Gelsenkirchen. . Beim fünften Bezirksforum in Mitte war die größte Einzelsumme zu verteilen. Wirklich unzufrieden ging nach über drei Stunden niemand nach Hause.

  • 150 Teilnehmer kamen zum fünften und letzten Bezirksforum ins Awo-Zentrum nach Schalke
  • Dem einwohnerstärksten Stadtbezirk Mitte stand mit 65 000 Euro die größte Summe zur Verfügung
  • Die Verwaltung wird jetzt alle Bürgervorschläge prüfen und an die Bezirksvertretungen weiter geben

Da muss manch einer sicher schlucken: rund 1,3 Milliarden Euro Schulden lasten auf der Stadt. „Altlasten“ plus 735 Millionen an Krediten. Allein diese machen in Gelsenkirchen eine pro-Kopf-Verschuldung von 2800 Euro aus. Stadtkämmerin Karin Welge erzählt dies und noch viel mehr einführend beim fünften und damit letzten Bezirksforum. Mitte ist dran – der größte Bezirk.

Crash-Kurs in Sachen Stadtetat zur Einführung

Stadtkämmerin Karin Welge.
Stadtkämmerin Karin Welge. © Thomas Gödde

Und weil die 200 000 Euro für Bürgervorschläge fair verteilt werden sollen, bekommt die einwohnerstärkste Mitte Gelsenkirchens mit 65 000 Euro auch den dicksten Batzen. Welge geht mit einem 35-minütigen Crash-Kurs in Sachen Stadtetat in Vorlage, dann leitet Moderator Volker Vorwerk zur Ideenbörse über. Was wünschen sich die Menschen für ihren Stadtteil, für die Feldmark, für Heßler, Schalke oder Bulmke-Hüllen? Viel, das wird nach intensiven Gesprächen in kleinen Runden später an den Pinnwänden, die den Saal des Awo-Zentrum an der Grenzstraße teilen, schnell deutlich.

Blumenampeln für die Bahnhofstraße

Charmante Ideen für den öffentlichen Raum sind dabei. Etwa die: 3000 Euro für Blumenampeln an den Laternen auf der Bahnhofstraße. „Das zieht einen hohen Pflegeaufwand nach sich. Mit der Anschaffung ist es nicht getan“, geben Stadtbaurat Martin Harter und Rechtsdezernent Christopher Schmitt zu bedenken. Der Konter von City-Managerin Angela Bartelt bekommt Beifall: „Die Pflege würden City-Initiative und Händler selbst übernehmen.“ Der Vorschlag bleibt hängen. Das von Beate Rafalski vorgeschlagene mobile Beschäftigungsangebot für Kinder mit Migrationshintergrund auf dem Margarete-Zingler-Platz wandert dagegen auf die To-Do-Liste von Stadträtin Annette Berg. „Die Bedarfsmeldung ist wichtig. Wir werden darüber im Jugendamt diskutieren,“ verspricht sie.

25 Meter Drachenlandschaft werden ergänzt

Teilnehmer diskutierten vor den Pinnwänden über die Vorschläge.
Teilnehmer diskutierten vor den Pinnwänden über die Vorschläge. © Thomas Gödde

Hängen bleiben auch die Erweiterung des Drachen-Graffiti’s auf dem Spielplatz im Bulmker Park (2000 Euro), die Aufwertung des Schürenkamps als Aufenthaltsort, die Boulekugeln für den Kußweg (300 Euro) oder vier Fahrradbügel an Haltestellen der Linie 302 in Schalke (1600 Euro) oder – von 10 000 auf 8000 Euro abgespeckt – die Unterstützung der Kinderbetreuung im Lalok Libre. Die Bismarcker Funken bekommen Geld für kleine Tänzerinnen aus sozial schwachen Familien, die Villa in Heßler eine verankerte Bank, die Feldmarkstraße Bücherschränke, der BC Schalke 3000 Euro.

In Jubel bricht eine Falken-Mitarbeiterin aus, als das Ferdinand-Lassalle-Haus 3400 Euro angekündigt bekommt. Leise freut sich Rainer Konietzka von Heßler 06. Sein Verein bekommt 1900 Euro für einen Defibrillator. Dieser Wunsch hat einen tragischen Hintergrund: „Wir hatten neulich einen Todesfall auf dem Platz.“

Politik hielt sich mit einer Ausnahme zurück

Verwaltung, Moderator und Bürger haben auch im Bezirk Mitte das Wort; Politik, obwohl vertreten, hält sich – mit einer Ausnahme – raus. Dafür wird Martina Reichmann (AUF) am Ende von der SPD-Stadtverordneten Silke Ossowski gerügt: „Sie halten sich da raus!“ Auch in den vorweg gegangenen Bezirksforen hielten sich Kommunalpolitiker im Hintergrund – schließlich standen die Bewohner der Stadt mit ihren Ideen im Fokus der neuen Form der Bürgerbeteiligung am Haushalt.

Die Verwaltung – mit den Vorständen bei allen Foren zur Stelle – hat nun eine Herkulesaufgabe vor der Brust. Fünf Pakete aus fünf Bezirken gilt es nun hinter den Kulissen noch einmal zu prüfen. Außerdem blieben diverse Bürgervorschläge unberücksichtigt, wurden im Plenum „verschoben“ – weil zu teuer oder in den Aufgabenbereich der Verwaltung gehörend. Oder, was die Entsorgung wilden Mülls angeht, weil manches mit einer Mitteilung an Gelsendienste schnell zu erledigen ist.

Aussortierte Vorschläge wandern in die Verwaltung

Vom Tisch sind die aussortierten Ideen allerdings nicht, werden möglicherweise in Fachausschüssen wieder auftauchen oder gemäß Gemeindeordnung als bürgerschaftliche Initiative von den Leuten selbst in die zuständigen Bezirksvertretungen eingebracht.

Für die Menschen heißt es also noch abwarten, bis ihre Ideen die Bezirksvertretungen passiert haben und am 14. Dezember Eingang in den Haushalt der Stadt finden. Erst dann können sie sich ans Werk machen – um nach Abschluss der abgesegneten Maßnahmen die Verwendung ihrer Fördersumme nachzuweisen.