Gelsenkirchen-Rotthausen. . Das Rotthauser Wohnzimmer feierte am Wochenende mit Wehmut den Projektabschluss. Der Kirchenkreis Gelsenkirchen fördert die Arbeit nicht mehr.

Zwei Jahre lang lud Barbara Bienert alleinstehende Rotthauser ins Rotthauser Wohnzimmer (Rowo) der Emmaus-Kirchengemeinde an der Steeler Straße. Sprach mit ihnen über ihre Sorgen, die besonderen Tücken und Probleme des Single-Daseins, über Geldsorgen und Einsamkeit. Das Rowo sollte ein Ort sein, an dem Kontakte geknüpft werden, in dem Hilfe angeboten wird, an dem Austausch stattfindet.

Zwei Jahre lang war das Projekt mit insgesamt 370.000 Euro von der Glücksspirale (80 Prozent der Kosten) und 20 Prozent vom Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid als Träger gefördert worden. Nun läuft diese Förderung aus. Weil sich vor Ort kein Träger mehr fand, der 20 Prozent beizusteuern bereit gewesen wäre; die Glücksspirale hätte sonst weiterfinanziert.

Zuzanna Hanussek findet es unfassbar

Unfassbar für Zuzanna Hanussek, die das Projekt damals noch als Mitarbeiterin des Kirchenkreises angestoßen hatte, um der Einsamkeit von Menschen gegenzusteuern, die „soziale Kontakte lebensnotwendig brauchen“.

Ihr Antrieb war, Missstände wie unentdeckte Tode zu verhindern. Menschen, die so einsam sind, dass niemand ihr Sterben bemerkt, ihr Leichnam erst nach Tagen oder Wochen entdeckt wird, hat es auch in Gelsenkirchen immer wieder gegeben. So etwas durch gezielten Aufbau von Kontakten und professionelles Kümmern zu verhindern war Hanusseks Hauptziel.

„Kirchenkreis hätte genug Geld“

Auch interessant

Bei der Projektabschlussfeier am Wochenende im Festzelt neben der Kirche mit Buffet und Musikprogramm goss die mittlerweile als Seelsorgerin nach Herne versetzte Hanussek denn auch Wasser in den Wein, mit dem die Fortführung des Rowo mit ehrenamtlichen Kräften gefeiert wurde. „Gemeinde und/oder Kirchenkreis hätten genug Geld gehabt, um das Projekt fortzuführen“, kritisierte sie. Armut und Einsamkeit machten krank, Unterstützung für diese Menschen brauche Betreuung durch fachlich ausgebildete Menschen, forderte sie. Sie selbst hatte bis zu ihrer Versetzung Hausbesuche bei Rowo-Besuchern gemacht.

Pfarrer Rolf Neuhaus hatte als Gemeindeseelsorger mit halber Stelle das Projekt unterstützt und auf Unterstützungsgelder über die Quartiersentwicklung gehofft.

Landesprojekt „Starke Menschen, starke Quartiere“

Das Rowo war zur Zeit des rot-grünen Landesprojekts „Starke Menschen, starke Quartiere“ entwickelt worden. Doch trotz Unterschriftenlisten und viel „Trommeln“: Es fand sich kein Sponsor für die professionelle Fortführung. Nur die Kirchengemeinde bewilligte einen Zuschuss von 10.000 Euro für die Fortführung unter ehrenamtlicher Leitung. Heidi Sobotka – selbst Rowo-Gast, aber mit viel Erfahrung im Ehrenamt – und Sandra Fleischer werden es übernehmen.

Barbara Bienert mag sich noch nicht damit abfinden, dass das aufgebaute Vertrauen zwischen ihr und den Gästen nun im Sande verläuft. „Fast die Hälfte aller Haushalte in Gelsenkirchen sind Single-Haushalte. Betroffen sind nicht nur Hochbetagte, sondern auch Jüngere. Das hat Auswirkungen auf eine Gesellschaft, das muss man benennen“, fordert die Projektkoordinatorin.

>>> Das Rowo öffnet weiterhin mittwochs und freitags von 14.30 bis 18 Uhr, Steeler Straße 48.