Gelsenkirchen. . In Gelsenkirchen entschieden sich besonders viele Wähler für die AfD. In zwei Wahllokalen aber wurde sie fast die stärkste Partei.
- Im Wahllokal Am Koprath in Rotthausen bekam die AfD 28 Prozent der Stimmen, die SPD 28,2
- In der Hauptschule Grillostraße stimmten 27 Prozent für die AfD. Unmut über nächtliche Störungen
- SPD-Ortsvereine versuchen mit Ortsbesuchen und Präventionsrat die Situation vor Ort zu verbessern
20 113 Wähler in Gelsenkirchen machten ihr Kreuz diesmal bei der AfD, 14 500 mehr als bei der Bundestagswahl 2013. Wobei die Spanne von 6,6 Prozent im Briefwahlbezirk 9216 in Buer-Ost bis zu 28 Prozent im Wahllokal in den Jugendwerkstätten Am Koprath in Rotthausen reicht, wo die SPD gerade mal 0,2 Prozent mehr als die AfD bekam. Knapp die Hälfte der 924 Wahlberechtigten nutzten hier ihr Wahlrecht.
Niedrige Wahlbeteiligung und hohe AfD-Zahlen – das hängt in vielen Bezirken zusammen, aber nicht überall. In Scholven (AfD 20,3 Prozent) lag die Wahlbeteiligung bei 64,56 Prozent. Und in Rotthausen-Ost votierten 19,9 Prozent insgesamt für die AfD, bei einer Wahlbeteiligung von 65,64 Prozent.
Gutbürgerliche Idylle mit gefegten Bürgersteigen
Im Stimmbezirk Rotthausen-Ost liegt auch das Wahllokal Am Koprath mit dem AfD-Spitzenwert von 28 Prozent. Wer in die kleine Seitenstraße der Rotthauser Straße einbiegt, trifft auf eine gutbürgerliche Idylle mit liebevoll renovierten Gründerzeithäusern. Gefegte Bürgersteige, schmucke Fassaden, wenige Menschen auf der Straße. An den Klingelschildern der Mehrfamilienhäuser stehen fast ausschließlich deutsche Namen.
An der Ecke Rotthauser Straße kniet Wolfgang Waschke, verputzt den Sockel seines Hauses neu. „Sehen sie, ich war nur kurz drinnen, in der Zeit hat schon ein Hund an die frisch verputzte Wand gemacht. Wir fegen hier auch alles selbst auf den Bürgersteigen, die Stadt tut da wenig. Und die Dreckecke an der Kreuzung Wiehagen – da wird schon ewig nichts getan,“ klagt er. Vieles habe sich zum Negativen verändert, seit er 1972 hierher zog. Tatsächlich hat die Rotthauser Straße hier bessere Tage gesehen. Außer dem Penny keine Geschäfte mehr, einige Häuser leer oder abgewohnt.
Veränderung über Frauen erreichen
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In der nächsten Querstraße lädt ein Transparent zum Internationalen Straßenfest. „Das feiern wir hier seit 31 Jahren – ohne Probleme“, beteuert Maria Reitler. Die gebürtige Spanierin ist erstaunt, dass in ihrem Viertel so viele AfD gewählt haben. „Aber heute bei der Wassergymnastik haben viele gesagt, ,gut dass die CDU mal einen Denkzettel bekommen hat’ und die Flüchtlinge müssten weg. 1933 haben auch viele nur einen Denkzettel verteilen wollen.“
Martina Rudowitz, SPD-Bürgermeisterin und Rotthauserin, weiß um berechtigte und weniger nachvollziehbare Unzufriedenheit und Ängste. „Wir werben um Verständnis und bemühen uns um Besserung. Der Präventionsrat stellt sich neu auf und wir möchten gezielt über die Frauen Änderungen im Verhalten bei Zuwanderern erreichen. Die sind dafür sehr offen.“
Polizei ist in dem Viertel häufig im Einsatz
Ortswechsel nach Schalke-West. Insgesamt 18,5 Prozent für die AfD, aber im Wahllokal der Hauptschule Grillostraße waren es 27 Prozent. Herzog-, Grillo-, Gewerken- und Tannenbergstraße wählen hier. In dem Viertel war Schalke-Maskottchen Charly Neumann zuhause, lebten Kumpel von Consolidation, viele Polizisten. Heute sind viele Häuser für wenig Geld an Eigentümer verkauft, die wenig Platz in schlecht ausgestatteten Wohnungen teuer vermieten an Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. Die Polizei ist hier oft im Einsatz.
Ärger wegen nächtlicher Störungen
„Wir wissen das und versuchen zu intervenieren. Ich bin mit dem Kommunalen Ordnungsamt regelmäßig dort, aber die Bewohner wechseln so häufig, dass wir immer andere antreffen und von vorn anfangen müssen und unsere Regeln für das Zusammenleben erklären“, bedauert Silke Ossowski, SPD-Stadtverordnete für Schalke. Dass Anwohner hier sauer werden, wenn sie immer wieder nachts gestört werden, immer wieder Müll auf der Straße steht, kann die Ratsfrau gut verstehen. „Das Beste wäre, wenn man die Häuser abreißen könnte. Aber das geht rechtlich nicht, es sind keine Schrottimmobilien. Wir suchen immer das Gespräch mit allen, das ist das Beste. Mit den Flüchtlingen im Stadtteil gibt es übrigens überhaupt keine Probleme.“