Gelsenkirchen. In Berlin diskutiert die SPD über einen neuen Chef. Genossen in Gelsenkirchen können sich OB Baranowski vorstellen. Doch der winkt ab.
In Berlin ringt die SPD-Spitze um einen Weg, wie der künftige Vorsitz bestimmt werden soll. Ein Vorschlag des SPD-Ostbeauftragten: „Ich würde mich freuen, wenn einer unserer erfolgreichen Oberbürgermeister die Herausforderung annimmt“, sagte Martin Dulig am Montag der Welt. Viele Gelsenkirchener Genossen können sich Frank Baranowski „selbstverständlich vorstellen“. Doch der sagt Nein.
Er würde als Oberbürgermeister fehlen
„Natürlich könnte Frank Baranowski den Job!“, meint Heike Gebhardt auf Anfrage. „Er ist Vorsitzender der Landes-SGK, der Bundes-SGK (Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik Anm. d. Red) – selbstverständlich kann ich ihn mir an der Spitze der Partei vorstellen.“ Allerdings, so die Landtagsabgeordnete, habe man dann in Gelsenkirchen ein Problem. „Er würde uns als Oberbürgermeister enorm fehlen.“ Wichtig aber sei für die Partei jetzt ein klarer Schnitt. „Wir brauchen unverbrauchte Köpfe, die nicht in Verbindung mit den Hartz IV-Reformen stehen.“
Er kennt die Sorgen der Menschen
Auch für MdB Markus Töns steht außer Frage, dass Gelsenkirchens Oberbürgermeister für den Bundesvorsitz in Frage käme. „Er ist definitiv ein erfolgreicher Oberbürgermeister. Er ist bürgernah, kennt die Sorgen der Menschen und auch die finanziellen Probleme der Kommunen.“ Grundsätzlich sei es richtig, auch Oberbürgermeister für den Posten in Betracht zu ziehen. „Ein Oberbürgermeister ist 52 Wochen im Jahr in seiner Stadt und nimmt Termine wahr. Ich als Bundestagsabgeordneter bin meistens in Berlin, das bringt das Mandat mit sich.“ Was die Menschen bewegt, wisse ein guter Oberbürgermeister sehr genau.
Berlin ist ein heißes Pflaster
„Inhaltlich könnte Frank Baranowski das“, sagt auch SPD-Fraktionschef Klaus Haertel. „Und seine Themen sind ja Integration und Bildung, das sind auch ganz wichtige Themen auf Bundesebene.“ Aber Berlin sei nicht Gelsenkirchen. „Das ist ein heißes Pflaster, da gibt es so viele Strömungen, da wird jemand schnell verschlissen.“
Auch Kevin Kühnert vorstellbar
„Frischer Wind ist gut“ sagt Philipp Johannknecht. „Aber ich finde, dass das Amt des Oberbürgermeisters nicht unbedingt die Voraussetzung dafür ist, Bundesvorsitzender zu werden.“ Den Juso-Chef auf Bundesebene Kevin Kühnert hingegen kann sich der Juso-Vorsitzende in Gelsenkirchen als neuen Vorsitzenden durchaus vorstellen, „Wie aber die Chancen sind, das kann ich schlecht einschätzen.“
Baranowski will in Gelsenkirchen bleiben
Oberbürgermeister Frank Baranowski selbst winkt bei der Frage nach dem Bundesvorsitz entschieden ab: „Nein! Parteivorsitzender der SPD ist nichts für freie Wochenenden.“ Er stehe für dieses Amt nicht zur Verfügung und widme sich weiterhin in vollem Umfang seinen Aufgaben in Gelsenkirchen.
Keine Amerikanisierung des Systems
Wie genau über den neuen SPD-Chef entschieden werden soll, ist eine weitere Frage, über die die SPD in diesen Tagen in Berlin streitet. Den Vorschlag, die Abstimmung über den oder die neue(n) Vorsitzende(n) und auch den oder die Kanzlerkandidaten/in auch für Nicht-Mitglieder zu öffnen, wie ihn Bundestagsvize Thomas Oppermann am Montag in dieser Zeitung formulierte, lehnen Genossen in Gelsenkirchen ab. „Das würde zu einer Amerikanisierung des Systems beitragen, die ich nicht für gut halte“, meint Markus Töns.
Kann man Parteimitgliedern nicht vermitteln
Auch Heike Gebhardt kann mit der Idee wenig anfangen. „Sich für fünf Euro in diese Wahl einzukaufen: Das wäre ein Mindestmonatsbeitrag. Das könnte man langjährigen Parteimitgliedern doch gar nicht vermitteln.“ Ähnlich sieht es der hiesige Juso-Chef Johannknecht: „Ich halte es für keine gute Lösung, wenn Leute sich in eine Wahl einkaufen können.“ Und Klaus Haertel sagt: „Ich halte da gar nichts von.“
Viele haben schon abgewunken
Wie soll der neue SPD-Chef bestimmt werden? Wichtige Fragen sind etwa, wie die rund 438.000 Mitglieder beteiligt werden sollen und ob es eine Doppelspitze geben soll. Derzeit führen die Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, Malu Dreyer und Manuela Schwesig, sowie der hessische Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel kommissarisch die Partei. Alle drei wollen aber nicht dauerhaft an der Spitze bleiben. Auch eine Reihe weiterer SPD-Spitzenpolitiker wie Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil haben bereits abgewunken.