Gelsenkirchen. . Warum musste ein Mädchen im Zentralbad Gelsenkirchen sterben? War zu wenig Aufsichtspersonal vor Ort? Hätte der Vorfall verhindert werden können?

Nachdem am Samstag ein fünfjähriges Mädchen im Zentralbad Gelsenkirchen ertrunken ist, beginnt jetzt die Ursachenforschung. Dabei stellen sich viele Fragen: War zum Zeitpunkt des Todes genügend Aufsichtspersonal vor Ort? Waren die Aufsichtspersonen bei der Sache? Wie ist die Sicherheitssituation innerhalb des Bades beziehungsweise des Beckens? Hätte der Vorfall verhindert werden können?

Ein Ex-Kriminalbeamter klagt an

Volker Czimmek ist ehemaliger Kriminalbeamter und leidenschaftlicher Hobbyschwimmer. Seit Jahren beklagt er mangelnde Sicherheitsstandards in Gelsenkirchens Schwimmbädern und hat sich im Sommer 2018 diesbezüglich an die Bäderbetriebe gewandt. „Wir haben grundsätzlich zu wenig Bademeister in unseren Bädern“, meint Czimmek. Gerade Kinder seien im Wasser gefährdet. „Wenn in einem Schwimmbad, wie etwa dem Zentralbad, den Gästen mehrere Becken zum Baden zur Verfügung stehen, wird die Situation unübersichtlich. Ein Bademeister, der am Sportlerbecken steht, kann bei viel Betrieb das Planschbecken nicht richtig einsehen.“

Das fünfjährige Mädchen war am Samstag zusammen mit fünf weiteren Kindern und drei Erwachsenen ins Zentralbad gekommen. Hier waren am Samstag drei städtische Aufsichtspersonen an den Öffnungszeiten von 7 bis 17 Uhr gleichzeitig im Einsatz, in diesem Fall ein Schichtleiter, ein Bademeister und ein Rettungsschwimmer. „Das ist am Wochenende bei normalem Betrieb Standard“, sagt Stadtwerke-Sprecherin Janin Meyer-Simon. Durchschnittliche Besucherzahlen habe man an diesem Wochenende gehabt, „240 Menschen waren über den ganzen Tag verteilt im Becken.“

Wie viel Aufsichtspersonal wird eingesetzt?

Dass, wie es ein Badegast gesehen haben will, eine Aufsichtsperson mit ihrem Handy gespielt haben soll, schließt Meyer-Simon aus. „Es ist dem Personal verboten, während der Aufsicht am Beckenrand irgendetwas in den Taschen zu haben. Sie müssen ja sofort ins Wasser springen können“, sagt die Sprecherin. Schlüssel müssten im Aufsichtshäuschen abgelegt, Handys vor der Schicht im Spind eingeschlossen werden. „Da gibt es ganz klare Regeln.“

Wie viel Aufsichtspersonal wird in welchen Bädern eingesetzt? Richtlinien gibt dazu die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen e.V., an denen sich auch die Stadtwerke orientieren. „Zu den Sicherheitsvorkehrungen gehört vor allem eine permanente Aufsichtspflicht durch qualifiziertes Personal“, betont Geschäftsführer Christian Ochsenbauer. „Im Falle von kleinen Kindern gibt es darüber hinaus hauptsächlich drei Dinge, die das Unfallrisiko reduzieren: die Aufsicht durch geeignete Begleitpersonen, ein hohes Bewusstsein für die Gefahren des Wassers und die Schwimmfähigkeit.“

„Schwimmfähigkeit“ nimmt ab

Dass die „Schwimmfähigkeit“ bei Kindern abnimmt, beobachtet Judith Zimmer, Vorsitzende des DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) Gelsenkirchen, schon seit geraumer Zeit. „Das ist ein ganz klares Phänomen.“ Mehr als die Hälfte aller Zehnjährigen in Gelsenkirchen können laut einer Umfrage des DLRG aus dem Jahr 2017 nicht sicher schwimmen.