Gelsenkirchen. . Andreas Kosinski ist Bratschist der Neuen Philharmonie Westfalen. Er huldigt seinem Instrument unter anderem unter #Schneckengeschichten.
Social-Media-Freaks kennen ihn, den „Hashtag“. Die kleine Raute führt mittlerweile unter Tausenden von Schlagwörtern zu abertausenden Fotos im World-Wide-Web. Seit etwas mehr als einem Jahr ist eine neue Kategorie dazugekommen, die #Schneckengeschichten. Es geht aber nicht um die Bauchfüßler aus dem Stamm der Weichtiere, nein, es sind Schnapsschüsse aus der Welt der Musik. Andreas Kosinski ist Bratschist mit Leibe und Seele.
„Die Urschnecke entstand bei einer Produktion zum Fliegenden Holländer, ich wollte anfangs einfach ein Erinnerungsfoto für mich selber machen“ – die „Schnecke“ ist eben auch der Abschluss eines jeden Streichinstruments, oberhalb des Wirbelkastens wo die Saitenenden aufgedreht werden. Jede ist anders, kann reich verziert sein oder einfach geschnitzt, ist aber immer ein Unikat, wie jedes Instrument einzigartig ist.
Mit 14 Jahren von der Geige zur Bratsche gewechselt
„Meine ist natürlich die Schönste“, lacht Kosinski verschmitzt. Seit 2007 spielt der gebürtige Bottroper im Orchester der Neuen Philharmonie Westfalen. Aufgewachsen ist er in Gladbeck, Abitur am Ratsgymnasium, Rasmus Baumann (GMD der Neuen Philharmonie Westfalen) war fünf Jahrgänge über ihm. „Da haben wir uns natürlich nicht gekannt“.
Aber bei der Rückkehr ins Ruhrgebiet fügt sich vieles wieder zusammen. Durch eine Tante als kleiner Junge zum Geigenspiel ermuntert, kommt der heute 39 Jahre alte Kosinski an der Musikschule Gladbeck durch seinen Lehrer Waldemar Galinski mit vierzehn zur Bratsche. Sie gefällt ihm, liegt gut in der Hand, der Klang ist weicher und runder als der der Violine. Viele Komponisten nutzen sie hauptsächlich als Harmonie-und Füllstimme . Das führt unweigerlich zu vielen Kalauern auf dem Rücken der Bratschisten: Man höre sie nicht, sie seien nicht sehr helle, langsam und verschlafen...
Über Bratschisten-Witze kann er lachen
Der kürzeste Bratscherwitz: Ein Bratscher geht zur Meisterklasse. „Wir sind so ein bisschen die Ostfriesen unter den Musikern“, schmunzelt Kosinski. Er hat Humor und kann damit leben, denn über die eigenen Fähigkeiten besteht kein Zweifel. Von 1999 bis 2006 hat er an der renommierten Hanns-Eisler-Universität in Berlin studiert und sein Diplom abgelegt.
Es ist bekannt, dass diese Musikhochschule nur die Begabtesten akzeptiert. Eigentlich wollte er sich auf Kammermusik spezialisieren, spielte in Berlin und London, bewarb sich bei verschiedenen Orchestern. „Eine Zusage kam aus Gelsenkirchen, zurück zu den Wurzeln sozusagen.“ Eine weitere Fügung, dass kurz nach der Rückkehr sein alter Lehrer Gralinski starb und Kosinski seine Viola erwerben konnte – eine Maggini-Kopie. „Sie ist wahrscheinlich aus Polen, Alter unbekannt, 10000-mal verändert, aber das Instrument, das mir der Lehrer vor vielen Jahren zum ersten Mal in die Hand gedrückt hat, mit dem meine musikalische Reise begann“, schwärmt Kosinski, über sein Gesicht huscht ein Ausdruck wahrer Liebe.
Der Schneckentroubadour zu Verdis „Il trovatore
Damit sind wir wieder bei der Schnecke, die er nun bei vielen Einsätzen mit der Neuen Philharmonie Westfalen, mit dem Kammermusikensemble Nodelman-Quartett oder bei Engagements als Honorarbratschist bei anderen Orchestern ablichtet, um sie mit der Welt zu teilen. Es gibt den „Schneckentroubadour“ zur Oper „Il trovatore“ von Giuseppe Verdi, die „Wallfahrtsschnecke“ aus Kevelaer beim Weihnachtskonzert mit dem Bundespräsidenten oder die „Zhengschnecke“ aus dem Musiktheater im Revier beim Sinfoniekonzert „Fernost“ - jedes einzelne Foto Ausdruck des zweiten, wichtigen Hashtags – #Ilovemyjob .
>>> Nächster großer Auftritt in Berlin bei Preisverleihung
>> Andreas Kosinski ist seit zwei Jahren Mitglied des Nodelman-Quartetts, ein Streicherquartett gegründet vom Konzertmeister der NPW, Misha Nodelman. Zusammen mit Evgeny Selitsky (Violine) und Mark Mefsut (Cello bei der NPW) genießt Kosinski das Musizieren auf hohen Niveau im Kammermusikrahmen.
>> „Im großen Orchester zu spielen macht Spaß, die Neue Philharmonie ist vielseitig, wir spielen Ballett, Oper oder Sinfonien. Aber im Quartett gibt es ganz andere Ausdrucksmöglichkeiten“. Nächster großer Auftritt wird in Berlin sein, bei einer internationalen Preisverleihung des Leo-Baeck-Instituts.