Kamen/Gelsenkirchen. Den Weg zur Arbeit nach Gelsenkirchen legt Redakteurin Tina Bucek normalerweise mit dem ÖPNV zurück. Heute nimmt sie das Auto. So war’s.

Mein Tag beginnt um 7.30 Uhr, also, um halb Acht schlage ich die Augen auf, weil der Alarm am Handy klingelt. Das ist erwähnenswert, denn um halb Acht stehe ich an normalen Tagen schon auf Gleis 1 (von zwei Gleisen) an unserem Dorfbahnhof. Der RE3 rollt um 7.45 Uhr ein (wenn er pünktlich ist). Aber heute ist ja alles anders. Heute kann ich mich nochmal strecken.

Die Bahn-App kann mir egal sein. Heute fahr ja mit dem Auto zur Arbeit, und laut Navi brauche ich für die Strecke von Kamen-Methler nach Gelsenkirchen 44 Minuten. Da ich bis auf mein Radl keinen fahrbaren Untersatz besitze, leihe ich mir den Flitzer meiner Mutter. Opel Meriva mit Automatik und Schiebedach und heute auch einer Packung meiner Lieblingslakritze. Da steht er so unschuldig in der Einfahrt: Kaum zu glauben, dass so ein schmuckes Teilchen so viel Dreck in die Atmosphäre schleudert.

Erstmal zur Tanke mit Tönnies und Trump

Freiheit hinterm Steuer? Für Redakteurin Tina Bucek ist die Autofahrt ins Büro eher Stress.
Freiheit hinterm Steuer? Für Redakteurin Tina Bucek ist die Autofahrt ins Büro eher Stress. © Foto: Tina Bucek

Gegen halb Neun lasse ich mich in den zugegebenermaßen sehr bequemen Sitz fallen und schmeiß die Kiste an. Mist, die Tankanzeige ist gegen mich, ich habe noch Sprit für genau zwölf Kilometer. Also erstmal zur Tanke. Da bin ich um die Zeit selbst in der Pampa nicht die einzige, und bei einer Zapfsäule für drei Autos ist jetzt erstmal Warten angesagt. Ich dreh das Radio auf. WDR 5. Trump in El Paso, der Tönnies wieder, und Thyssen streicht Stellen. Immerhin werde ich informiert sein, wenn ich im Büro ankomme. Aber das bin ich mit Smartphone im Zug auch.

Vollgetankt geht’s weiter. Auffahrt A2, direkt in die Baustelle rein, der Adrenalinspiegel steigt. Es ist voll, aber der Verkehr rollt. Jetzt nur nicht zucken, Blick starr nach vorne. Warum hab ich die Klimaanlage nicht höher gestellt? Egal, im Moment muss ich schwitzen, es ist zu eng. Über die 45 geht’s rauf auf die 42. Wenn es für eine Autohasserin so etwas wie eine Lieblingsautobahn gibt, dann ist meine die A42. Kreuz Castrop-Rauxel Ost. Herne-Baukau. Gelsenkirchen-Bismarck: Das ist so Ruhrpott, so tief im Westen ist das, das kann man nicht lernen.

A42: Fahrbahndecke mit bewegter Geschichte

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Auch die Fahrbahndecke der A42 hat offensichtlich eine bewegte Geschichte. Als ich die Abfahrt Gelsenkirchen-Zentrum erreicht habe, überlege ich kurz, ob ich meine Krankengymnastik morgen absagen soll. Denn durchgewalkt bin ich nach der Huckelpiste zur Genüge. Im Radio geht es jetzt um die Fleischsteuer. Frühstück, das war’s. Das nehme ich sonst immer zwischen Dortmund Hauptbahnhof und Ausstieg Wanne-Eickel zu mir. Aber jetzt sind meine Hände ja am Steuer festgetackert und meine Käsestulle suppt in meiner Handtasche ins Butterbrotpapier.

Wasser und Lakritz als Wegzehrung: Aber Essen und Fahren gleichzeitig ist schwierig.
Wasser und Lakritz als Wegzehrung: Aber Essen und Fahren gleichzeitig ist schwierig. © Foto: Tina Bucek

Ich biege rechts in die Grothusstraße. Gelsenkirchen-Zentrum sagt ein Straßenschild, genau da muss ich hin. Die freundliche Stimme aus meinem Navi erklärt mir, ich sei jetzt in der Overwegstraße, obwohl ich gar nicht abgebogen bin. Das verstehen nur Hardcore- Automobilisten, ah, jetzt sehe ich rechts das Zentralbad, links das Musiktheater. Das kenne ich, ich bin bald da. Zeit für ein Lakritz, ich angele mit einer Hand im Handschuhfach und steige ein paar Sekunden später voll in die Eisen. Vor mir fährt ein Taxi nicht an, obwohl die Ampel längst auf Grün gesprungen ist.

Vor der Ampel voll in die Eisen

Ich schaue auf die Uhr. Halb zehn. Wo hab ich eigentlich die Zeit verdaddelt? Ich drücke auf die Hupe. Ein Typ mit Baseballcappi lehnt sich aus dem Fenster und macht ein Handzeichen, das ich hier nicht beschreiben möchte. Wenigstens rollt seine Karre jetzt, leider zeigt die blöde Ampel wieder rot. Gleich fängt Zeitzeichen an. Da stellen sie wahrscheinlich wieder irgendeine Wunderheilerin aus dem 13. Jahrhundert vor oder den Erfinder der Fritöse. Egal, jetzt noch links abbiegen in den Pastoratsweg und dann ruck zuck n ‘Parkplatz im Hof hinter der Redaktion schnappen. Um viertel vor zehn bin ich da, ich schwör. Mit oder ohne Wunder.

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– Die andere Sichtweise von Steffen Gaux: Mit Bus & Bahn statt Auto zum Job

CO2-Ausstoß und Kosten

Laut Wissenschaftsmagazin Quarks & Co. liegt der CO2-Verbrauch bei 47 Kilometern mit einem Benziner mit einem Verbrauch von 6,8 Litern pro 100 Kilometer und einer Person im Auto bei 8,9 Kilogramm. 47 Kilometer mit dem ÖPNV führen pro Person zu einer Bilanz von 3 Kg CO2-Ausstoß pro Strecke.

Die Kosten für die Strecke Kamen-Methler-Gelsenkirchen (47 km) mit dem Auto betragen laut ADAC 30 Cent pro Kilometer – inklusive Sprit, Instandhaltung und Werteverfall. Macht 14 Euro pro Strecke.

Im ÖPNV gilt von Methler nach Gelsenkirchen die Preisstufe C; das Einzelticket kostet 12,80 Euro. Monatstickets lohnen sich, wenn man regelmäßig fährt. Fazit: Für die längere Strecke ist der ÖPNV günstiger und klimafreundlicher.