Gelsenkirchen. In Köln hat die Polizei 13, in Recklinghausen sechs oder in Essen zwei „verrufene“ Stellen aufgelistet. Gelsenkirchen aber taucht gar nicht auf.

  • Ein gefährlicher Ort ist laut Polizeigesetz einer, an dem regelmäßig Straftaten verübt werden oder sich Kriminelle dazu verabreden
  • In Gelsenkirchen gibt es allerdings keine Örtlichkeiten im Sinne des Polizeigesetzes, sagt Polizeisprecher Torsten Sziese
  • Als Clans ins Zentrum der Berichterstattung rückten, wurden aus Polizeikreisen aber Bereiche als schwieriges Pflaster bezeichnet

In NRW wird am 14. Mai ein neuer Landtag gewählt. Die Innere Sicherheit ist eines der zentralen Themen. Jüngst hat die CDU-Opposition in einer Kleinen Anfrage nach „verrufenen“ beziehungsweise „gefährlichen“ Orten gefragt. Die Kölner Polizei etwa hat 13 Stellen aufgelistet, Recklinghausen sechs, Essen zwei, Dortmund und Hagen einen. Gelsenkirchen tauchte dagegen gar nicht auf.

Das verwundert, wenn man sich die Problematik der revierweit miteinander verflochtenen kriminellen Clans ins Gedächtnis ruft, die 2016 auch in Gelsenkirchen für Schlagzeilen gesorgt hat. Dazu finden sich hier beinahe täglich Berichte von Diebstählen, Einbrüchen oder Raubzügen in den Medien.

Maßnahmen zur Gefahrenabwehr

Das kann mit der Definition zu tun haben, wann die Einstufung von der Polizei erfolgt. Möglicherweise steht deshalb auch Duisburg-Marxloh, bekanntermaßen ein Problemstadtteil, nicht auf der Liste.

Um einen Ort – beispielsweise einen Straßenzug oder einen Platz – in diese Kategorie einzuordnen, müssen laut Polizeigesetz dort regelmäßig Straftaten verübt worden sein oder aber sich Kriminelle häufig dazu verabredet haben (Paragraf 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz NRW).

Stadtsprecher Martin Schulmann sagte auf Nachfrage, dass die Verwaltung keine verrufenen Orte in der Stadt benennen könne; dies sei Sache der Polizei.

Projekt „Gemeinsam für Ordnung und Sicherheit“

„In Gelsenkirchen gibt es keine Örtlichkeiten im Sinne dieses Polizeigesetzes“, erklärte Polizeisprecher Torsten Sziesze. Auch wenn Örtlichkeiten mit diesen Voraussetzungen für Gelsenkirchen nicht benannt seien, sei die Polizei mit ihren Einsatzkräften im gesamten Stadtgebiet 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche unterwegs und treffe Maßnahmen sowohl zur Gefahrenabwehr als auch zur Strafverfolgung.

Auch interessant

Sziesze verwies in diesem Zusammenhang auf das Projekt „Gemeinsam für Ordnung und Sicherheit“ (GEOS), bei dem die Behörde mit den Ordnungspartnern – dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD), der Bogestra, den Justizbehörden, der Bundespolizei und mitunter auch dem Zoll – zusammenarbeitet und Aktions- und Kontrolltage durchführt.

Dazu gibt es eine Kooperationsvereinbarung zwischen Stadt und Polizeipräsidium von September 2016. Welche Früchte dieser Zusammenschluss getragen hat, darüber ist bislang aber so gut wie nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.

Schwerpunktbehörde mit mehr Kräften

Die Polizeigewerkschaft äußert sich ähnlich. „Gelsenkirchen hat dem Innenministerium in der Hinsicht praktisch eine Null-Lage gemeldet“, sagt Matthias Büscher von der GdP. Gleichwohl sei Gelsenkirchen nach wie vor aufgrund eines breiten Spektrums von Kriminalität eine Schwerpunktbehörde mit mehr Kräften als andere Behörden.

Heißt: Die Gefahr, in dieser Stadt zum Opfer von Straßen- und Eigentumskriminalität zu werden, ist vergleichsweise hoch. Büscher weiter: „Die Gelsenkirchener Polizei fährt oft Einsätze in Stadtteilen wie Bismarck, Altstadt und Ückendorf.“ Seiner Einschätzung nach sind das Quartiere mit Problemen.

Stadtteile mit „schwierigem Pflaster“

Auch interessant

Als seinerzeit die Clans ins Zentrum der Berichterstattung rückten, wurden aus Polizeikreisen weitere Gegenden als schwieriges Pflaster genannt: die Straßen Wiehagen und Josefstraße in der Neustadt, Leipziger Straße, Dresdener Straße sowie Münchener Straße in Schalke-Ost. In Bismarck und Bulmke-Hüllen die Liberiusstraße, Franz-Bielefeld-Straße, Florastraße und Bismarckstraße. In Erle die Heistraße, in Buer die Polsumer Straße und die Spindelstraße, in Horst die Fischerstraße und im Stadtteil Ückendorf die Bochumer Straße.

Razzien und Videoüberwachung

Die Einstufung als „gefährlicher“ Ort gibt der Polizei die rechtliche Grundlage, ohne Anlass oder weitere Genehmigungen Personen zu kontrollieren, die sich dort aufhalten. Schwerpunktkontrollen sind möglich, das Aussprechen von Aufenthalts- und Betretungsverboten, Razzien oder sogar Videoüberwachung. Die Hoffnung dabei ist: Straftäter meiden diese Stellen, wenn sie ständig mit einer Polizeistreife und einer Überprüfung rechnen müssen.

>>> Aufruf: Nennen Sie uns unsichere Orte

Die Innere Sicherheit ist ein Streitthema. Die WAZ-Redaktion möchte daher wissen, wie Sie, lieber Leserinnen und Leser, die Situation hier in Gelsenkirchen einschätzen. Kennen Sie vielleicht Orte, die Ihrem Empfinden nach gefährlich oder verrufen sind? Gibt es Straßen oder Plätze, die Sie zu bestimmten Zeiten meiden? Dann nennen Sie uns diese.

Sie erreichen uns per Post: WAZ-Redaktion, Ahstraße 12, 45879 GE. Oder per E-Mail: redaktion.gelsenkirchen@waz.de