Buer. . Ursula Godde betrieb 16 Jahre lang ein Blumenfeld in Gelsenkirchen. Das Konzept: Kunden schnitten Blumen und warfen das Geld in eine Box.

Scherzhafte Geschichten erzählen immer wieder von Knöpfen, die im Klingelbeutel landen. Solch kuriose Funde aber kennen auch jene Landwirte, die ihre Erzeugnisse auf der Basis einer „Kasse des Vertrauens“ abgeben. Das Konzept: Nach dem Ernten geht der Kunde an eine kleine Bude, rechnet selbst anhand einer Liste aus, was er dem Erzeuger schuldig ist und wirft sein Geld in eine Box.

Soweit, so gut. Doch man ahnt es schon: Dieses Vertrauen der Landwirte wird zuweilen ausgenutzt. Das weiß auch Ursula Godde zu berichten, die 16 Jahre lang ein Blumenfeld im Schaffrath betrieb. „Wenn sie Präsenz zeigen, dann ist alles in Ordnung. Aber sonst ist die Zahlungsmoral schlecht. Das Ganze beruht aber ja auf Ehrlichkeit und Vertrauen“, sagt sie und berichtet, sie könne ein Buch schreiben über das Erlebte. In der Kassenbox fand sich in den Jahren so einiges: Parkscheine, Monopoly-Geld oder eben der besagte Knopf.

„Es gab immer Menschen, die nicht den richtigen Betrag gezahlt haben. Aber ich bin der Meinung, in den letzten Jahren hat das zugenommen.“ Geiz gilt einigen eben immer noch als geil. Dabei fand sich schon früher ein Hinweis an der Kasse der mahnte: „Nur bezahlte Blumen bringen Freude.“ Dazu die Bitte der Familie Godde: „Belohnen sie uns mit ihrer Ehrlichkeit.“

Allerdings, man dürfe keinesfalls alle Kunden über einen Kamm scheren. „Es gab auch viele nette Menschen, die ehrlich gezahlt haben.“ Sie waren Ursula Godde über die Jahre eine Motivation. „Mir hat das Blumenfeld viel Freude gemacht. Es war wirklich besonders“, weiß sie, dass viele Menschen die Blumenpracht gern bewunderten und schätzten. „Das war mein vergrößerter Garten und eine schöne Zeit für mich.“

Vor zwei Jahren verpachtete die Blumenfreundin das Feld. Ein Landwirt aus Kirchhellen baut hier jetzt auf einem Teil Kürbisse an, hält aber auch fest an einem bunten Blumenfeld – und hofft weiterhin auf die Ehrlichkeit der Kunden, die hier ihre Blumen selbst schneiden.

Ein Konzept für die Breite ist die „Kasse des Vertrauens“ nicht, weiß Hubertus Hölscher vom Landwirtschaftlichen Lokalverein Buer. „Mir ist im Stadtnorden keine andere Stelle bekannt, wo man auf den guten Geist der Bevölkerung hofft.“

Noch viel Entwicklungspotenzial

Ein anderes Beispiel für eine personallose Verkaufsstelle ist die Milchtankstelle. Dort allerdings wirft man vorher Geld ein. „Da gab es auch schon Fälle, in denen diese aufgebrochen wurden. Ich würde solche Vermarktungswege nicht wählen. Dafür investiert man zu viel Zeit und Arbeit in die Produkte.“

Sein Fazit für die „Kasse des Vertrauens“, die sich in europäischen Nachbarländern durchaus schon bewährt hat: „Produkte auf Vertrauensbasis anbieten – da hat Deutschland noch ganz viel Entwicklungspotenzial.“