Gelsenkirchen. Frank Baranowski wird zur Kommunalwahl 2020 in Gelsenkirchen nicht mehr als Oberbürgermeister-Kandidat antreten. Das kündigte er Montagabend an.

Frank Baranowski wird zur Kommunalwahl am 13. September 2020 nicht wieder antreten. Das kündigte der Oberbürgermeister am Montagabend an, kurz nachdem er seine Fraktion darüber informiert hatte. Der Sozialdemokrat war dann 16 Jahre im Amt des ersten Bürgers der Stadt. Einen konkreten Anlass oder gar eine Alternative für die Zeit danach gebe es bislang nicht, versicherte der 57-Jährige. Und er werde sein Amt auch bis zur Wahl mit voller Kraft weiter ausüben.

Die letzte Wiederwahl mit 67,4 Prozent

Frank Baranowski ist 57 Jahre alt. 2004 hat er als Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) abgelöst. Danach wurde er zweimal wiedergewählt, einmal mit 63,9 Prozent der Stimmen, einmal mit 67,4 Prozent,

Der gebürtige Gelsenkirchener ist bereits seit 1978 Sozialdemokrat, war in den 80ern Vorsitzender der Jusos in Gelsenkirchen. Der Lehrer für Deutsch und Geschichte ist seit 1998 Mitglied des Landesvorstand, war Mitglied des Landtags und stellvertretender Vorsitzender der Landtagsfraktion.

Frank Baranowski bei der Pressekonferenz, mit der er seinen Rückzug als Oberbürgermeisterkandidat zur Kommunalwahl 2020 ankündigte.
Frank Baranowski bei der Pressekonferenz, mit der er seinen Rückzug als Oberbürgermeisterkandidat zur Kommunalwahl 2020 ankündigte. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Er habe andere Angebote, die es sehr wohl immer wieder gegeben habe während seiner Amtszeiten, stets abgelehnt, um den Auftrag, den der Wähler ihm erteilt habe, bis zum Ende zu erfüllen. Das werde auch jetzt der Fall sein. Aber für ihn habe stets festgestanden, dass Politiker sich hinterfragen und überprüfen müssten. Und er habe für sich auch stets gewusst, dass er zu einem Zeitpunkt selbstbestimmt gehen wolle, zu dem die Mehrheit dazu „schade“ sage, und nicht „endlich“.

Ein halbes Leben mit öffentlichem Mandat

„Bei der nächsten Kommunalwahl werde ich 16 Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen sein und übe dann über dreißig Jahre – also mehr als mein halbes Leben – ein öffentliches Mandat aus (Ratsmitglied, Landtagsabgeordneter, Oberbürgermeister). Ich habe es immer als große Auszeichnung und Ehre empfunden, für meine Heimatstadt über einen so langen Zeitraum ununterbrochen politisch tätig sein zu dürfen“, versicherte Baranowski bei der Pressekonferenz sichtlich bewegt.

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„Niemand ist in seinem Beruf unentbehrlich. Auch nicht als Politiker“

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Bei seiner Entscheidung habe auch die Entwicklung der SPD noch einmal eine Rolle gespielt. Gerade jetzt werde er gebraucht, habe man ihm gesagt, und das sei auch Balsam für ihn gewesen. „Aber letztlich darf dieser Balsam nicht das überdecken, was für mich auf der Hand liegt. Ich war immer und bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass niemand in seinem Beruf unentbehrlich ist. Auch nicht als Politiker“, so Baranowski in seiner Begründung. Mit Angst, diesmal nicht gewinnen zu können, habe das nichts zu tun. „Als ich gegen Oliver Wittke angetreten bin 2004, hätte niemand einen Euro auf meinen Sieg gewettet.“ Dass er sein Nicht-Antreten gerade jetzt ankündige, sei allein dem Wunsch geschuldet, seiner Partei Zeit und Gelegenheit zu geben, um sich vorzubereiten. Die Parteispitze habe er bereits vor einiger Zeit informiert, die Fraktion erst am Montag. Wer an seiner Stelle antreten könne, wer geeignet wäre als Nachfolger in seinen Augen, was er selbst nach der Wahl tun werde – Antworten auf diese Fragen gab es nicht. Zur Ruhe setzen werde er sich aber sicher nicht, räumte er ein.

„Ich wollte nie dienstältester Oberbürgermeister in Gelsenkirchen werden“

„Als junger, politikinteressierter Mensch empfand ich die 16-jährige Amtszeit des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl schon als schrecklich lang. Wenn ich diesen Maßstab aber an andere anlege, dann muss ich ihn auch für mich gelten lassen“, so Baranowski. „Ich wollte nie in die Geschichte der Stadt Gelsenkirchen eingehen als dienstältester Oberbürgermeister der Nachkriegszeit. Das ist zurzeit Robert Geritzmann, er war Oberbürgermeister von 1946 bis 1963, also 17 Jahre. Während meiner Zeit in öffentlichen Ämtern und Mandaten habe ich immer versucht, mir die Fähigkeit zur Selbstkritik zu bewahren.“

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Bei der aktuellen Entscheidung sei es auch um seine Kraft, Gelassenheit, Durchsetzungsfähigkeit und Offenheit für neue Ideen gegangen und deren Erhalt auch für eine komplette weitere Amtszeit. Er habe sich gefragt: „Habe ich mit einer dann 20 oder 21-jährigen Amtszeit auch noch die nötige Flexibilität, Energie und Aufnahmebereitschaft für die Notwendigkeiten in Gelsenkirchen und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger oder habe ich dann alles schon einmal gehört und gesehen?“ Das Aufhören falle ihm schwer, aber es würde 2025 nicht einfacher. „Bis zum Ende meiner Amtszeit im Oktober 2020 werde ich mit voller Kraft und Energie für Gelsenkirchen arbeiten und meinen Vertrag mit den Bürgerinnen und Bürgern voll erfüllen – an Herausforderungen mangelt es in keinem Fall!“ versprach er schließlich noch.