Gelsenkirchen. Straßenbauer wie die auf der A42 in Gelsenkirchen werden von Autofahrern als Staumacher geschmäht. Dabei profitieren sie von ihrer Maloche.

Man nennt sie die „Staumacher“. Sie verursachen Stress, Staub und vor allem Stop-and-go-Verkehr im ohnehin schon verstopften Ruhrgebiet. Die Männer vom Straßenbau sind nicht beliebt auf deutschen Autobahnen. Eigentlich völlig paradox, denn die Autofahrer profitieren von den Arbeiten am meisten. Und wer einmal neben oder auf einem Asphaltfertiger gestanden hat, der weiß, das ist Maloche pur, bei Lufttemperaturen deutlich über 50 Grad Celsius über dem Asphalt, ein Knochenjob.

Bauleiter Tim Schwinning führte uns über die Baustelle auf der A42 in Höhe Gelsenkirchen-Zentrum.
Bauleiter Tim Schwinning führte uns über die Baustelle auf der A42 in Höhe Gelsenkirchen-Zentrum. © FFS | Foto: Heinrich Jung

Montagmittag, Maschinenballett vor der Ausfahrt Gelsenkirchen-Zentrum: Zwei Asphaltierungskolonnen mit jeweils vier Großgeräten hintereinander auf der A42 im Gleichtakt. Vom Spezial-Lkw rutscht zäh-klebriger Asphalt in die Wanne des Beschickers. Die Baumaschine schiebt stetig über Kratzbänder 170 Grad heißem Nachschub in den Asphaltfertiger, den die Einbaubohle des Fertigers rüttelnd, dampfend und mit immensem Drucker dann gleichmäßig zu einem geschlossen schwarzen Streifen auf den Untergrund aufpresst. Dahinter rumpelt die tonnenschwere Walze vor und zurück und besorgt den Rest an nötiger Verdichtung.

120.000 Tonnen kommen auf das Teilstück in Gelsenkirchen

Arbeiten eng: Der Schwerlaster mit dem heißen Asphalt, der Beschicker, der Asphaltfertiger und die Walze.
Arbeiten eng: Der Schwerlaster mit dem heißen Asphalt, der Beschicker, der Asphaltfertiger und die Walze. © FUNKE Foto Service | Heinrich Jung

„Drei Meter pro Minute“, sagt Bauleiter Tim Schwinning mit zufriedenem Blick auf die langsam voran rollenden Kolonnen. „Ein gutes Tempo.“ Viele Autofahrer würden jetzt widersprechen, denn sie sind genervt von Staus und Baustellen.

Wer sich aber einmal die Dimensionen und Eckdaten des 5,5 Kilometer langen Bauabschnittes zwischen Essen-Altenessen und GE-Zentrum zu Gemüte führt, der stellt schnell fest: Von Baustelle im Tiefschlaf kann nie und nimmer die Rede sein.

15 Brücken werden auf dem A42-Teilstück gleich mit der Autobahn mitsaniert. „Gut 120.000 Tonnen Asphalt bauen wir ein“, erzählt Ingenieur Tim Schwinning, „das sind mal eben schlappe 4400 Lkw-Ladungen.“ Eine technische und logistische Herausforderung in einem Revier, das täglich knapp an einem Verkehrsinfarkt vorbei schrappt.http://funke-cms.abendblatt.de:8080/webservice/thumbnail/article/226353153

Fertigstellung: Mitte 2020

Gestartet ist die Baustelle auf der A42 zwischen Essen und Gelsenkirchen im November 2017, fertig sein soll das Teilstück Mitte 2020. Kosten: 24 Millionen Euro.

Die Anschlussstelle GE-Zentrum in Fahrtrichtung Dortmund wird voraussichtlich am Wochenende des 17./18. Juli wieder für den Verkehr freigegeben. Die Ausfahrt erhielt am Montag neuen Asphalt.

Der frisch aufgetragene Asphalt wird ausgiebig gewässert, denn sonst würde durch die Hitze der Kleber an Haftkraft für die nächste Schicht verlieren.
Der frisch aufgetragene Asphalt wird ausgiebig gewässert, denn sonst würde durch die Hitze der Kleber an Haftkraft für die nächste Schicht verlieren. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

In der Hitzewoche 4700 Tonnen Asphalt eingebaut

180 Laster mit Thermomulden, um den Asphalt auf Temperatur zu halten, standen vergangene Woche in der Gluthitze Schlange, um ihre heiße Fracht los zu werden. Nicht weniger versorgten die Mischanlagen in Hagen, Castrop-Rauxel und Kamen, wo die klebrige Masse für die drei Schichten hergestellt wird: Trag-, Binde- und Verschleißschicht. 30 Zentimeter dick, die Korngröße variiert von 22 Millimeter unten bis acht Millimeter oben.

Arbeiten an der Belastungsgrenze

4700 Tonnen Asphalt für die neue A42 fanden so ihren Weg nach Gelsenkirchen, wobei die schwerste Last die Bindeschicht tragen muss. „Denn die nimmt die Lenk-, Brems- und Beschleunigungskräfte der Fahrzeuge auf.“ 70.000 bis 80.000 sind das ganz nebenbei täglich.

Neuer Asphalt auf der A42

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    90 Grad warm ist die Luft über dem kochenden Asphalt, für Einbaumeister Phillipp Birnbaum (37) und seine Kollegen auf Beschickern, Walzen und Fertigern eine harte Belastungsprobe. „Für den Job muss man geboren sein“, ruft er laut zwischen all dem Motoren- und Maschinenlärm hindurch. „Da arbeitet man an der Belastungsgrenze.“ Acht bis zehn Liter Wasser und zwischendurch ein schneller Imbiss gegen Durst und wachsende Erschöpfung sind ein Muss, Kappe, Schutzkleidung und Sonnencreme sowieso. Sonst wird man gleich mitgegrillt.

    Blindes Verständnis, Arbeiten Hand in Hand

    Auffällig: Wie wenig gesprochen wird. „Die Teams in den Kolonnen kennen einander in- und auswendig.“, sagt Bauleiter Tim Schwinning. Da braucht es keine lange Erklärungen mehr, da sitzt jeder Handgriff. Muss er wohl auch mitten im Sommer. Alles andere wäre sonst (Energie)-Verschwendung.