Gelsenkirchen-Beckhausen. Elf Floristinnen haben in Gelsenkirchen ihre Meisterprüfung bestanden. Ihre Abschlussarbeiten sind florale Werke zwischen Dekoration und Kunst.
Der Raum ist schlicht eingerichtet. Klare Linien, klare Strukturen. Gedeckte Töne beherrschen die Kulisse. Hier ein sattgrüner Trauerkranz, gefertigt aus Minze, Eukalyptus, und Bartnelken. Dort ein massiver, hölzerner Raumtrenner, aus dem Stängel mit fliederfarbenen, orangenen und grünen Knospen herausragen. Mit diesen Werkstücken hat die Gelsenkirchenerin Ronja Wilp gerade ihre Prüfung zur Floristmeisterin bestanden.
Wilp ist eine von elf Meisterschülerinnen der Floristmeisterschule Gelsenkirchen, die ihre Prüfung erfolgreich absolviert haben. Die Frauen kommen aus ganz Deutschland, anderthalb Jahre lang haben sie in der Meisterschule gelernt. Jede von ihnen hat in monatelanger Arbeit fünf Werkstücke zu einer spezifischen Aufgabenstellung vorbereitet: vom Konzept bis hin zur Zusammenarbeit mit Schreinern, Schlossern oder Glasern. Zur Auswahl standen Themen wie „Naturstoffe“, „Trockenblumen“ oder „Kranz“. Zusätzlich musste jede von ihnen einen Brautstrauß fertigen.
Gelsenkirchener Floristmeisterin arbeitet in vierter Generation im Familienbetrieb
Wilp hat sich das Thema „Corporate Identity“ für ihre Prüfung ausgesucht – sehr passend für die 28-Jährige, die in vierter Generation im Familienbetrieb „Wilp-Floristik“ arbeitet und schon im Kindergarten kleine Blumensträuße band. „Ich beschäftige mich viel damit, welche Akzente ich in unserem Betrieb setzen möchte und wie wir uns weiterentwickeln können“, so Wilp. „Außerdem interessiere ich mich für Marketing und dafür, wie wir unsere Corporate Identity visuell umsetzen können. Vor allem, seit wir sehr aktiv auf Facebook und Instagram sind.“
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Mehr als nur Sträuße binden
Träger der Floristmeisterschule Gelsenkirchen im Beckhausener „Floristpark International“ ist der Fachverband deutscher Floristen (FDF). Auf dem ehemaligen Bauernhof finden Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Floristik-Branche statt.
„Wir hoffen, dass wir in Zukunft noch mehr junge Menschen für den Beruf und die Meisterschule begeistern können“, sagt FDF-Sprecherin Nicola Fink, angesprochen auf das Nachwuchsproblem der Floristikbranche. „Floristik ist mehr als kreatives Sträuße binden. Man muss konzeptionell und betriebswirtschaftlich denken können.“
Der Stil ihrer Abschlussarbeiten? „Die Werke sind an den Bauhaus-Stil angelehnt, sehr zeitlos und schlicht“, erklärt Wilp. „Meinen Trauerkranz habe ich zum Beispiel absichtlich nur in einer Farbe gestaltet, dafür aber verschiedene Texturen benutzt.“ In der Meisterschule habe sie vor allem gelernt, sich von der Natur inspirieren zu lassen. „Wenn man spazieren geht und sich die Landschaft anschaut, kann man daraus richtig kreative Ideen entwickeln.“
Thema „Natur“ spielt eine große Rolle in den Abschlussarbeiten
In der Tat greifen viele der Absolventinnen das Thema „Natur“ in ihren Werken auf und arbeiten mit Naturmaterialien. So hat eine von ihnen mehrere Werke aus Holz gefertigt – von einem hängenden Deko-Element aus Schaschlikspießen bis hin zu einer Installation aus kleinen Kohlenstücken, die das letzte Stadium des Materials symbolisieren. Eine andere wählte das Thema „Texturen“, arbeitete mit Wachs und stellte einen Ikarus-Flügel und ein Deko-Element aus Bienenwachs her.
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Besonders spektakulär sind die Werke der Hamburger Meisterschülerin Elisabeth Schoenemann. Die 33-Jährige hat das Thema „Papier und Blume“ gewählt und sich vor allem am Nachhaltigkeitsaspekt abgearbeitet. „Ich habe gelesen, dass jeder Deutsche einen Papierverbrauch von 250 Kilo im Jahr hat“, erzählt sie. Diesen enormen Verbrauch symbolisiere der „Trost-Tunnel“, eine Installation aus unzähligen aufgefädelten Taschentüchern in Blütenform. Für ein anderes Werk schredderte sie entwertete Geldscheine und umwickelte kleine Äste damit.
Große Ausstellung in Gelsenkirchen fiel coronabedingt aus
Laut Nicola Fink, Sprecherin des Fachverbandes Deutscher Floristen (FDF), der Träger der Meisterschule ist, hat sich die Corona-Krise auf die Trends in der Floristikbranche ausgewirkt: „Insbesondere Naturmaterialien erleben wieder mehr Wertschätzung.“ Einen Strich durch die Rechnung machte das Virus allerdings der großen Ausstellung der Floristmeisterinnen. Normalerweise können sich Besucher ihre Kreationen im Floristpark International an der Theodor-Otte-Straße anschauen – in diesem Jahr konnte keine öffentliche Veranstaltung stattfinden.
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