Gelsenkirchen. Nach sechs Monaten ist immer noch nicht geklärt, wie eine Fünfjährige im Zentralbad ertrinken konnte. Eine Diskussion im Ausschuss gab es nicht.

Ein halbes Jahr ist es her, dass ein fünfjähriges Mädchen auf tragische Weise im Zentralbad ertrunken ist. Doch was am Nachmittag des 5. Januar 2019 genau geschah, ist immer noch ungeklärt. Die zuständige Staatsanwältin in Essen ermittelt nach wie vor, „und zwar in alle Richtungen“, erklärte Sonja Hüppe jetzt auf Anfrage. Und die politischen Gremien in Gelsenkirchen warten seit sechs Monaten auf einen Sachstandsbericht der Verwaltung respektive der Stadtwerke.

Sitzung wurde gestrichen

Zur Erinnerung: Am Nachmittag des 5. Januar war im Zentralbad ein syrisches Mädchen (5) ertrunken. Es war mit drei weiteren Kindern und einem erwachsenen Familienmitglied zum Schwimmen gekommen. Als eine Schwimmmeisterin den Körper des Mädchens regungslos auf dem Boden des Lernschwimmerbeckens entdeckte, war es schon zu spät. Wiederbelebungsversuche blieben wirkungslos, es konnte nur noch der Tod des Kindes festgestellt werden.

Schon zwei Tage nach dem schrecklichen Unfall beantragte Petra Polz-Waßong, sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Sportentwicklung und Prävention, den Punkt „Sachstandsbericht der Verwaltung zum tragischen Tod des syrischen Mädchens im Zentralbad“ auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung am 6. Februar zu setzen. Die Beantragung erfolgte fristgerecht und ordnungsgemäß. Dennoch wurde die Sitzung ersatzlos gestrichen.

Blockadehaltung unverständlich

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Polz-Waßong beantragte den Tagesordnungspunkt erneut, für die nächste Sitzung am 20. März, wo er kurzerhand von der Tagesordnung genommen wurde, die Stadtwerke absagten. Begründung: Es handele sich um ein schwebendes Verfahren, man könne keine Auskunft geben. „Ich möchte, dass dieser tödliche Badeunfall, der viele Bürger bewegt hat, in Ruhe in diesem Gremium behandelt wird. Mit der Blockadehaltung der Stadtwerke bin ich nicht einverstanden“, begründet Polz-Waßong ihre Beharrlichkeit.

Anfrage im Ausschuss

„Wir kennen die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft noch nicht, darum können wir zu der strafrechtlichen Dimension des Vorfalls auch nichts sagen“, erklärt Stadtwerke-Sprecherin Janin Meyer-Simon auf Anfrage. Die Betroffenheit in der Bevölkerung, auch in der Politik, habe man aber sehr wohl wahrgenommen. „Dass wir nach dem Vorfall nicht unmittelbar Auskunft gegeben haben, hängt auch damit zusammen, dass wir natürlich die betroffenen Mitarbeiter schützen müssen“, betont Meyer-Simon. Für die sei der Unfall eine extrem schwierig zu verarbeiten, immer noch. „Grundsätzliche Fragen zur Personalsituation in den Gelsenkirchener Bädern“, so die Stadtwerke-Sprecherin, „werden wir aber natürlich beantworten“.

Auch bei der WAZ hatten sich nach dem tödlichen Unfall betroffene Bürger gemeldet, unter anderem zwei ehemalige Badehelfer, die die dünne Personaldecke in den Gelsenkirchener Bädern beklagten (die WAZ berichtete).

Richtlinien sind nicht verpflichtend

Petra Polz-Waßong entschied sich nach mehrmaliger Ablehnung des Tagesordnungspunktes Sachstandsbericht zum Tod des Mädchens, in der Ausschusssitzung vom 20. März eine schriftliche Anfrage mit sieben Fragen unter anderen zur Personalsituation und Sicherheit in Gelsenkirchener Bädern zu stellen. Laut Paragraf 31 der Geschäftsordnung der Stadt Gelsenkirchen müssen Anfragen an den Ausschuss beantwortet werden.

Inzwischen liegen die Antworten der Stadtwerke als Mitteilungsvorlage an den Ausschuss vor. Bei den Antworten auf die Fragen nach Anzahl und Aufgaben des Aufsichtspersonals verweist die Stadttochter auf die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Badewesen. Diese sind übrigens nicht verpflichtend. Und wer es genau wissen will, muss das Papier im Internet erst kaufen.