umringt wird, erstickt beinahe jede Gegenwehr im Keim - verbal wie körperlich“, sagt eine Beamtin. Auch Bagert nickt zustimmend. Die personelle Aufrüstung der Wache am Hauptbahnhof zeigt positive Wirkung. „Es ist ein großer Unterschied, ob man zu zweit auf Streife geht und kontrolliert oder zu sechst.“ Aktuell versehen hier 18 Einsatzkräfte im Fünf-Schicht-Betrieb ihren Dienst.
Hilfreich ist dazu die Videoüberwachung. „Wir sind schnell zur Stelle, wenn sich jemand an einem Automaten zu schaffen macht oder im Bahnhof herumpöbelt.“ Über 30 Kameras observieren mittlerweile das Geschehen, die Bilder laufen in der Wache der Bundespolizei am Südausgang zusammen.
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Der Trupp Bundespolizisten stößt bei seiner Runde dann doch noch auf ein unerwartetes Hindernis. Zwischen den Baustellen - im Bahnhof werden Bodenplatten ausgetauscht - machen drei Senioren mit Rollatoren Halt. Nehmen Platz auf den Sitzen ihrer Untersätze, unterhalten sich. Vorbeigehende müssen sie umständlich umkurven. Ein ältere Beamter, ebenfalls ergraut, macht das Trio höflich darauf aufmerksam, dass das so nicht geht. „Zeigen Sie mir einen besseren Platz“, lautet die etwas sture Antwort. Der Polizist zeigt ein paar Meter weiter: Freifläche ohne Bauzaun. Das Gute liegt manchmal so nah. Verständnis weniger.
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