Gelsenkirchen. . In der Reihe „Kunst entdeckt Kirche“ gastierte das renommierteNodelmann-Quartett in der Matthäuskirche.

„Leid und Freud liegen in der Welt so nah beieinander, die Balance zu halten ist wichtig, dabei hilft uns die Musik“: Christiane Wilke vom Vorstand „Kunst entdeckt Kirche“ begrüßt die knapp 100 Gäste in der Matthäuskirche am Sonntagabend mit einfachen, aber klaren Worten. „Es ist ein herrlicher Frühlingsabend, die Natur erwacht wieder, aber es ist auch Passionszeit“.

Vier ganz besondere Künstler

Um diese Facetten musikalisch auszuloten, hatte der Verein zu der siebten Veranstaltung der laufenden Saison ganz besondere Künstler eingeladen: das Nodelmann-Quartett. Mischa Nodelmann (Violine), Evgeni Selitzky (Violine), Andreas Kosinski (Viola) und Mark Mefsut (Violoncello) – vier Streicher auf einer Seelen-und Wellenlänge, Kollegen in großen Orchestern, Freunde und ebenbürtige Partner als Kammermusiker. „Das Programm haben wir nach dem Wunsch der Veranstalter zusammengestellt“, informiert Mefsut, die Thematik hätte besser nicht bedient werden können.

Zum Auftakt „Der Sonnenaufgang“ von Joseph Haydn. Ein Akkord von Violine, Viola und Cello, darauf eine sanfte Melodie der ersten Geige. Dasselbe noch einmal und ein drittes, zart, wie das Erwachen des Waldes am frühen Morgen. Erst dann entlädt sich das „allegro con spirito“ in seiner Vielfalt. Aufgeregt wie zwitschernde Vögelchen hüpfen die Themen von Instrument zu Instrument.

„Jeder Musiker liebt Haydn“

Das Quartett versprüht eine zauberhafte Einheit, im Largo mit der stimmführenden ersten Violine spürt der Zuhörer die intensive Verschmelzung der Vier. „Jeder Musiker liebt Haydn“, erklärt Mefsut lachend. Es ist ein authentischer lebendiger Klang. Verschachtelte Themen des Tanzes im Menuett und ein grandioses Finale mit pulsierenden Wendungen entlocken ein Lächeln auf allen Gesichtern und den ersten großen Applaus des Abends. Verschachtelungen komplexerer Art präsentieren sich anschließend in vier Sätzen aus „Die Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach.

Ein großes Lob hier an die Akustik der Matthäuskirche, die selbst minutiöse Effekte der feinen Kontrapunkte, mit meisterlicher Präzision des Nodelmann-Quartetts gespielt, erhören lässt. Kein Klang geht verloren.

Das Ende der „Schlussfuge“ ist dann vielleicht eine Spur zu theatralisch mit dem abrupten Ende der Originalfassung und der Deklamation Kosinskis der Bemerkung von Carl Philipp Emanuel Bach zum Tode seines Vaters „Ueber dieser Fuge, wo der Nahme BACH im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfasser gestorben“.

Stehende Ovationen eines begeisterten Publikums

Das Thema „Leid“ war damit zur zweiten Konzerthälfte eingeläutet. „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“, ein Werk von Joseph Haydn: Die vier Streicher tauchen mit feinfühliger Dramatik tief in die Satzthemen. Nodelmann „erzählt“ mit Noten das Flehen um Vergebung, den Schmerz des Durstes, die Verzweiflung im Angesicht des Todes. „Consummatum est“ – fünf Akkorde für fünf Silben der Unwiderruflichkeit – es ist vollbracht.

Ein wahrhaft virtuoses Konzert endet mit einem erdbebenähnlichen Crescendo. Stehende Ovationen eines mitgerissenen Publikums gab es dafür.