Gelsenkirchen. . Die Gelsenkirchener Verbraucherschützerin Heike Higgen zeigt, wie man zum Fest Geschenke packt und trotzdem Natur und Umwelt schont. Sie sagt: Recyclingpapier ist aus der Mode.
Deutschland hat eine Führungsposition in Europa – politisch, wirtschaftlich, technisch. Unrühmlicherweise liegen die Bundesbürger ebenso auf anderen Feldern an der Spitze. Weihnachten wird das auch in Gelsenkirchen sichtbar werden: Dann, wenn tausende überquellende Mülltonnen drohen, ihre bunt-glitzernden Geschenkpapiere, Folien und Verpackungen mangels Platz wieder auszuspucken.
Weltmeisterlicher Verbrauch
„Unser Papierverbrauch ist weltmeisterlich“, weiß Heike Higgen von der Verbraucherzentrale Gelsenkirchen zu berichten. In Zahlen: 235 Kilogramm Papier schlagen pro Kopf und Jahr zu Buche, nur Japan und die Vereinigten Staaten verschleißen mehr Blatt. Damit verbraucht die Bundesrepublik so viel Papier wie die Kontinente Afrika und Südamerika zusammen. EU-weit liegt der Papierverbrauch im Schnitt bei lediglich 170 Kilogramm pro Kopf und Jahr.
Woran’s liegt? „Recycling-Papier ist aus der Mode gekommen“, sagt Higgen, „nicht mehr gesellschaftsfähig.“ In den 1990er-Jahren habe es noch ein recht großes Angebot an Produkten aus wiederverwertetem Papier gegeben – Schulhefte und Kladden, ja selbst Geschenkpapier. Und heute? „Mangelware“, sagt die Verbraucherschützerin, „man bekommt es meist nur nach langer Suche auf Bestellung über das Internet .“ Offenbar, so ihre Erfahrung, hat das Recycling-Papier mit dem Prüfsiegel „blauer Engel“ mit hartnäckigen Vorurteilen zu kämpfen. Dem dunkleren Blatt hafte „ein schmutziges Images an“. Nicht von ungefähr finde man es vorwiegend als Toilettenpapier. Wer mag da seinen Liebsten ein Geschenk aus Recyclingpapier unter den Weihnachtsbaum legen?
Dabei geht es auch anders, wie der Blick auf den Tisch zeigt. Da hat Heike Higgen mit viel Liebe zum Detail sowie einem „überschaubarem Aufwand“ an Bastelzeit eine ganze Reihe Verpackungsalternativen gefunden, die Ressourcen und Geldbeutel schonen.
Alternativen zum Einpacken
Braunes Paketpapier, ebenso ein Recyclingprodukt, harmoniert da prächtig mit Tannengrün und -zapfen aus dem Wald. Mit Wasserfarbe und (Keks-)Schablone lassen sich schnell noch goldene Sterne und andere Motive aufmalen. Das Kochbuch hat passenderweise ein Geschirrhandtuch als Wickel und Stoffreste wie etwa alte und zurecht geschnittene Gardinen oder Tischdecken eignen sich auch ganz trefflich, um Gaben zum Fest einzupacken. Jutebänder und -schnüre halten sie in Form, aber eine Blechdose mit neutralem Motiv tut’s genau so – und kann später im Haushalt andere nützliche Dinge bergen.
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Ähnlich ist es auch bei einem (alten) Schal oder einer Mütze. Hauptsache: Es ist dafür keine neue Verpackung aus Papier nötig. „Denn jeder zweite industriell gefällte Baum wird für die Papierproduktion verwendet“, sagt Heike Higgen. „Möglichkeiten gibt’s genug“, betont die Beraterin deshalb. Allein die Fantasie fehle meist. Und aus Bequemlichkeit der Wille. Sie zeigt auf eine gefaltete Geschenktüte. Die hing mal als Schmuck und Kalenderblatt an der Wand. „Die Anleitung zum Falten hab ich aus dem Internet – die gibt es als PDF oder als Youtube-Video“, sagt Heike Higgen, um dem Argument der zwei linken Hände und der Zeitnot gleich die Grundlage zu entziehen.
Plastik, Folie? „Um Gottes Willen, nein“, sagt die Verbraucherschützerin entsetzt. Und sie hat allen Grund dazu: 617 Kilogramm pro Kopf und Jahr an Verpackungsmüll produziert jeder Deutsche, mehr als 140 Kilogramm als im EU-Schnitt. Weltmeisterlich, aber auf den Titel sollte keiner stolz sein.